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Verdeckte Arbeitnehmerüberlassung

Seit der Einführung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) zur Regelung der Leiharbeit werden die Regelungen des AÜGs mit sogenannten „Scheinwerkverträgen“ umgangen.

In diesem Beitrag erfahren Sie Grundsätzliches über die Arbeitnehmerüberlassung sowie über die Nutzung von Scheinwerkverträgen zum Zweck der verdeckten Arbeitnehmerüberlassung .

Grundsätzliches zur Arbeitnehmerüberlassung

Zur Personalkostensenkung wird durch viele Unternehmen die Arbeitnehmerüberlassung genutzt (auch Leiharbeit genannt). Um ihren Umfang zu regeln und verdeckter Arbeitnehmerüberlassung entgegenzuwirken , gilt das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG). Nach § 1 AÜG ist eine Tätigkeit als Verleiher von Arbeitnehmern erlaubnispflichtig.

Besitzt eine Leiharbeitsfirma keine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung oder werden sonstige Maßgaben des AÜG nicht beachtet (siehe § 9 AÜG ), ist der Vertrag zwischen dem Verleiher und dem Leiharbeitnehmer unwirksam und es gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Entleiher und dem Arbeitnehmer. Dadurch hat der Leiharbeitnehmer mindestens einen Anspruch auf das mit dem Verleiher vereinbarte Arbeitsentgelt, sowie meist weitergehende tarifvertragliche, sowie firmeninterne Ansprüche gegen den früheren Entleiher und jetzigen Arbeitgeber.

Ein wichtiger Punkt des Gesetzes ist der § 1 I S.2 AÜG. Dieser beinhaltet, dass die Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher nur vorübergehend für eine Höchstdauer von 18 Monaten erfolgen darf. Von dieser darf jedoch, sofern die Voraussetzungen dafür vorliegen, durch Betriebs- oder Tarifvereinbarung mit einem Zeitraum von bis zu 24 Monaten abgewichen werden. Eine dauerhafte Substituierung von firmeneigenen Angestellten durch Leiharbeitnehmer ist dann grundsätzlich nicht mehr möglich. Allerdings könnte der Zweck der Gesetzesänderung umgegangen werden, wenn die jeweilige Stelle alle 17 bzw. 23 Monate durch einen anderen Leiharbeiter besetzt wird – also kurz vor Ablauf der einschlägigen Frist. Durch § 99 II Nr.3 BetrVG iVm. § 14 III AÜG hat der Betriebsrat des Entleihers aber die Möglichkeit, die Arbeitnehmerüberlassung durch Zustimmungsverweigerung zumindest zu erschweren.

In diesem Zusammenhang von der Arbeitnehmerüberlassung abzugrenzen sind die Werkverträge.

Arbeitnehmerüberlassung oder Werkvertrag?

Schließt ein Unternehmen (=Auftraggeber) einen Werkvertrag , z.B. über die Konstruktion eines Autodachs (=Werkerfolg), mit einem anderen Unternehmen (=Auftragnehmer), erbringen häufig ein oder mehrere Arbeitnehmer des Auftragnehmers diese Leistungen direkt im Betrieb des Auftraggebers. Während bei der Arbeitnehmerüberlassung die Arbeitnehmer der Zeitarbeitsfirma für die Zeit der Leihe dem Weisungsrecht des Entleihers unterstehen und voll in die Betriebsabläufe des Entleihers integriert sind, liegt dies beim Outsourcing über Werkverträge genau anders. Der über den Werkvertrag im fremden Unternehmen arbeitende Angestellte des Auftragnehmers unterliegt „eigentlich“ weiterhin der Weisungsbefugnis seines Arbeitgebers.

Wann liegt eine verdeckte Arbeitnehmerüberlassung vor?

Schließen jetzt Auftragnehmer und Auftraggeber einen Werkvertrag und der Arbeitnehmer unterliegt aufgrund seiner Anwesenheit vor Ort und dem arbeitsteiligen Zusammenarbeiten mit Arbeitnehmern des Auftraggebers faktisch dem Weisungsrecht des Auftraggebers, sind die wesentlichen Unterschiede zwischen dem Werkvertrag und der Arbeitnehmerüberlassung nach dem AÜG aufgehoben. Der Werkvertrag besteht sodann häufig lediglich, um die Vorschriften des AÜG zu umgehen. Es handelt sich dabei um einen „Scheinwerkvertrag“ zur verdeckten Arbeitnehmerüberlassung.

Ein Scheinwerkvertrag liegt vor, wenn:

  • kein Werkvertrag vorliegt. Eine der Voraussetzungen eines Werkvertrages nach § 631 BGB ist die Herstellung eines konkreten Werkes, also eines Arbeitserfolges. Ist das herzustellende Werk vertraglich nicht erkennbar oder sind in den Vertrag Bestimmungen aufgenommen, welche aufgrund ihrer untypischen Formulierungsweise als Vorsichtsmaßnahmen bezüglich einer verdeckten Arbeitnehmerüberlassung zu werten sind, sind diese als Indizien für eine vorsätzliche verdeckte Arbeitnehmerüberlassung zu werten.
  • der überlassene Arbeitnehmer faktisch dem Weisungsrecht des Auftraggebers unterliegt und in den Auftragsbetrieb eingegliedert ist.
  • der Werkhersteller nicht mehr für das hergestellte Werk haftet.

Dies hätte im Normalfall zur Folge, dass das Arbeitsverhältnis zwischen dem Werkvertragsauftragnehmer und dem entliehenen Arbeitnehmer nach § 10 I 1 AÜG i.V.m. § 9 Nr.1a AÜG unwirksam ist, wenn der Werksauftragnehmer keine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung hat. Dann entsteht kraft Gesetz ein Arbeitsverhältnis zwischen dem entliehenen Arbeitnehmer und dem Entleiher (ursprünglicher Auftraggeber).

Nach neuester Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gilt dieses auch dann nicht, wenn der Auftragnehmer des Scheinwerkvertrages nur eine vorsorglich beantragte Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung besitzt („ Vorratsverleiherlaubnis “).

Folgen der verdeckten Arbeitnehmerüberlassung

Eine verdeckte Arbeitnehmerüberlassung über Scheinwerksverträge bleibt dennoch nicht folgenlos, gerade wenn die verdeckte Arbeitnehmerüberlassung vorsätzlich erfolgte.

Rechtlich gesehen ist ein Scheinwerkvertrag, wie in diesem Fall, nichts anderes als eine Arbeitnehmerüberlassung. Dem Leiharbeitnehmer werden durch den vorgetäuschten Werkvertrag die Ansprüche des AÜG vorenthalten. Wird ein Scheinwerkvertrag aufgedeckt und der Verleiher hat eine Erlaubnis für die Arbeitnehmerüberlassung, hat der Leiharbeitnehmer einen Gleichstellungsanspruch gegen seinen Verleiher bezüglich der im Entleiherbetrieb gängigen Arbeitnehmerleistungen bei vergleichbar beschäftigten Arbeitnehmern.

Die Grenze zwischen einem Werkvertrag und einem Scheinwerkvertrag zur Arbeitnehmerüberlassung ist nicht ohne Weiteres feststellbar. Wird bei Werkverträgen zu ihrer Erfüllung ein Arbeitnehmer in den fremden Betrieb geschickt und ist der Arbeitnehmer dabei gegenüber dem Auftraggeber (Entleiher) weisungsgebunden, so spricht viel dafür, dass es sich um einen Scheinwerkvertrag handelt. Weitere Indizien für einen Scheinwerkvertrag sind das Fehlen eines vertraglich konkret vereinbarten Arbeitserfolges (= Werkvertragserfolg) sowie vertragliche Klauseln zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber, die das Vorliegen eines Scheinvertrages vorsorglich umgehen sollen.

Fakten zur verdeckten Arbeitnehmerüberlassung im Überblick

  • Im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung gilt das AÜG und das Weisungsrecht über den Arbeitnehmer liegt beim Entleiher.
  • Arbeitet ein Arbeitnehmer auf der Grundlage eines Werkvertrages im Betrieb des Werkauftraggebers, hat der Werkauftraggeber kein Weisungsrecht über den Arbeitnehmer. Das AÜG gilt hier nicht.
  • Schließen die beiden Parteien einen Werkvertrag der lediglich die Umgehung des AÜG zum Ziel hat, handelt es sich um einen Scheinwerkvertrag.
  • Seit der Gesetzesänderung vom 01.04.2017 zu Scheinwerkverträgen kommt es hinsichtlich des Zustandekommens eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem Auftraggeber und dem entliehenen Arbeitnehmer nicht darauf an, ob der Verleiher eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung hat oder nicht.


Anwaltliche Hilfe bei verdeckter Arbeitnehmerüberlassung

Leiharbeit und Scheinwerkverträge sind ein häufiger Streitpunkt vor Gericht. Sollten Sie Fragen bezüglich der Regelungen über Scheinwerkverträge, betriebliche Werkverträge, inhouse-outsourcing oder sonstige Fragen im Arbeits- oder Wirtschaftsrecht haben, beraten unsere Rechtsanwälte für Arbeitsrecht Sie gerne kompetent und umfassend.

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