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Kündigung wegen Krankheit / Arbeitsunfähigkeit

Regelmäßig stellt sich im Arbeitsrecht die Frage, wann der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer wegen Krankheit kündigen darf.

Der folgende Beitrag erklärt die arbeitsrechtliche Einordnung von krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit und den Voraussetzungen einer Kündigung wegen Krankheit bzw. einer Kündigung wegen Arbeitsunfähigkeit . Außerdem wird an einem vergangenen BAG-Urteil beispielhaft erläutert, ob eine Krankenschwester, die keinen Nachtdienst mehr verrichten kann, deshalb arbeitsrechtlich als arbeitsunfähig zu beurteilen ist.

Wann gilt man als arbeitsunfähig?

Als arbeitsunfähig gilt ein Arbeitnehmer , wenn aufgrund von Krankheit (Körper- oder Geisteszustand) seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit nicht mehr oder nur unter der Gefahr der Verschlimmerung der Erkrankung ausführen kann. Bei der arbeitsrechtlichen Beurteilung, ob Arbeitsunfähigkeit vorliegt, kommt es zusätzlich darauf an, welche konkrete Tätigkeit der Arbeitnehmer vor seiner Erkrankung ausgeübt hat. Entscheidend ist deshalb, ob der Arbeitnehmer seine konkret geschuldete Arbeitsleistung trotz der Krankheit in Zukunft ausüben kann. Deshalb ist es zunächst unerheblich, ob der Arbeitnehmer andere Tätigkeiten ausüben könnte.

Unter bestimmten Voraussetzungen rechtfertigt eine Arbeitsunfähigkeit sogar die Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Dies geschieht durch eine personenbedingte Kündigung .

Krankheitsbedingte Kündigung

Um das Arbeitsverhältnis wirksam (ordentlich oder außerordentlich) zu kündigen, wird in der Regel ein Kündigungsgrund benötigt. Das ist der Fall, wenn für das Arbeitsverhältnis Kündigungsschutz durch das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) besteht .

Nach dem KSchG gibt es drei Fallgruppen für eine zulässige Kündigung: die personenbedingte Kündigung , die verhaltensbedingte Kündigung und die betriebsbedingte Kündigung . Die personenbedingte Kündigung beruht dabei in der Regel auf einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers .

Grundsätzlich unterscheiden die Arbeitsgerichte vier wesentliche Gruppen einer krankheitsbedingten Kündigung . Dies sind:

  • Häufige Arbeitsunfähigkeit: die Fehlzeiten durch häufige Krankheit haben in der Summe ein Ausmaß angenommen, das dem Arbeitgeber nicht mehr zugemutet werden kann.
  • Dauerhafte Arbeitsunfähigkeit: es ist sicher, dass der Arbeitnehmer auch in der Zukunft seine arbeitsvertraglich geschuldete Leistung voraussichtlich nicht mehr erbringen kann.
  • Lang andauernde Arbeitsunfähigkeit : es ist nicht sicher, ob der Arbeitnehmer nach einer langen Krankheit jemals wieder seine geschuldete Arbeitsleistung erbringen kann.
  • Krankheitsbedingte Leistungsmängel: durch die Krankheit ist die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers so stark gemindert, dass sie nicht mehr der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung entspricht.

Voraussetzungen krankheitsbedingter Kündigung

Bei allen vier oben genannten Fallgruppen von krankheitsbedingten Kündigungen sind jedoch weitere Voraussetzungen nötig, damit die Kündigung nach dem KSchG sozial gerechtfertigt ist.

Zunächst muss eine negative Gesundheitsprognose vorliegen. Dies bedeutet bei einer lang andauernden Krankheit, dass aufgrund von Tatsachen die Einschätzung berechtigt ist, der Arbeitnehmer wird seine volle Arbeitsfähigkeit auf lange Sicht nicht wiedererlangen . Hierfür hat das BAG einen Mindestzeitraum von 24 Monaten für so beachtlich bewertet, dass in der Regel von einer Interessenbeeinträchtigung des Arbeitgebers (s.u.) ausgegangen werden kann. Liegt die voraussichtliche Krankheitsdauer unter den 24 Monaten, muss die Interessenbeeinträchtigung durch Nachweise belegt werden.

Bei häufigen Kurzerkrankungen wird eine negative Gesundheitsprognose (und damit Interessenbeeinträchtigung) angenommen, wenn der Arbeitnehmer in den letzten drei Jahren seit Ausspruch der Kündigung, im Jahresdurchschnitt mehr als sechs Wochen wegen Arbeitsunfähigkeit keine Arbeitsleistung erbringen konnte.

Bei einer dauerhaften Arbeitsunfähigkeit (z.B. Querschnittslähmung) fällt die Gesundheitsprognose immer negativ aus.

Weitere Voraussetzung ist eine wirtschaftliche oder betriebliche Interessenbeeinträchtigung des Arbeitgebers . Die wirtschaftliche Interessenbeeinträchtigung wird in der Regel in den hohen Lohnfortzahlungskosten liegen, die der Arbeitgeber durch die Arbeitsunfähigkeit zu zahlen hat, obwohl er hierfür keine Gegenleistung erhält. Die betriebliche Interessenbeeinträchtigung ist durch die Störungen im Betriebsablauf erfüllt.

Schlussendlich muss eine Interessenabwägung zwischen den Interessen des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers erfolgen. Hierbei werden alle Gründe abgewogen, die für oder gegen eine Weiterbeschäftigung sprechen. Gründe der Interessenabwägung können die Dauer oder Intensität der Krankheit sein, die Dauer der Betriebszugehörigkeit, die Intensität der finanziellen oder betrieblichen Störungen oder das Lebensalter des Arbeitnehmers sein. Die Interessenabwägung muss zugunsten des Arbeitgebers ausfallen. Das bedeutet, dass es bei Abwägung der beiderseitigen Interessen, dem Arbeitgeber nicht mehr zugemutet werden kann, den Arbeitnehmer trotz dessen Arbeitsunfähigkeit weiter zu beschäftigen.

Wenn alle drei oben genannten Gründe gemeinsam erfüllt sind, dann ist die krankheitsbedingte Kündigung auch unter dem Kündigungsschutzgesetz sozial gerechtfertigt. Entgegen eines weiterverbreiteten Irrtums, kann die Kündigung dann auch während der Erkrankung erteilt werden.

Beispiel BAG-Urteil zur Arbeitsunfähigkeit

In der beruflichen Praxis sind häufig Grenzfälle zur Arbeitsunfähigkeit zu beurteilen. Das In einem vergangenen Fall BAG ( Az. 10 AZR 637/13 ) ging es z.B. um die Frage, ob überhaupt Arbeitsunfähigkeit vorliegt . Eine Krankenschwester musste aus gesundheitlichen Gründen ein bestimmtes Medikament einnehmen. Durch die Einnahme des Medikaments war sie nicht mehr in der Lage, die betrieblich notwendigen Nachtdienste auszuüben. Weitere Beeinträchtigungen lagen jedoch nicht vor, sodass die Arbeitnehmerin alle weiteren Tätigkeiten uneingeschränkt ausführen konnte.

Der Arbeitgeber war jedoch der Auffassung, dass die Nachtdienstuntauglichkeit eine generelle Arbeitsunfähigkeit darstellt. Er schickte die Arbeitnehmerin deshalb nach Hause. Die Arbeitnehmerin bot ihre Arbeitsleistung umgehend schriftlich an. Der Arbeitgeber lehnte diese jedoch ab und verweigerte die Gehaltszahlung.

Das BAG sah in der Nachtdienstuntauglichkeit keinen Fall einer Arbeitsunfähigkeit . Es sei dem Arbeitgeber durchaus zumutbar, die Krankenschwester so einzuteilen, dass diese keinen Nachtdienst leisten muss. Vielmehr muss der Arbeitgeber in diesem Fall sein Weisungsrecht so ausüben, dass beide Interessen angemessen berücksichtigt werden.

Hätte das BAG die Arbeitsunfähigkeit der Krankenschwester bestätigt, hätte der Arbeitgeber der Arbeitnehmerin mittelfristig wohl eine gerechtfertigte personenbedingte Kündigung aussprechen können.

Zusammenfassung Kündigung bei Krankheit

  • Wenn das Arbeitsverhältnis dem Kündigungsschutz unterliegt, benötigt der Arbeitgeber einen Grund für die Kündigung.
  • Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn der Arbeitnehmer seine konkret geschuldete Arbeitsleistung aufgrund von Krankheit nicht mehr erbringen kann.
  • Arbeitsunfähigkeit rechtfertigt unter Umständen eine personenbedingte Kündigung.
  • Es gibt vier wesentliche Fallgruppen für eine krankheitsbedingte Kündigung.
  • Die Kündigung wegen Arbeitsunfähigkeit ist gerechtfertigt, wenn gemeinsam eine negative Gesundheitsprognose + eine Interessenbeeinträchtigung des Arbeitgebers + eine zugunsten des Arbeitgeber überwiegende Interessenabwägung vorliegt.
  • Die Beurteilung von Arbeitsunfähigkeit richtet sich auch nach den Umständen des Einzelfalls.

Anwaltliche Hilfe bei krankheitsbedingter Kündigung

Eine Kündigung wegen Arbeitsunfähigkeit ist einer der häufigsten Streitfälle im Arbeitsrecht. Aber auch die Rechtmäßigkeit einer verhaltens- oder betriebsbedingten Kündigung hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab. Eine erfolgreiche Kündigungsschutzklage sollte deshalb immer von einem erfahrenen Anwalt für Arbeitsrecht geführt werden.

Unsere Fachanwälte für Arbeitsrecht in Köln und Bonn vertreten Sie bei Klagen vor dem Arbeitsgericht gerne.

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