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Lohnfortzahlung bei einer Kündigung wegen Krankheit

Die Lohnfortzahlung bzw. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ist ein wesentlicher Bestandsteil unseres heutigen Sozialsystems. Doch was passiert mit dem Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn der Arbeitnehmer wegen Krankheit gekündigt wird und das Arbeitsverhältnis beendet wird? Bleibt der Anspruch auf Entgeltfortzahlung dann bestehen, falls der Arbeitnehmer weiterhin krank ist und das Unternehmen offiziell verlassen hat? Und wie muss der Arbeitnehmer beweisen, dass er wegen seiner Krankheit entlassen wurde? Alle Antworten zur Lohnfortzahlung bei einer Kündigung wegen Krankheit.

Grundsätzliches:

Grundsätzlich kann der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer natürlich nicht einfach kündigen, nur weil dieser erkrankt ist. Wenn das Arbeitsverhältnis nämlich länger als sechs Monate besteht und mehr als 10 Mitarbeiter im Betrieb beschäftigt sind, genießt der Arbeitnehmer fast immer den Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG).

In diesem Fall braucht der Arbeitgeber dann einen der drei Kündigungsgründe aus dem Kündigungsschutzgesetz, vgl. § 1 KSchG.

Bei Krankheit kann das unter Umständen eine personenbedingte Kündigung sein.

Innerhalb der Probezeit jedoch, also maximal in den ersten sechs Monaten der Beschäftigung, haben Arbeitnehmer aber noch keinen gesetzlichen Kündigungsschutz. In dieser Zeit kann der Arbeitgeber in der Regel ohne Angabe von Gründen kündigen. In der Praxis kommt es deshalb sehr häufig vor, dass neue Mitarbeiter, die mit einer längeren Krankheit in den neuen Job starten, gekündigt werden. Viele Arbeitgeber sind dann überrascht, dass sie sogar nach Ablauf der Kündigungsfrist, also zu einem Zeitpunkt, an dem das Arbeitsverhältnis schon beendet wurde, weiterhin Lohn oder Gehalt an den ehemaligen Mitarbeiter zahlen müssen.

Lohnfortzahlung im Krankheitsfall:

Arbeitnehmer haben nach einer Wartezeit von vier Wochen Anspruch auf Lohnfortzahlung, wenn sie infolge einer Krankheit unverschuldet arbeitsunfähig sind, § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG). Dieser Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber besteht für eine Dauer von bis zu sechs Wochen innerhalb eines Jahres und bezieht sich auf ein und dieselbe Krankheit.

Nach Ablauf von sechs Monaten besteht wegen derselben Krankheit erneut ein Anspruch von bis zu sechs Wochen auf Entgeltfortzahlung, wenn der Arbeitnehmer sechs Monate am Stück nicht wegen derselben Krankheit arbeitsunfähig war. Somit sind innerhalb eines Jahres sogar zwölf Wochen Entgeltfortzahlung wegen derselben Krankheit möglich.

Wenn der Arbeitnehmer länger als sechs Wochen wegen derselben Krankheit arbeitsunfähig ist, hat er gegenüber seiner Krankenkasse Anspruch auf Krankengeld. Das Krankengeld beträgt allerdings nur noch 70% des regelmäßigen Bruttoarbeitsentgelts.

Lohnfortzahlung bei Kündigung aus Anlass:

Wenn der Arbeitnehmer nun aber wegen der Krankheit gekündigt wird, kann es sein, dass das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Kündigungsfrist beendet ist, aber die Krankheit immer noch fortbesteht.

  • Beispiel: Der Arbeitnehmer wird zum 1.10 eingestellt und erkrankt am 1.11. Der Arbeitgeber kündigt innerhalb der Probezeit mit einer Kündigungsfrist von zwei Wochen zum 15.11. Der Arbeitnehmer ist jedoch weiterhin arbeitsunfähig und hätte nach Ablauf der Wartezeit von vier Wochen, Anspruch auf Entgeltfortzahlung bis zum 13.12 (sechs Wochen von Beginn der Krankheit am 1.11).

Hier kommt § 8 EntgFG ins Spiel. Dieser besagt, dass der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf die Lohnfortzahlung nicht deshalb verliert, weil er aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit gekündigt wurde. Aus Anlass meint hiermit die Krankheit als Anlass für die Kündigung, die sogenannte Anlasskündigung.

Im obigen Beispiel bedeutet dies, dass der Arbeitgeber seinem gekündigten Arbeitnehmer das Entgelt wegen Krankheit nicht nur während der zweiwöchigen Kündigungsfrist weiter bezahlen muss, sondern auch noch die vier Wochen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Voraussetzung ist dabei nur, dass der Grund für die Kündigung, die Krankheit des Arbeitnehmers ist.

Anlasskündigung – Nachweis über die Kündigung wegen Krankheit:

Hier stellt sich dann die Frage, wie der Arbeitnehmer beweisen kann, dass der Arbeitgeber ihm wegen der Krankheit gekündigt hat. Denn bei einer Kündigung in der Probezeit muss der Arbeitgeber in der Regel keinen Grund für die Kündigung angeben und wird dies dann auch regelmäßig nicht tun.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kommt hier eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast zum Tragen. Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer nur schlüssig darlegen muss, dass er wegen der Krankheit gekündigt wurde. Bei einer Kündigung parallel oder zeitnah zur Erkrankung erscheint es objektiv offensichtlich, dass der Arbeitgeber wegen der Krankheit gekündigt wurde.

Nun liegt es am Arbeitgeber, zu beweisen, dass er wegen eines anderen Grundes gekündigt hat, zum Beispiel wegen verhaltensbedingten Gründen oder schlechter Arbeitsmoral. Gelingt ihm dieser Gegenbeweis nicht, wird im Sinne des Arbeitnehmers vermutet, dass eine Anlasskündigung wegen Krankheit vorliegt. Der Anspruch auf Lohnfortzahlung bleibt also auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses für insgesamt sechs Wochen bestehen.

Lohnfortzahlung obwohl die Wartezeit noch nicht erfüllt ist?

Wie oben bereits erwähnt, entsteht der Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall erst nach einer Wartezeit von vier Wochen, vgl. § 3 Abs. 3 EntgFG. Was passiert also, wenn der Arbeitnehmer vorher erkrankt und gekündigt wird?

  • Beispiel: Der Arbeitnehmer wird am 4. November eingestellt und erkrankt bereits am 7. November. Der Arbeitgeber kündigt sofort das Arbeitsverhältnis. Die vierwöchige Wartezeit zum Anspruch auf Lohnfortzahlung ist in diesem Beispiel erst am 1. Dezember erfüllt, also zu einem Zeitpunkt, an dem das Arbeitsverhältnis bereits beendet ist. Was passiert nun, wenn die Krankheit dieses Arbeitnehmers sogar noch bis in das nächste Jahr hinein andauert?

Das Bundesarbeitsgericht hat in diesem Fall entschieden (BAG 5 AZR 338/98), dass dem gekündigten Arbeitnehmer ab dem 1. Dezember ein Anspruch auf volle sechs Wochen Lohnfortzahlung im Krankheitsfall gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber zustand, obwohl das Arbeitsverhältnis bereits nach drei Tagen gekündigt und die Wartezeit noch nicht erfüllt war. Der Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall bei einer Anlasskündigung beginnt also erst nach einer Wartezeit von vier Wochen für dann volle sechs Wochen zu laufen, wenn der Arbeitnehmer so lange wegen derselben Krankheit arbeitsunfähig ist.

Zusammenfassung:

  • Arbeitnehmer haben nach vier Wochen Wartezeit einen Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, wenn sie wegen Krankheit arbeitsunfähig sind.
  • Der Anspruch besteht für bis zu sechs Wochen und im Einzelfall sogar für zwei Mal sechs Wochen innerhalb eines Jahres für dieselbe Krankheit, wenn zwischen den beiden Krankheitsperioden mindestens sechs Monate liegen.
  • Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung geht nicht verloren, wenn der Arbeitnehmer wegen Krankheit gekündigt wird; sogenannte Anlasskündigung.
  • Wenn der Arbeitnehmer während der Krankheit gekündigt wird, gilt eine Vermutung, dass die Kündigung wegen der Krankheit erfolg ist. Der Arbeitgeber muss dann beweisen, dass dies nicht so ist.
  • Wenn der Arbeitnehmer die vierwöchige Wartezeit noch nicht erfüllt hat, dann beginnt der sechswöchige Anspruch auf Lohnfortzahlung erst nach Ablauf der vier Wochen Wartezeit zu laufen.
  • Er besteht dann für ganze sechs Wochen, falls der Arbeitnehmer so lange arbeitsunfähig ist. Sogar dann, wenn der Arbeitnehmer schon gekündigt und das Arbeitsverhältnis beendet ist.

Hilfe bei arbeitsrechtlichen Fragen:

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Dr. Patrizia Antoni hat den Fachanwalt für Arbeitsrecht und den Fachanwalt für Steuerrecht. Sie berät Sie in allen arbeitsrechtlichen und steuerrechtlichen Fragen gerne. Vereinbaren Sie einen Termin in den Büros der Kanzlei AHS Rechtsanwälte in Köln oder Bonn.

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