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Der Verlustabzug und die Mindestbesteuerung nach § 10d EStG

Der Verlustabzug gewährt die Verrechnung von erlittenen Verlusten mit positiven Einkünften des Steuerpflichtigen. Hierbei ist zunächst zwischen dem Verlustausgleich innerhalb eines Veranlagungszeitraums und dem überperiodischen Verlustrücktrag und Verlustvortrag zu unterscheiden.

Die Verrechnung von Verlusten aus vergangenen Veranlagungszeiträumen in zukünftige Steuerjahre wird durch die Mindestbesteuerung begrenzt.

Die Mindestbesteuerung ist derzeit Gegenstand eines Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht (Az. 2 BvL 19/14). Gegenstand des Verfahrens ist die endgültige Nichtberücksichtigung von Verlusten (Definitiveffekt).

Im neuen Blog zum Steuerrecht erklären wir Ihnen die grundlegenden Begriffe zum Verlustabzug und erklären Ihnen die Mindestbesteuerung.

Der Verlustabzug nach § 10d EStG:

Der Verlustabzug nach § 10d EStG regelt die Verrechnung von negativen Einkünften (Verlusten) mit positiven Einkünften (Gewinnen) des Steuerpflichtigen im Rahmen der Einkommensteuer.

Für die Körperschaftsteuer verweist § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG auf die Regelung des § 10d EStG.

Für die Gewerbesteuer regelt § 10a GewStG den Verlustabzug.

Der Verlustabzug ist hierbei der Oberbegriff für diese Ausgleichsmöglichkeit. Zunächst sind die Begriffe horizontaler und vertikaler Verlustausgleich zu unterscheiden, die innerhalb eines Steuerjahres die Gewinne mit den Verlusten verrechnen.

Sodann sind Verlustrücktrag und Verlustvortrag zu unterscheiden, die die überperiodische Verlustverrechnung außerhalb des Entstehungsjahres regeln.

Der Verlustausgleich innerhalb eines Steuerjahres:

Der Verlustausgleich ergibt sich aus der „Summe der Einkünfte“, § 2 Abs. 3 EStG. Hierbei sind zunächst alle Einkünfte innerhalb einer Einkunftsart und innerhalb desselben Steuerjahres bzw. Veranlagungszeitraums zu verrechnen (=horizontaler Verlustausgleich).

Beispielsweise alle Einkünfte innerhalb der Einkunftsart „Selbständige Arbeit“ oder alle Einkünfte aus der Einkunftsart „Vermietung und Verpachtung“.

Beispiel:

Wer mit einer vermieteten Wohnimmobilie einen Gewinn von 70.000,- Euro erzielt und mit der Vermietung einer Gewerbeimmobilie einen Verlust von 50.000,- Euro erleidet, erzielt somit aus der Einkunftsart „Vermietung und Verpachtung“ insgesamt Einkünfte in Höhe von 20.000,- Euro.

Wenn auf diese Weise die Einkünfte aus den verschiedenen Einkunftsarten ermittelt wurden, kann der vertikale Verlustausgleich erfolgen.

Hierbei können die Einkünfte zwischen den verschiedenen Einkunftsarten verrechnet werden. Wenn im obigen Beispiel den 20.000,- Euro Einkünften aus „Vermietung und Verpachtung“ noch Verluste in Höhe von 100.000,- Euro aus „Gewerbetrieb“ gegenüberstehen, besteht der Gesamtbetrag der Einkünfte folglich aus einem Verlust in Höhe von insgesamt 80.000,- Euro.

Zu beachten ist hierbei, dass der vertikale Verlustausgleich zwischen bestimmten Einkunftsarten ausgeschlossen ist. So dürfen beispielsweise Verluste aus der Einkunftsart „Kapitalvermögen“ nicht mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten verrechnet werden, § 20 Abs. 6 EStG.

Ein Verlust aus Kapitalvermögen kann aber grundsätzlich mit Gewinnen aus Kapitalvermögen aus anderen Steuerjahren verrechnet werden.

Der Verlustrücktrag nach § 10d Abs. 1 EStG:

Wenn das Steuerjahr nach Durchführung der innerperiodischen Verlustverrechnung insgesamt mit einem Verlust abgeschlossen wurde, kann dieser Verlust in das vorangegangene Steuerjahr zurückgetragen werden, § 10d Abs. 1 EStG.

Das ist dann der überperiodische Verlustabzug. Der Verlust mindert dann nachträglich die Bemessungsgrundlage zur Berechnung der Einkommensteuer, so dass ein korrigierter Steuerbescheid zugunsten des Steuerpflichtigen erlassen wird.

Beispiel:

Wenn im Jahr 2017 insgesamt ein steuerlicher Verlust von 80.000,- Euro festgestellt wurde und im Jahr 2016 ein Steuerbescheid ergangenen ist, der die Einkommensteuer auf einer Bemessungsgrundlage von 120.000,- Euro zu versteuerndes Einkommen festgesetzt hat, dann ist der Steuerbescheid aus dem Jahr 2016 zu korrigieren. Der Steuerpflichtige muss dann anstatt 120.000,- Euro nur noch 40.000,- Euro versteuern und kann deshalb mit einer Steuererstattung rechnen, weil er den Verlust aus 2017 in Höhe von 80.000,- Euro verrechnen darf, sofern keine Verlustverrechnungsbeschränkung wirkt.

Der Verlustrücktrag ist auf ein Jahr beschränkt. Das bedeutet, dass Verluste aus einem Steuerjahr nur in das unmittelbar vorangegangene Steuerjahr zurückgetragen werden können. Dort kann ein Verlust natürlich maximal die positiven Einkünfte ausgleichen, die tatsächlichen entstanden sind.

Beispiel:

Wenn 2017 ein Verlust von 250.000,- Euro festgestellt wurde und 2016 positive Einkünfte in Höhe von 100.000,- Euro steuerpflichtig waren, dann können auch nur 100.000,- Euro der Verluste aus 2017 aufgebraucht werden, weil 2016 nicht mehr Einkünfte versteuert wurde. Der Steuerbescheid für 2016 wird dann (- vereinfacht dargestellt -) auf 0,- Euro Einkünfte korrigiert, so dass der Steuerpflichtige mit einer Steuererstattung vom Finanzamt rechnen kann. Die verbleibenden 150.000,- Euro Verluste aus 2017 sind dann in künftige Veranlagungszeiträume vorzutragen.

Auf Antrag kann der Steuerpflichtige auch auf den Verlustrücktrag verzichten und die Verluste nur mit dem Verlustvortrag geltend machen. Dies kann sich im Rahmen der Steuergestaltung anbieten, um Progressionseffekte positiv zu beeinflussen.

Insgesamt darf auch nur ein Verlust von maximal 1.000.000,- Euro zurückgetragen werden (bei Zusammenveranlagten sind es 2.000.000,- Euro).

Wenn also 2017 ein Verlust von 5.000.000,- Euro angefallen ist und 2016 noch 3.000.000,- Euro versteuert wurden, dann kann der Steuerbescheid auch nur um eine Millionen Euro Verluste auf dann noch 2.000.000,- Euro steuerpflichtiges Einkommen korrigiert werden. Die verbleibenden 4.000.000,- Euro an Verlusten können aber in zukünftige Steuerjahre vorgetragen werden.

Der Verlustvortrag nach § 10d Abs. 2 EStG:

Festgestellte Verluste, die nicht im Entstehungsjahr ausgeglichen wurden und auch nicht im unmittelbar vorausgegangene Steuerjahr verrechnet werden konnten, können zeitlich unbeschränkt in zukünftige Steuerjahre vorgetragen werden, § 10d Abs. 2 EStG. Der vorgetragene Verlust mindert dann das zu versteuernde Einkommen.

Vereinfachtes Beispiel:

2017 wurde ein Verlust in Höhe von 100.000,- Euro festgestellt, der nicht ausgeglichen oder zugetragen werden konnte. Wenn 2018, 2019 und 2020 jeweils in der Summe der Einkünfte ein Gewinn von 30.000,- Euro pro Steuerjahr realisiert wird, dann kann der Verlust aus 2017 diese Gewinne grundsätzlich vollständig ausgleichen, so dass für die Jahre 2018, 2019 und 2020 keine Einkommensteuer anfällt.

Zu beachten ist beim Verlustvortrag jedoch ebenfalls, dass die zuvor genannten Höchstgrenzen von 1.000.000,- Euro (Einzelveranlagung) bzw. 2.000.000,- Euro (Zusammenveranlagung) gelten. Liegen die Einkünfte über diesen Höchstbeträgen, darf der, den Höchstbetrag übersteigende Betrag, nur noch zu 60% mit Verlusten ausgeglichen werden. Die verbleibenden 40% sind zu versteuern. Das bedeutet also, dass die sogenannte Mindestbesteuerung greift. Hierzu im folgenden Abschnitt ein Beispiel.

Mindestbesteuerung nach § 10d Abs. 2 EStG:

Die Mindestbesteuerung sorgt dafür, dass Einkünfte, die die genannten Höchstbeträge übersteigen, in jedem Fall zu 40% zu versteuern sind.

Beispiel:

2016 wurde ein Verlust in Höhe von 5.000.000,- Euro festgestellt.

2017 wurde ein Gewinn von 3.000.000,- Euro realisiert.

Zunächst ist der Gewinn in Höhe von 3.000.000,- Euro aus dem Jahr 2017 um den Höchstbetrag in Höhe von einer Millionen Euro Verluste aus dem Jahr 2016 zu kürzen.

Die dann noch verbleibenden 2.000.000,- Euro Gewinn aus 2017 dürfen dann nur noch zu 60% mit vorgetragenen Verlusten ausgeglichen werden. Das sind dann 1.200.000,- Euro die abgezogen bzw. verrechnet werden, so dass 800.000,- Euro verbleiben und diese im Rahmen der Mindestbesteuerung zu versteuern sind.

In diesem Beispiel konnte der Steuerpflichtige also von seinen 5.000.000,- Euro Verlust in der Summe insgesamt 2.200.000,- Euro im Gewinnjahr „verbrauchen“. Somit verbleiben 2.800.000,- Euro Verluste aus der Vergangenheit, die der Steuerpflichtige zeitlich unbeschränkt in zukünftige Steuerjahre vortragen kann.

Die Mindestbesteuerung kann jedoch dazu führen, dass Verluste, die nicht vollständig verrechnet werden konnten, endgültig untergehen und dauerhaft verloren sind. Dies nennt man Definitiveffekt und kommt in der Praxis regelmäßig durch den Tod des Steuerpflichtigen, durch eine Insolvenz oder im Zusammenhang mit einer Umwandlung vor.

Definitiveffekte durch die Mindestbesteuerung:

Die endgültige Nichtberücksichtigung von Verlusten wird als Definitiveffekt bezeichnet. Hiermit ist gemeint, dass Verluste nicht mehr mit Gewinnen verrechnet werden können und somit dauerhaft untergehen bzw. verloren sind.

Ein Definitveffekt kann durch mehrere Fallgruppen eintreten.

  • Durch den Tod des Steuerpflichtigen, da seine Verluste nicht vererbbar sind.
  • Insolvenz einer Kapitalgesellschaft, weil hier die Verluste nicht dem einzelnen Gesellschafter zugeordnet werden, sondern der Kapitalgesellschaft. Weist die Gesellschaft vor der Liquidation noch Verluste auf, die nicht über den Verlustabzug verrechnet wurden, gehen die Verluste regelmäßig unter.
  • Umwandlungsfälle im Sinne des Umwandlungssteuergesetzes.

    Definitveffekte können hier insbesondere bei der rechtsformwechselnden Umwandlung, bei der Verschmelzung und bei der Spaltung auftreten.

  • Bei einem schädlichen Beteiligungserwerb nach § 8c Abs. 1 KStG sind ebenfalls Definitveffekte denkbar. Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht die alte Fassung des § 8c Abs. 1 KStG für verfassungswidrig erklärt, so dass hier abzuwarten ist, wie die Finanzbehörden die Norm in Zukunft anwenden.

Das Bundesverfassungsgericht wird in Zukunft über die Verfassungsmäßigkeit der Mindestbesteuerung im Zusammenhang mit Definitiveffekten entscheiden (Az. 2 BvL 19/14).

Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das BVerfG den Gesetzgeber auffordert, den Verlustabzug anzupassen. Zumindest der Bundesfinanzhof hält die derzeitige Regelung in bestimmten Konstellationen für verfassungswidrig, wenn der Steuerpflichtige seine Verluste endgültig nicht mehr geltend machen kann, vgl. BFH I R 59/12.

Zusammenfassung:

  • § 10d EStG regelt den Verlustabzug im Einkommensteuerrecht. Der Verlustabzug ist dabei der Oberbegriff für die Verrechnungsmöglichkeit von Verlusten mit den Gewinnen des Steuerpflichtigen.
  • Im Verlustabzug sind dann die Begriffe Verlustausgleich, Verlustrücktrag und Verlustvortrag zu unterscheiden.

    Beim Verlustausgleich werden zunächst die positiven Einkünfte eines Steuerjahres innerhalb einer Einkunftsart verrechnet (zum Beispiel alle Einkünfte aus der Einkunftsart „Selbständiger Arbeit“). Das ist der horizontale Verlustausgleich.

  • Danach können die positiven Einkünfte mit den negativen Einkünften zwischen den verschiedenen Einkunftsarten ausgeglichen werden, sofern keine spezielle Verlustverrechnungsbeschränkung dies ausschließt. Das ist der vertikale Verlustausgleich.
  • Wenn die Summe der Einkünfte in einem Steuerjahr negativ ausfällt – also in der Summe der sieben Einkunftsarten insgesamt ein Verlust angefallen ist – dann kann dieser Verlust in das unmittelbar vorangegangene Steuerjahr zurückgetragen werden und der Steuerbescheid wird zugunsten des Steuerpflichtigen korrigiert. Das ist der Verlustrücktrag.
  • Der Verlustrücktrag ist auf ein Jahr beschränkt und das ist das Steuerjahr, das dem Verlustentstehungsjahr unmittelbar vorausgeht.
  • Verbleiben nach dem Verlustausgleich und dem Verlustrücktrag immer noch Verluste über, können diese zeitlich unbeschränkt in zukünftige Steuerjahre vorgetragen werden. Das ist der Verlustvortrag.
  • Der Verlustrücktrag ist bei der Einzelveranlagung auf eine Millionen Euro begrenzt, bei der Zusammenveranlagung von Ehegatten sind es zwei Millionen Euro.
  • Diese Höchstgrenzen gelten ebenfalls für den Verlustvortrag. Beim Verlustvortrag kann der Gewinn, der die Höchstgrenze übersteigt, immer noch zu 60% ausgeglichen werden – die verbleibenden 40% sind auch dann in diesem Steuerjahr zu versteuern, wenn die vorgetragenen Verluste aus der Vergangenheit den Gewinn übersteigen. Das ist die sogenannte Mindestbesteuerung. Verbleiben also noch Verluste über, dann können diese grundsätzlich zeitlich unbeschränkt in zukünftige Steuerjahre vorgetragen werden.
  • Durch die Mindestbesteuerung und die damit zusammenhängende zeitliche Streckung des Verlustabzugs können jedoch auch Definitveffekte auftreten. Hierunter ist die endgültige Nichtberücksichtigung und somit der Untergang der Verluste zu verstehen.
  • Fallgruppen für Definitiveffekte sind insbesondere der Tod des Steuerpflichtigen, die Insolvenz und Liquidation einer Kapitalgesellschaft, Umwandlungsfälle wie Rechtsformwechsel, Verschmelzung und Spaltung sowie ein schädlicher Beteiligungserwerb nach § 8c Abs. 1 KStG.

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