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BAG 10 AZR 171/16 zum Mindestlohn und den Feiertags- und Nachtarbeitszuschlägen

Das Bundesarbeitsgericht hat am 20.09.2017 in BAG 10 AZR 171/16 geurteilt, dass Zuschläge für Nachtarbeit und Entgeltfortzahlung für Feiertage auf Grundlage des Mindestlohns zu zahlen sind. Das gilt auch dann, wenn eigentlich ein niedrigerer Stundenlohn im Tarifvertrag vereinbart wurde und der Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis anwendbar ist.

Auch eine Anrechnung des gezahlten Urlaubsgeldes auf diese Ansprüche scheidet aus.

Mit dieser Entscheidung bestätigt das Bundesarbeitsgericht im Grunde die bisherige Rechtsprechung in vergleichbaren Sachverhalten.

Im Folgenden möchten wir Ihnen den Sachverhalt des Urteils vorstellen und die Hintergründe beleuchten.

BAG 10 AZR 171/16:

Die Klägerin war als Montagekraft bei ihrem Arbeitgeber beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis war der Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer der sächsischen Metall- und Elektroindustrie anwendbar. Der Tarifvertrag sieht ein Nachtarbeitszuschlag in Höhe von 25% des tatsächlich gezahlten Stundenverdiensts und ein Urlaubsentgelt in Höhe vom 1,5-fachen des durchschnittlich gezahlten Lohns vor.

Das vertragliche Arbeitsentgelt lag bei 7,00 bzw. 7,15 Euro und wurde durch eine Zulage nach dem Mindestlohngesetz erhöht. Der Arbeitgeber nahm für den Nachtarbeitszuschlag den vertraglich vereinbarten Stundensatz in Höhe von 7,00 bzw. 7,15 Euro als Bemessungsgrundlage.

Auch das Entgelt für Feiertage und Urlaubstage wurde anhand dieses Stundensatz berechnet.

Darüber hinaus wurde gezahltes Urlaubsgeld für den Anspruch auf Mindestlohn angerechnet.

Die Richter beim Bundesarbeitsgericht in Erfurt gaben der beschäftigten Klägerin im Hinblick auf ihr Klagebegehren im Wesentlichen Recht.

Mindestlohn als Bemessungsgrundlage für Feiertags- und Nachtarbeitszuschläge:

Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung für Feiertage und der Nachtarbeitszuschlag ist nach § 2 EntgFG in Verbindung mit § 1 MiLoG anhand des geltenden Mindestlohns zu berechnen. Das gilt auch dann, wenn vertraglich ein niedrigerer Stundensatz vereinbart ist.

Der Mindeslohn lag im Falle von BAG 10 AZR 171/16 noch bei 8,50 Euro pro Stunde.

(Derzeit liegt der Mindestlohn bei 9,19 Euro pro Stunde. Stand 1.1.2019)

Der Grund für die Bemessungsgrundlage liegt darin, dass ein Anspruch auf einen Stundensatz mindestens in Höhe des Mindestlohns besteht. Dann ist dieser Stundensatz auch der „tatsächlich Stundenverdienst“, selbst wenn vertraglich ein geringerer Stundenlohn fixiert wurde. Das Entgelt, das für einen Feiertag zu zahlen ist, soll nach dem Entgeltausfallprinzip sicherstellen, dass der Arbeitnehmer für den Feiertag das Arbeitsentgelt erhält, das er ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte. Und ohne den Feiertag hätte der Arbeitnehmer auch mindestens den Stundensatz nach Mindestlohngesetz erhalten.

Keine Anrechnung von gezahltem Urlaubsgeld:

Das Urlaubsgeld konnte der Arbeitgeber auch nicht wirksam auf die Ansprüche anrechnen, die nach dem Mindestlohngesetz geschuldet wurden. Der Grund liegt darin, dass der Manteltarifvertrag hier einen eigenen Anspruch auf Urlaubsgeld gewährt. Dieser Anspruch wird somit nicht unmittelbar für die geleistete Arbeit gewährt und kann deshalb auch nicht mit den Mindestlohnansprüchen für geleistete Arbeit verrechnet werden.

Zusammenfassung:

  • Der derzeit geltende Stundensatz nach dem Mindestlohngesetz beträgt 9,19 Euro pro Stunde. (Stand 1.1.2019).
  • Der Nachtarbeitszuschlag ist auf Grundlage von § 2 EntgFG i.V.m. § 1 MiLoG mindestens anhand des geltenden Mindestlohnstundensatzes zu zahlen. Das gilt auch, wenn vertraglich ein niedrigerer Stundensatz vereinbart wurde. Siehe hierzu BAG 10 AZR 171/16.
  • Das gleiche gilt für Arbeitsentgelt, das für Feiertage gezahlt wird und den Lohnausfall an diesem Tag ausgleichen soll. (Entgeltausfallprinzip.)
  • Urlaubsgeld darf grundsätzlich nicht auf die Ansprüche angerechnet werden, die aufgrund des Mindestlohngesetzes zu zahlen sind. Das Urlaubgeld ist in den meisten Tarifverträgen nämlich kein Geld, das für geleistete Arbeit gezahlt wird.
  • Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu dieser Thematik kann im Wesentlich als konsistent bezeichnet werden und bestätigt Urteile in vergleichbaren Fallgruppen und Fragestellungen zum Mindestlohn.

Hilfe bei arbeitsrechtlichen Fragen:

Die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu Ansprüchen aus dem Mindestlohngesetz ist grundsätzlich und im Wesentlichen als konsequent zu bezeichnen. Trotzdem kollidieren Ansprüche aus Arbeits- oder Tarifvertrag regelmäßig mit denen aus den gesetzlichen Vorschriften. Wir beraten Sie in diesem Zusammenhang gerne und klären Sie über Ihre Ansprüche, Rechte und Pflichten auf.

Dr. Patrizia Antoni hat den Fachanwalt für Arbeitsrecht und den Fachanwalt für Steuerrecht. Sie berät Sie in allen arbeitsrechtlichen und steuerrechtlichen Fragen gerne. Vereinbaren Sie einen Termin in den Büros der Kanzlei AHS Rechtsanwälte in Köln oder Bonn.

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