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Der Gläubiger in der Insolvenz und häufige Irrtümer (2. Teil)

Dies ist Teil 2 der Serie zu den häufigen Irrtümern in der Insolvenz aus Sicht des Gläubigers.

In diesem Beitrag möchten wir mit dem Irrglauben aufräumen, dass die Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) im Hinblick auf die Haftung nicht greifbar sind.

Außerdem erklären wir, wann es auch innerhalb der Insolvenz möglich ist, mit einer Gegenforderung aufzurechnen.

Am Ende des Beitrags schaffen wir Klarheit darüber, wie der Gläubiger die Restschuldbefreiung des Schuldners beeinflussen kann.

(Teil 1 der Serie zu den Insolvenzirrtümern aus Gläubigersicht finden Sie in der Verlinkung.)

Haftung des GmbH-Geschäftsführers:

Die Gesellschafter einer GmbH haften grundsätzlich nur mit ihrem eingesetzten Kapital. Im Außenverhältnis gegenüber Dritten kann sich eine Haftung des Geschäftsführers und des geschäftsführenden Gesellschafters bei entsprechender Pflichtverletzung aber auch auf das Privatvermögen erstrecken. Hier ist zunächst ganz allgemein an die deliktische Schädigung zu denken.

Ein weiterer wesentlicher Fall ist die masseschmälernde Zahlung nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit bzw. bei Überschuldung (Insolvenzreife). Dies gilt wohl auch dann, wenn der Geschäftsführer die Insolvenzreife nur fahrlässig verkannt hat und weiterhin Zahlungen veranlasst.

Außerdem haftet der Geschäftsführer in der Regel auch zivilrechtlich mit seinem persönlichen Vermögen, wenn er strafrechtlich wegen Insolvenzverschleppung verurteilt wurde. Die Antragspflicht und Strafbarkeit ergibt sich aus § 15a InsO. Die persönliche Haftung ergibt sich aus den entsprechenden Spezialgesetzen wie beispielsweise § 64 GmbHG.

Bei der persönlichen Haftung des Geschäftsführers einer Kapitalgesellschaft ist die höchstrichterliche Rechtsprechung zu beachten, die gerade in den vergangenen Jahren stetig (und nicht immer einheitlich) vom BGH weiterentwickelt wird.

(Umfangreiche Informationen zur Haftung des Geschäftsführers einer GmbH finden Sie in der Verlinkung.)

Aufrechnung mit einer Gegenforderung:

Gläubiger sind in der Insolvenz nicht zwingend nur auf die Anmeldung zur Insolvenztabelle beschränkt. Vielmehr können sie unter Umständen auch durch eine Aufrechnung mit einer Gegenforderung einen Forderungsausfall indirekt vermeiden. Hierfür kommt es zunächst ganz allgemein auf die zivilrechtlichen Bestimmungen zur Aufrechnung an. Insolvenzspezifisch werden diese Regelungen in den §§ 9496 InsO erweitert. Maßgeblich kommt es demnach auf den Zeitpunkt des Entstehens der Gegenforderung an.

Wurden Forderung und Gegenforderung bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet und liegt eine Aufrechnungslage vor, so kann grundsätzlich auch noch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgerechnet werden, vgl. §§ 94 f. InsO.

Unzulässigkeitsgründe finden sich in § 96 InsO – insbesondere der Fall, dass die eigene Schuld erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet wurde oder die eigene Forderung erst zu diesem Zeitpunkt von einem anderen Gläubiger erworben wurde.

Rolle des Gläubigers bei der Restschuldbefreiung:

Aus Schuldnersicht besteht ein Ziel des Insolvenzverfahrens darin, dem Schuldner einen Neustart zu ermöglichen. Deshalb schließt das Insolvenzverfahren mit der Restschuldbefreiung ab. Der Gläubiger muss für die Wirksamkeit der Restschuldbefreiung nicht zustimmen. Er ist aber auch nicht völlig machtlos – bei entsprechender Pflichtverletzung des Schuldners kann er dem Gericht oder Insolvenzverwalter die Gründe mitteilen, die für eine Versagung der Restschuldbefreiung sprechen.

Wichtig ist hierbei, dass der richtige Zeitpunkt nicht verpasst wird. Maßgeblich sind hier der Ablauf der Wohlverhaltensperiode und der Erlass des Beschlusses auf Restschuldbefreiung durch das Gericht sowie ggf. das Bekanntwerden der Gründe für die Verletzung der Obliegenheitspflichten.

Die Regelung zur Restschuldbefreiung finden sich in den §§ 286 ff. InsO. Die Gründe für die Versagung der Restschuldbefreiung ergeben sich zunächst aus § 290 InsO und die Obliegenheiten des Schuldners aus § 295 InsO.

Zusammenfassung:

  • Geschäftsführer und geschäftsführende Gesellschafter haften unter Umständen auch mit ihrem Privatvermögen.
  • Im Außenverhältnis kommt dies regelmäßig bei deliktischer Pflichtverletzung sowie masseschmälender Zahlung trotz Zahlungsunfähigkeit oder Insolvenzreife in Betracht.
  • Weiterhin ergibt sich eine persönliche Haftung des Geschäftsführers bei Insolvenzverschleppung.
  • Die Möglichkeit der Aufrechnung ergibt sich in der Insolvenz – neben den allgemeinen zivilrechtlichen Bestimmungen – aus den §§ 94 – 96 InsO.
  • Insbesondere kommt es für die Zulässigkeit der Aufrechnung auf den Zeitpunkt der Forderung an (s.o.).
  • Der Gläubiger muss am Ende des Insolvenzverfahrens nicht der Restschuldbefreiung zustimmen, damit diese eintreten kann.
  • Er hat aber bis zum Ablauf der Wohlverhaltensperiode die Möglichkeit, das Gericht auf Pflichtverletzungen des Insolvenzschuldners hinzuweisen, die für eine Versagung der Restschuldbefreiung sprechen.

Hilfe bei insolvenzrechtlichen Fragen:

Gläubiger können mit dem richtigen Fachwissen ihre Stellung in der Insolvenz des Schuldners positiv beeinflussen. Insbesondere die Möglichkeit der Aufrechnung und ggf. die Haftung des Geschäftsführers sollte in Erwägung gezogen werden.

Wir beraten sie in allen wirtschaftsrechtlichen und insolvenzrechtlichen Fragestellungen gerne.

Bei Fragen und Beratungsbedarf wenden Sie sich an Rechtsanwältin Nina Haverkamp, Fachanwältin für Insolvenzrecht und Fachanwältin im Handels- und Gesellschaftsrecht.

Gerne vereinbaren Sie einen unverbindlichen Termin in den Büros der Kanzlei AHS Rechtsanwälte in Bonn oder Köln.

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