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Pfändungsfreigrenze und Pfändungstabelle 2015

Die Höhe der Pfändungsfreigrenze wird alle zwei Jahre angepasst. Die aktuelle Anpassung ist am 01. Juli 2015 in Kraft getreten. Im folgenden Beitrag wird erläutert, was die Pfändungsfreigrenze ist und welche Rolle sie in der Praxis zwischen Gläubiger und Schuldner spielt. Weiterhin verdeutlichen Beispiele, wie die Pfändungsfreigrenze berechnet wird und welche Folgen sich für das pfändbare Einkommen ergeben. Am Ende des Beitrags erfolgt eine Übersicht über die Pfändungstabelle 2015 sowie eine kurze Zusammenfassung.

Grundsätzliches:

Wenn der Schuldner fällige Forderungen nicht begleicht, besteht für den Gläubiger die Möglichkeit durch eine Pfändung an sein Geld zu gelangen. In der Insolvenz kümmert sich der Insolvenzverwalter um die Liquidierung der pfändbaren Vermögenswerte. Hierbei können körperliche Sachen beschlagnahmt und dann versteigert werden, damit der Gläubiger aus dem Erlös befriedigt wird (zum Beispiel das Auto, Schmuck, hochwertige Elektronik und ähnliche Gegenstände).

Weiterhin kommt eine Pfändung des Arbeitseinkommens in Betracht.Die Pfändung von Arbeitseinkommen erfolgt durch einen vom Vollstreckungsgericht erlassenen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss. Bei einer Pfändung im öffentlichen Recht erlässt die Vollstreckungsbehörde eine Pfändungsverfügung.

Mit dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (bzw. der Pfändungsverfügung) kann der Gläubiger (Insolvenzverwalter) beim Arbeitgeber des Schuldners einen Teil des Arbeitseinkommens pfänden, damit seine Forderung befriedigt wird. Allerdings kann nicht das gesamte Arbeitseinkommen gepfändet werden, da der Schuldner seinen angemessenen Lebensunterhalt bestreiten muss. Aus diesem Grund gibt es Pfändungsfreigrenzen.

Pfändungsfreigrenze:

Die Pfändungsfreigrenze ist der Teil des Arbeitseinkommen, der nicht gepfändet werden darf. Hierbei kommt es auf das Nettoeinkommen und die Unterhaltsverpflichtungen des Schuldners an. Die Rechtsgrundlage für die Pfändungfreisgrenze ergibt sich aus § 850c der Zivilprozessordnung (ZPO).

  • Das Einkommen, das unter der Pfändungsfreigrenze liegt, kann nicht gepfändet werden und verbleibt in voller Höhe beim Schuldner.
  • Einkommen das zwischen der Pfändungsfreigrenze und einem festgesetzten Höchstbetrag liegt, kann zu einem bestimmten Prozentsatz gepfändet werden.
  • Einkommen das über dem Höchstbetrag liegt, wird in voller Höhe gepfändet.

Die jeweiligen Freigrenzen und Höchstbeträge werden alle zwei Jahre angepasst. Die neuen Beträge ergeben sich aus der prozentualen Entwicklung des steuerlichen Grundfreibetrages nach § 32a Abs. 1 Nr. 1 des Einkommenssteuergesetzes (EStG). Die entsprechenden Beträge werden dann jeweils vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz im Bundesgesetzblatt bekanntgegeben.

Berechnung der Pfändungsfreigrenze und Pfändungstabelle 2015:

Derzeit liegt der unpfändbare Grundfreibetrag bei 1073,88 Euro pro Monat. (Die Pfändungstabelle enthält auch entsprechende Werte für wöchentliches und tägliches Einkommen.) Verdient der Schuldner also maximal ein Einkommen in dieser Höhe, kann kein Einkommen gepfändet werden. Der unpfändbare Freibetrag erhöht sich, wenn der Schuldner gesetzliche Unterhaltsverpflichtungen hat (und diese auch tatsächlich erfüllt). Für die erste Unterhaltsverpflichtung erhöht sich der Grundfreibetrag um 404,16 Euro und für jede weitere Unterhaltsverpflichtung um jeweils 225,17 Euro.

Deshalb ergeben sich (aufgerundet!) jeweils diese Grundfreibeträge, bis zu deren Höhe kein Einkommen gepfändet wird:

  • 0 Unterhaltsverpflichtungen = 1079,99 Euro
  • 1 Unterhaltsverpflichtungen = 1.479,99 Euro
  • 2 Unterhaltsverpflichtungen = 1.709, 99 Euro
  • 3 Unterhaltsverpflichtungen = 1.929, 99 Euro
  • 4 Unterhaltsverpflichtungen = 2.159, 99 Euro
  • 5 Unterhaltsverpflichtungen = 2.379, 99 Euro

Je mehr Unterhaltsberechtigte dem Schuldner also gegenüberstehen, desto höher ist das pfändungsfreie Einkommen.

Von dem Einkommen, das die oben genannten Grundfreibeträge übersteigt, muss der Schuldner nicht den gesamten Mehrbetrag abführen. Der Mehrbetrag, der über dem Grundfreibetrag liegt, muss nur prozentual, also anteilig abgeführt werden. Wenn der Schuldner keine Unterhaltsverpflichtung  hat, darf er 30 Prozent des Mehrbetrags behalten, der über der Pfändungsfreigrenze liegt.Bei einer Unterhaltsverpflichtung sind es 50 Prozent, bei zweien 60 Prozent, bei dreien 70 Prozent, bei vieren 80 Prozent und bei fünf Unterhaltsverpflichtungen darf der Schuldner 90 Prozent des Mehrbetrags behalten.

Hierbei muss aber beachtet werden, dass es einen Höchstbetrag gibt, bis zu dem der Schuldner Einkommen, das über der Pfändungsfreigrenze liegt, behalten darf. Dieser Höchstbetrag liegt derzeit bei 3.292,09 Euro. Das restliche Einkommen, das über diesem Betrag liegt, darf dann zu 100 Prozent gepfändet werden.

Auf Antrag kann der Pfändungsfreibetrag vom Vollstreckungsgericht erhöht werden, wenn hierfür besondere Gründe vorliegen; beispielsweise, weil der Schuldner gegenüber mehr als fünf Personen unterhaltspflichtig ist oder er nachweist, dass er seinen notwendigen Lebensunterhalt nicht decken kann, vgl. § 850f ZPO.

Für bestimmte Einkommensarten und Einkommensbestandteile gelten jedoch bestimmte Sonderregelungen, für die die hier aufgeführten Pfändungsfreigrenzen nicht gelten. Dies sind beispielsweise Rentenleistungen, Unterhaltsansprüche, Studienbeihilfen, Erziehungsgelder oder Aufwandsentschädigungen sowie Urlaubsgeld, Überstundenbeträge oder das Weihnachtsgeld. Bei der konkreten Berechnung hilft Ihnen ein Fachanwalt für Insolvenzrecht oder ein Fachanwalt für Steuerrecht. Bei einfachen Standartwerten können Sie den Pfändungsfreibetrag mit dem Pfändungsrechner des Justizportals Nordrhein-Westfalen berechnen.

Die Pfändungstabelle mit den aktuell maßgeblichen Beträgen wurde zuletzt am 01. Juli 2015 angepasst und gilt zunächst bis zum 30. Juni 2017. Sie ist hier abrufbar.

Beispiele zur Berechnung des Pfändungsfreibetrags:

  • Schuldner A hat ein monatliches Nettoeinkommen von 2.000 Euro und ist keiner Person unterhaltsverpflichtet. Sein Einkommen bis zur Höhe von 1073,88 Euro darf er in voller Höhe behalten (= Grundfreibetrag). Das Einkommen, das über diesem Grundfreibetrag liegt, darf er nur zu 30 Prozent behalten, die restlichen 70 Prozent werden dann gepfändet. (2.000,- Euro Einkommen minus 1073,88 Euro Grundfreibetrag = 926,12 Euro pfändbarer Mehrbetrag). Gepfändet werden also die restlichen 70 Prozent des Mehrbetrags von 926,12 Euro, also insgesamt 648,28 Euro.
  • Schuldner B hat ein monatliches Nettoeinkommen von 2.000 Euro und ist zwei Personen unterhaltsverpflichtet. Sein Einkommen bis zur Höhe von 1703,21 Euro darf er in voller Höhe behalten (= Grundfreibetrag von 1073,88 Euro plus erste Unterhaltsverpflichtung 404,16 Euro Freibetrag plus zweite Unterhaltsverpflichtung 225,17 Euro Freibetrag ergeben in der Summe 1.703,21 Euro Grundfreibetrag). Das Einkommen, das über diesem Grundfreibetrag liegtdarf er aufgrund der zwei Unterhaltsverpflichtungen zu 60 Prozent behalten, die restlichen 40 Prozent werden gepfändet. (2.000,- Euro Einkommen minus 1.703,21 Grundfreibetrag = 296,79 Euro pfändbarer Mehrbetrag Gepfändet werden also die restlichen 40 Prozent des Mehrbetrags von 296,78 Euro, also insgesamt 118,72 Euro.
  • Schuldner C hat ein monatliches Nettoeinkommen von 2.000 Euro und ist vier Personen unterhaltsverpflichtet. Sein Einkommen bis zur Höhe von 2153,55 Euro darf er in voller Höhe behalten (= Grundfreibetrag von 1073,88 Euro plus erste Unterhaltsverpflichtung 404,16 Euro Freibetrag plus zweite Unterhaltsverpflichtung 225,17 Euro Freibetrag plus dritte Unterhaltsverpflichtung 225,17, Euro Freibetrag plus vierte Unterhaltsverpflichtung 225,17, Euro Freibetrag ergeben in der Summe 2.153,55 Euro Grundfreibetrag). In diesem Beispiel liegt das Einkommen unter der ermittelten Pfändungsfreigrenze. Deshalb kann hier nichts gepfändet werden.

Zusammenfassung:

  • Der Gläubiger (Insolvenzverwalter) kann Arbeitseinkommen beim Schuldner pfänden lassen.
  • Hierbei gibt es bestimmte Pfändungsfreigrenzen.
  • Das Einkommen bis zur Pfändungsfreigrenze kann nicht gepfändet werden.
  • Der Pfändungsfreibetrag (Grundfreibetrag) hängt vom Nettoeinkommen des Schuldners und seinen Unterhaltsverpflichtungen ab.
  • Der Pfändungsfreibetrag (Grundfreibetrag) liegt bei 1073,88 Euro.
  • Er erhöht sich für die erste Unterhaltsverpflichtung um 404,16 Euro
  • Für die zweite bis zur fünften Unterhaltsverpflichtung erhöht sich die Pfändungsfreigrenze um jeweils weitere 225,17 Euro für jede Unterhaltsverpflichtung.
  • Einkommen, das über der Pfändungsfreigrenze liegt, wird bis zu einem Höchstbetrag von 3292,09 Euro nur anteilig (prozentual) gepfändet. Die Prozentsätze liegen zwischen 30 bis 90 Prozent und sind abhängig von der Anzahl der Unterhaltsverpflichtungen des Schuldners.
  • Einkommen das über dem Höchstbetrag liegt, wird dann in voller Höhe gepfändet.
  • Die Pfändungsfreigrenze wird alle zwei Jahre angepasst.
  • Die aktuelle Pfändungstabelle wurde am 01.07.2015 angepasst.

Hilfe bei insolvenzrechtlichen Fragen:

Die Pfändungsfreigrenze kann auf Antrag erhöht werden, wenn hierfür besondere Voraussetzungen vorliegen. Darüber hinaus unterliegen besondere Einkommensarten und Einkommensbestandteile nicht der gewöhnlichen Pfändungstabelle. Für eine kompetente und erfolgsversprechende Unterstützung in umfangreicheren Fallgestaltungen ist Erfahrung und Fachwissen im Insolvenz- und Steuerrecht notwendig.

Rechtsanwältin Nina Haverkamp ist Fachanwältin für Insolvenzrecht und Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht. Sie berät Sie als Expertin gerne in allen insolvenzrechtlichen Fragestellungen und vertritt Sie vor dem Insolvenzverwalter und den Zivilgerichten. Vereinbaren Sie einen Besprechungstermin an den Standorten der Kanzlei AHS Rechtsanwälte in Köln oder Bonn.

Beitrag veröffentlicht am
7. August 2015

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