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Die außerordentliche, fristlose Kündigung im Arbeitsrecht

Die außerordentliche Kündigung wird häufig auch als fristlose Kündigung bezeichnet. Warum ein Unterschied besteht und welche Fristen beachtet werden müssen, erfahren Sie in unserem neuen Blog zum Arbeitsrecht. Außerdem zeigen wir Ihnen anhand von Beispielsfällen, welche Gründe zur außerordentlichen Kündigung berechtigen und auch, dass diese Gründe nicht immer im Verschulden des Arbeitnehmers liegen. Wichtig im Zusammenhang mit einer außerordentlichen Kündigung sind auch bestimmte Fristen, die eingehalten werden müssen.

Der Beitrag behandelt die außerordentliche Kündigung des Arbeitgebers. Grundsätzlich kann aber auch der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis außerordentlich kündigen. Hierzu finden Sie die Besonderheiten unter dem Punkt Wissenswertes.

Grundsätzliches:

Die außerordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses kommt nur dann in Frage, wenn hierfür ein wichtiger Grund vorliegt und die Interessenabwägung positiv ausfällt. Grundsätzlich sind die meisten außerordentlichen Kündigungen dabei fristlos, d.h. ohne Einhaltung der gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfrist. Bei einer betriebsbedingten Kündigung (s.u.) kann es jedoch vorkommen, dass das Arbeitsverhältnis außerordentlich gekündigt wird, aber die Kündigungsfrist eingehalten werden muss, die auch bei einer ordentlichen Kündigung einzuhalten wäre. Man spricht hierbei von der sogenannten Auslauffrist.

Die außerordentliche Kündigung dient aus Sicht des Arbeitgebers dazu, Mitarbeiter entlassen zu können, die eigentlich aus gesetzlichen oder vertraglichen Gründen nicht kündbar (unkündbar) sind oder eine Kündigung nach dem Kündigungsschutzgesetz sozial ungerechtfertigt wäre. Deshalb müssen ganz besonders schwerwiegende Gründe vorliegen, damit eine außerordentliche Kündigung rechtmäßig ist.

Außerordentliche Kündigungsgründe:

Ein wichtiger Grund liegt dann vor, wenn es dem Kündigenden nicht mehr zugemutet werden kann, das Arbeitsverhältnis fortzuführen bzw. die Kündigungsfrist einzuhalten. Aus diesem Grund muss die Kündigung auch innerhalb von zwei Wochen erfolgen, nachdem der Kündigende von dem Kündigungsgrund (=maßgebende Tatsachen) erfahren hat, vgl. § 626 Abs. 1 BGB. Andernfalls würde sich der Kündigende widersprüchlich verhalten, wenn er von einem derart wichtigen Grund erfahren würde, der eine Weiterbeschäftigung unzumutbar macht, aber nicht unverzüglich die außerordentliche Kündigung ausspricht.

Wann solch ein wichtiger Grund vorliegt, hängt immer vom jeweiligen Einzelfall ab und kann nicht pauschal beantwortet werden. Es müssen immer die Umstände des Einzelfalls gegeneinander abgewogen und dann entschieden werden, ob eine außerordentliche und sogar fristlose Kündigung verhältnismäßig ist.

Bei einer betriebsbedingen Kündigung liegt der außerordentliche Kündigungsgrund in den unternehmerischen Entscheidungen des Arbeitgebers, beispielsweise weil dieser den ganzen Betrieb oder eine Niederlassung schließt und er dem Arbeitnehmer keinen gleichwertigen Arbeitsplatz anbieten kann. Sind von der betriebsbedingten Kündigung Arbeitnehmer betroffen, die eigentlich unkündbar wären (zum Beispiel Betriebsratsmitglieder oder Schwangere), kommt die außerordentliche Kündigung in Frage. Hierbei muss grundsätzlich die sogenannte Auslauffrist beachtet werden. Das bedeutet, dass das Arbeitsverhältnis erst beendet wird, wenn die Kündigungsfrist abgelaufen ist, die bei einer ordentlichen Kündigung einzuhalten wäre.

Bei einer personenbedingten Kündigung von eigentlich unkündbaren Arbeitnehmern, wie beispielsweise Betriebsratsmitgliedern, kommt grundsätzlich ebenfalls nur die außerordentliche Kündigung in Betracht.

Bei der verhaltensbedingten Kündigung ist die außerordentliche Kündigung nur bei einem schwerwiegenden Pflichtverstoß wirksam. Hierbei muss der der Arbeitnehmer schuldhaft und rechtswidrig gehandelt haben. Grundsätzlich ist vor der verhaltensbedingten Kündigung eine Abmahnung nötig, damit die verhaltensbedingte Kündigung wirksam ist. Nur bei sehr gravierenden Pflichtverstößen ist eine außerordentliche Kündigung ohne vorherige Abmahnung ausnahmsweise zulässig. (Siehe hierzu bei den Einzelbeispielen für außerordentliche Kündigungsgründe.)

Interessenabwägung:

Damit die außerordentliche Kündigung gerechtfertigt ist, muss eine Interessenabwägung erfolgen. Hierbei wird das Interesse des Arbeitgebers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses dem Interesses des Arbeitnehmers am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gegenübergestellt. Im Ergebnis muss dann das Interesse des Arbeitgebers (als dem Kündigenden) das Interesse des Arbeitnehmers (als dem Gekündigten) überwiegen. Man spricht auch von einer positiven Interessenabwägung zugunsten des Kündigenden.

Dabei wird anhand des Einzelfalls entschieden, wie schwer der Pflichtverstoß des Arbeitnehmers wiegt (Intensität und Häufigkeit) oder wie gravierend die personenbedingten Kündigungsgründe sind. Dabei werden andere Faktoren wechselseitig berücksichtigt (wie zum Beispiel die Dauer der Betriebszugehörigkeit, Unterhaltsverpflichtungen des Arbeitnehmers oder anderweitige Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten beim Arbeitgeber).

Die Abmahnung vor einer außerordentlichen Kündigung:

Wenn der Arbeitnehmer verhaltensbedingt gekündigt wird, dann muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer in der Regel vorher abmahnen und ihn auf sein Fehlverhalten aufmerksam machen, damit dieser die Möglichkeit hat, sein Fehlverhalten zu erkennen und abzustellen. Eine Ausnahme hiervon stellen schwerwiegende Verstöße im Vertrauensbereich dar; beispielsweise, weil der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber betrogen oder beklaut hat. Regelmäßig berechtigt auch die Androhung von Pflichtverstößen zur außerordentlichen Kündigung, beispielsweise weil der Arbeitnehmer ankündigt, in Zukunft nicht zur Arbeit zu erscheinen oder den Betriebsfrieden stören will. Aber auch sexuelle Übergriffe können eine außerordentliche Kündigung ohne vorherige Abmahnung rechtfertigen.

Wichtig ist hierbei immer der jeweilige Einzelfall. So hat beispielsweise das Bundesarbeitsgericht in BAG 2 AZR 651/13 eine außerordentliche Kündigung als unverhältnismäßig angesehen, bei der ein Arbeitnehmer erstmalig einer Kollegin an den Busen gegrabscht und dies auch sofort zugegeben und sich dafür entschuldigt hat.

(Hier ausführlich zur Abmahnung im Arbeitsrecht)

Einzelbeispiele für außerordentliche Kündigungsgründe:

Anbei ein paar Einzelbeispiele, die abhängig von der Schwere des Einzelfalls eine außerordentliche Kündigung ohne vorherige Abmahnung rechtfertigen können.

  • Mobbing von Untergebenen oder schwere Beleidigung gegenüber Kollegen oder Vorgesetzten; abhängig von der Intensität des Mobbings bzw. der Beleidigung.
  • Zielgerichtete Schädigung des Arbeitgebers, beispielsweise Zerstörung von Firmeneigentum, Löschen von Daten oder heimliche Konkurrenztätigkeit des Arbeitnehmers.
  • Diebstahl oder Betrug in nicht unerheblichem Umfang. Zum Beispiel mehrfacher Arbeitszeitbetrug oder Diebstahl von Firmeneigentum bzw. Firmenware. (Nicht schwerwiegend war beispielsweise das Entwenden von Leergut-Pfandbons im Wert weniger Cent, von einer Mitarbeiterin, die mehr als ein Jahrzehnt beim Arbeitgeber beschäftigt war. Ähnlich sieht es wohl beim sogenannten Stromklau aus, wenn der Arbeitnehmer sein Handy einmalig an der Steckdose des Arbeitgebers auflädt.)
  • Private Telefon- oder Internetnutzung am Arbeitsplatz in erheblichem Umfang trotz vorherigen Verbots durch den Arbeitgeber. (Auch hier kommt es auf die Schwere des Einzelfalls an, ob eine vorherige Abmahnung erforderlich ist!)
  • Wenn der Arbeitnehmer Pflichtverstöße ernsthaft androht, beispielsweise Krankfeiern, falls der beantragte Urlaub nicht gewährt wird.
  • Beharrliche und ungerechtfertigte Arbeitsverweigerung von gewissem Umfang, beispielsweise eigenmächtiger Urlaubsantritt ohne Genehmigung. Bei kurzfristiger Arbeitsverweigerung, zum Beispiel beim Widersetzen von Arbeitsanweisungen, ist jedoch in der Regel eine vorherige Abmahnung notwendig.

Wissenswertes zur außerordentlichen Kündigung:

Eine außerordentliche Kündigung ist nur wirksam, wenn der Arbeitgeber eine Frist von zwei Wochen einhält, nachdem er von den maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt, die zur Kündigung berechtigen. Hierbei muss der Arbeitgeber die Kündigung schriftlich verfassen und von einem, zur Kündigung berechtigten Mitarbeiter unterschreiben lassen.

Auf der anderen Seite muss der Arbeitnehmer innerhalb von drei Wochen, nach Zugang der Kündigung die Kündigungsschutzklage erheben, wenn er sich gegen die Kündigung wehren möchte.

Der Arbeitnehmer darf sein Arbeitsverhältnis übrigens auch außerordentlich kündigen, wenn hierfür ein wichtiger Grund vorliegt, der ein Abwarten der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar macht. Solch ein Grund kann ebenfalls in einer sexuellen Belästigung, einer massiven Bedrohung durch den Arbeitgeber oder erhebliche Gehaltsrückstände sein, die der Arbeitgeber aufgrund einer feststehenden Insolvenz nicht mehr ausgleichen kann. Auch für den Arbeitnehmer gilt aber, dass er seinen Arbeitnehmer grundsätzlich vorher abmahnen muss, bevor er zur außerordentlichen Kündigung berechtigt ist (zum Beispiel bei verspäteten Gehaltszahlungen oder weniger schwerwiegenden Pflichtverstößen im Rahmen der Arbeitssicherheit).

Zusammenfassung:

  • Damit eine außerordentliche Kündigung wirksam ist, muss ein wichtiger Grund vorliegen, der eine Weiterbeschäftigung (unter Einhaltung der Kündigungsfrist) unzumutbar macht.
  • Hierbei muss eine Interessenabwägung erfolgen, die zugunsten des Kündigenden ausfällt.

    Einzelbeispiele für einen wichtigen Grund finden Sie hier.

  • Der Regelfall ist eine fristlose Kündigung ohne Einhalten der gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfrist. Eine außerordentliche Kündigung kann aber auch unter Einhaltung der Kündigungsfrist ausgesprochen werden (sogenannten Auslauffrist).
  • Die Kündigung muss innerhalb von zwei Wochen schriftlich erfolgen, nachdem der Kündigende von den zur Kündigung berechtigten Tatsachen Kenntnis erlangt hat, § 626 Abs. 2 BGB.
  • Bei der verhaltensbedingten Kündigung muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer in der Regel vorher abmahnen. (Ausnahme: schwerwiegende Pflichtverstöße, zum Beispiel im Vertrauensbereich wegen Betrug oder Diebstahl.)
  • Auch der Arbeitnehmer kann bei einem wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung berechtigt sein. Bei weniger schweren Pflichtverletzungen des Arbeitgebers muss aber auch der Arbeitnehmer vorher abmahnen.
  • Bei einer Kündigungsschutzklage muss der Arbeitnehmer unbedingt die Drei-Wochenfrist einhalten.

Hilfe bei arbeitsrechtlichen Fragen:

Für die Rechtmäßigkeit einer außerordentlichen Kündigung ist immer der spezielle Einzelfall entscheidend. Deshalb ist Erfahrung und Kompetenz im Arbeitsrecht die entscheidende Voraussetzung für eine rechtlich fundierte Einschätzung im Zusammenhang mit einer außerordentlichen Kündigung. Wir helfen Ihnen gerne bei allen Fragen zur außerordentlichen Kündigung und den Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage.

Dr. Patrizia Antoni hat den Fachanwalt für Arbeitsrecht und den Fachanwalt für Steuerrecht. Sie berät Sie in allen arbeitsrechtlichen und steuerrechtlichen Fragen gerne. Vereinbaren Sie einen Termin in den Büros der Kanzlei AHS Rechtsanwälte in Köln oder Bonn.

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