Kündigung per Einwurf-Einschreiben
Ist ein Einwurfeinschreiben rechtssicher?
Die Frage, ob ein Einwurfeinschreiben rechtssicher ist, hat das BAG zu Jahresbeginn beantwortet. Am 30.01.2025 entschied das BAG nämlich überraschend, dass der Einlieferungsbeleg eines Einwurf-Einschreibens nebst Sendungsstatus keinen Beleg für den Zugang des entsprechenden Schreibens darstellt. Diese Entscheidung hat nicht unerhebliche Auswirkungen auf die Art der Zusendung empfangsbedürftiger Willenserklärungen im Original, wie z.B. Kündigungen, die in der Praxis gerne per Einwurf-Einschreiben versendet werden.
Wann gilt das Einschreiben rechtlich als zugestellt?
Wenn ein Schriftstück von A nach B versendet wird, kann man nie sicher sein, dass der Empfänger es tatsächlich erhält oder wahrnimmt. Letzteres ist das Problem des Empfängers. Um sicherzustellen, dass ein Schriftstück – beispielsweise eine Kündigung per Einwurfeinschreiben – rechtlich wirksam zugeht, muss der Absender den Zugang der Kündigung nachweisen können. Der Zugang bedeutet, dass das Schriftstück so in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser es zur Kenntnis nehmen kann. In der Praxis ist dies in der Regel der Hausbriefkasten. Dass das Schriftstück in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist und entsprechend von ihm wahrgenommen werden könnte (oder konnte), ist für den Versender nur klar, wenn einen Zugangsnachweis erhält.
Zugangsnachweise
Damit bewiesen werden kann, dass ein Schriftstück zugestellt wurde, kommen folgende Nachweise infrage:
- Eine vom Empfänger unterzeichnete Empfangsquittung
- Der Rückschein eines Einschreibens mit Rückschein
- Die Bestätigung einer zum Zeugen geeigneten Person, die den Einwurf oder die Übergabe vorgenommen hat (wichtig: Die Person sollte Kenntnis vom Inhalt des Schreibens haben)
- Bis vor Kurzem: Der Sendestatus eines Einwurf-Einschreibens
Wer muss den Zugangsnachweis erbringen?
Der Nachweis des Zugangs muss vom Versender erbracht werden, denn er möchte, dass seine Willenserklärung wirksam wird. Der Versender muss also schon beim Versand bedenken, wie einen geeigneten Zugangsnachweis erhält.
Dazu ist folgendes zu sagen:
- Eine Empfangsquittung erhält man meist nur bei persönlicher Übergabe. Diese ist nicht immer möglich. Darauf, dass der Empfänger eine beigefügte Empfangsquittung zurücksendet, kann man nicht sicher vertrauen.
- Wird ein Einschreiben mit Rückschein nicht abgeholt, ist es nicht zugegangen.
- Ein fremder Dritter als Bote kann meist bestätigen, ein Schriftstück eingeworfen zu haben, kennt aber den Inhalt nicht.
- Für die Person, die den Inhalt des Schriftstückes kennt, ist der Weg zum Empfänger ggf. zu weit.
Bisher war ein Einwurfeinschreiben daher eine geeignete Lösung: Der Versender bringt ein Schriftstück in einen Umschlag, versieht es mit der Einwurfmarke und prüft später unter gleicher Nummer, wann der Zugang erfolgt ist. Denn der Postbote bestätigt den Einwurf unter Angabe der Nummer. Dieses ist als „ Sendestatus “ abrufbar.
Einwurfeinschreiben: Beweiskraft und Zugangsproblematik
Das BAG hat nunmehr am 30.01.2025 – 2 AZR 68/24 überraschend entschieden, dass dieser Sendestatus nicht zum Nachweis ausreicht , denn er lässt weder erkennen, „an wen die Zustellung erfolgt sein soll […], noch zu welcher Uhrzeit, unter welcher Adresse oder zumindest in welchem Zustellbezirk. […] Der Sendungsstatus ist kein Ersatz für den Auslieferungsbeleg. Er sagt nichts darüber aus, ob der Zusteller tatsächlich eine besondere Aufmerksamkeit auf die konkrete Zustellung gerichtet hat, die den Schluss rechtfertigen würde, dass die eingelieferte Sendung in den Briefkasten des Empfängers gelangt ist.“
Fraglich ist, welche Bedeutung diese Entscheidung hat, denn das BAG liefert die Lösung gleich mit. Liegt zusätzlich ein Auslieferungsbeleg vor, kann der Beweis des Zugangs des Einwurfeinschreibens – wie bisher als Anscheinsbeweis – geführt werden. Der Auslieferungsbeleg kann bei der Post angefordert werden. Zumindest dann, wenn der Empfang eines per Einwurfeinschreibens versendeten Kündigungsschreibens bestritten wird, sollte der Auslieferungsbeleg schnellstmöglich angefordert werden.
Rechtssichere Alternativen zum Einwurf-Einschreiben
Bei Ausspruch einer Kündigung sollte stets der sicherste Weg für den Zugang gewählt werden. Dieses ist die persönliche Übergabe durch einen geeigneten Zeugen gegen Empfangsquittung , danach der Einwurf der Kündigung in den Hausbriefkasten des Empfängers durch einen zum Zeugen geeigneten Boten.
Sollte dieses nicht möglich sein, bleibt der Versand per Einwurfeinschreiben eine Möglichkeit, sollte aber mehr als bisher verfolgt werden, um ggf. den Auslieferungsbeleg anfordern zu können.
Zusammenfassung Kündigung per Einwurf-Einschreiben
Das Einwurf-Einschreiben bietet gegenüber anderen Versandarten den Vorteil, dass die Deutsche Post den Einwurf in den Briefkasten dokumentiert. Bis vor kurzem galt der Sendestatus des Einwurf-Einschreibens als Zugangsnachweis und machte diese Versandart weitgehend rechtssicher. Da dieser Sendestatus nach der neuesten Entscheidung des BAG nicht zum Nachwies ausreicht, kann es nun rechtlich problematisch werden, wenn der Empfänger bestreitet, das Einschreiben erhalten zu haben. Wenn es um den rechtlichen Nachweis einer Zustellung geht, sollte die Wahl der Versandart deshalb gut bedacht werden. Zu bevorzugen ist hierbei die persönliche Übergabe durch einen geeigneten Zeugen gegen Empfangsquittung oder der Einwurf in den Hausbriefkasten des Empfängers durch einen zum Zeugen geeigneten Boten.
Anwaltliche Hilfe bei Kündigungen
Richtig und rechtssicher zu kündigen ist eine Kunst. Noch vor dem Zugang der ausgesprochenen Kündigung steht die Frage, ob eine Kündigung rechtlich möglich und tatsächlich empfehlenswert ist. Es nützt wenig, wenn zwar der Nachweis des Zugangs erbracht wird, die Kündigung aber unwirksam ist. Noch unglücklicher ist es, wenn eine rechtlich denkbare Kündigung allein am Zugang scheitert. Zu allen Fragen rund um die Kündigung beraten unsere Fachanwälte für Arbeitsrecht in Köln und Bonn Sie gerne.