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Poker und die Umsatzsteuer auf Einnahmen

Ob Pokereinnahmen neben der Einkommenssteuer auch noch umsatzsteuerpflichtig sind, wird bald vom Bundesfinanzhof in dem Verfahren XI R 37/14 höchstrichterlich entschieden. Die Vorinstanz hat diese Frage bejaht, wenn Poker gewerblich betrieben wird (vgl. Finanzgericht Münster 15 K 798/11 U). Dabei wird die Entscheidung auch Auswirkungen auf das Online-Poker haben und somit einen wesentlich größeren Personenkreis betreffen. (DAS AKTUELLE URTEIL VOM 30.08.2017 IST NUN ERGANGEN UND SIE KÖNNEN ES HIER NACHLESEN)

In diesem Beitrag erläutern wir die bisherige Rechtsprechung zum Thema Poker und Steuer, den Unterschied zwischen Einkommens- und Umsatzsteuer; hierbei insbesondere die Umsatzsteuer auf Pokergewinne und deren Voraussetzungen.

Dabei geben wir am Ende auch eine eigenen Einschätzung und Rechtstipps für betroffene Pokerspieler ab.

Poker und Steuern:

Das Thema Poker (auch Online-Poker) und Steuer auf Pokergewinne nimmt in Deutschland mehr und mehr eine klare Kontur an. Erst Ende 2015 hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass Pokergewinne der Einkommenssteuer unterliegen, wenn das Pokern gewerblich betrieben wird, vgl. BFH X R 43/12.

Über diese Entscheidung und die Einkommenssteuer auf Pokergewinne haben wir erst kürzlich ausführlich berichtet. In der Verlinkung können Sie detailliert nachlesen, wann Pokergewinne der Einkommenssteuer unterliegen und ab wann steuerrechtlich von gewerblichen Pokereinnahmen ausgegangen wird bzw. wann die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen.

Von der Einkommenssteuer auf Pokergewinne ist die Umsatzsteuer auf Pokereinnahmen zu unterscheiden.
  • Der Einkommenssteuer unterliegen nur die positiven Gewinne, die tatsächlich in einem Veranlagungszeitraum angefallen sind. Gewinne sind die Einnahmen über die Ausgaben. Wer beim Pokern also gewerbliche Einnahmen von 100.000,- Euro in einem Steuerjahr erzielt (zum Beispiel Preisgelder, Cash-Gewinne, Coachingeinnahmen, Werbegelder etc.) und dabei 85.000,- Euro an Ausgaben (zum Beispiel Startgelder, Buy-ins, Reisekosten, Coachings, Stackings etc.) nachweisen kann, muss nur einen Gewinn von 15.000,- Euro versteuern.
  • Der Umsatzsteuer unterliegen aber grundsätzlich schon alle gewerblichen Einnahmen, unabhängig von den Ausgaben und einem etwaigen Gewinn oder sogar Verlust.

    Deshalb hat das Finanzgericht Münster die Pokereinnahmen eines gewerblichen Pokerspielers zur Umsatzsteuerveranlagerung herangezogen. Diese Entscheidung ist allerdings noch nicht rechtskräftig, da die Revision hierzu noch beim Bundesfinanzhof anhängig ist und eine höchstrichterliche Entscheidung des BFH erwartet wird.

Entscheidung FG Münster 15 K 798/11 U:

In der Rechtssache "FG Münster 15 K 798/11 U" hat das Finanzamt von einem Pokerspieler Kenntnis erlangt, der in den Jahren 2006 und 2007 bei Pokerturnieren und Cash-Games Einnahmen erzielt hat (sowohl Live-, als auch Online-Poker).

Insbesondere durch Interviews und Veröffentlichungen im Internet lagen in diesem Fall viele Anhaltspunkte vor, die auf eine gewerbliche Tätigkeit als Profispieler deuteten. Der Pokerspieler bezeichnete sich selbst in den veröffentlichten Interviews als Profispieler, gab an, dass er sich von seiner bisherigen Arbeitsstelle hat unbezahlt beurlauben lassen und nannte zum Teil Gewinnbeträge aus verschiedenen Pokerturnieren.

Das Finanzamt zog hieraus den Schluss, dass es sich um eine gewerbliche Tätigkeit als Profispieler handelt. Dabei stellt die Tätigkeit, als um Preisgeld spielender Kartenspieler, umsatzsteuerpflichtige "sonstige Leistungen" im Sinne des Umsatzsteuergesetzes dar, § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG.

Demnach unterliegen Leistungen (= das Pokerspielen), die ein Unternehmer (= der gewerbliche Pokerspieler) im Inland gegen Entgelt (= die Preisgelder und Pokereinnahmen) ausführt der Umsatzsteuer.

Vereinfacht ausgedrückt: das professionelle Pokerspielen ist eine gewerbliche Leistung, die durch die jeweiligen Preisgelder mit einem Entgelt vergütet wird.

Steuerrechtlich sind Entgelte, die ein Unternehmer am Markt für seine angebotenen Leistungen erhält, umsatzsteuerpflichtig – unabhängig davon, ob es sich um Lieferungen (z.B. physische Güter wie Brötchen oder Autos) oder sonstige Leistungen handelt (zum Beispiel die geistigen Leistungen eines Informatikers, wenn er eine Software programmiert).

Das Finanzamt hat in dem geschilderten Fall übrigens die Einnahmen geschätzt, indem es die Einzahlungseingänge auf dem Bankkonto verdoppelt hat. Der Pokerspieler hatte nämlich in den Streitjahren keine Buchführung über seine Einnahmen geführt. Da er auch beim Livepoker und Blackjack Einnahmen erzielt hat, konnte das Finanzamt nicht ausschließen, dass er einen Teil der Einnahmen nicht anderweitig ausgegeben hat, ohne sie auf das Bankkonto einzuzahlen.

Hinzu kamen die Gewinnsummen aus Turnieren, die im Internet veröffentlicht waren.

Das Finanzamt ist dabei grundsätzlich berechtigt, die Einnahmen zu schätzen, wenn ein Gewerbetreibender gegen seine Buchführungspflicht verstößt. Die Beweislast für die Unrichtigkeit der Schätzung des Finanzamtes liegt dann grundsätzlich bei dem Gewerbetreibenden.

Wann Umsatzsteuer auf den Pokergewinn anfallen soll:

Ob Umsatzsteuer auf Pokereinnahmen anfällt, hängt also ganz entscheidend von dem Merkmal eines Gewerbebetriebs ab. (Für sehr detaillierte Ausführungen, wann Poker als Gewerbe qualifiziert wird, sei nochmals auf diesen Blog verwiesen: Poker und Einkommenssteuer).

Steuerrechtlich liegt eine gewerbliche Tätigkeit vor, wenn:

  • es sich um eine selbständige nachhaltige Betätigung handelt, die mit der Absicht ausgeübt wird, Gewinn zu erzielen und sich dabei als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt.

Für die steuerrechtliche Qualifizierung einer gewerblichen Tätigkeit kommt es nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs übrigens nicht mehr darauf an, ob es sich beim gewerblichen Poker um ein Glücks- oder Geschicklichkeitsspiel handelt. Diese, in der Vergangenheit hauptsächlich diskutierte Frage, ist für die steuerrechtliche Beurteilung unerheblich!

Beachtet werden muss darüber hinaus, dass es unerheblich ist, ob der gewerbliche Pokerspieler im gesamten Steuerjahr einen Gewinn oder sogar Verlust erzielt hat. Auch ein unprofitabler Bäcker muss für seine verkauften Brötchen Umsatzsteuer abführen, selbst, wenn er am Jahresende mit seiner Bäckerei einen Verlust verursacht hat.

Einschätzung, Auswirkung und Rechtstipp:

Das Urteil des Finanzgerichts Münster ist noch nicht rechtskräftig. Aber bei konsequenter Anwendung der aktuellen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs spricht vieles dafür, dass gewerbliche Pokereinnahmen auch der Umsatzsteuer unterliegen könnten.

Eine wesentliche Rechtsfrage wird aber auch sein, wo die Leistung im steuerrechtlichen Sinne ausgeführt wird. Denn insbesondere beim Online-Poker und auch bei den meisten großen Livepokerturniere findet der Leistungsaustausch im wesentlich auch im Ausland statt. Hierfür eine entsprechende Rechnung zu erhalten, ist beim Pokern faktisch nahezu unmöglich. Alle relevanten und hoch frequentierten Pokerräume und Pokeranbieter haben ihren Sitz in Steueroasen (Malta, Gibraltar oder Isle of Man).

Die vormals unklare Rechtslage entlastet gewerbliche Pokerspieler leider nicht. Denn gerade bei einer unklaren Rechtslage kann sich der Besteuerte nicht auf Unkenntnis berufen. Vielmehr obliegt es ihm selbst, frühzeitig für alle Eventualitäten Rechnung zu tragen. Das bedeutet für die Praxis: entsprechende Buchführung zu unterhalten und Nachweise zu dokumentieren, die seine Rechtsauffassung und Ausführungen bekräftigen können. Steuerbescheide können auch noch Jahre nach den Gewinnereignissen ergehen, in der Regel sieben bis zu 13 Jahre danach.

Grundsätzlich müssten bei einer konsequenten Fortführung der bisherigen Rechtsprechung aber auch Verluste steuerrechtlich geltend gemacht werden können. Bisher haben sich die Finanzämter auch nur Pokerspieler herausgepickt, die scheinbar sehr profitabel spielen. Trotzdem müsste auch derjenige, der Poker gewerblich, aber verlustträchtig betreibt, seine Verluste einkommenssteuerrechtlich mindert geltend machen dürfen.

Aufgrund der noch nicht vollständigen Rechtsklarheit und den steuerrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten sollten betroffene Pokerspieler die Festsetzung des Finanzamt anfechten und eine Aussetzung der Vollziehung beantragen. Hierdurch kann das Vorliegen einer gewerblichen Tätigkeit unter Umständen widerlegt werden; zumindest aber die tatsächliche Steuerlast wesentlich gemindert werden.

Zusammenfassung:

  • Der Bundesfinanzhof hat bereits entschieden, dass Pokergewinne der Einkommenssteuer unterliegen, wenn das Pokern gewerblich betrieben wird.
  • Von der Einkommenssteuer ist die Umsatzsteuer beim gewerblichen Pokern zu unterscheiden.
  • Das Finanzgericht Münster hat entschieden, dass sogar schon die Pokereinnahmen der Umsatzsteuer unterliegen, wenn es sich um gewerbliche Einnahmen handelt.
  • Die gesamten Einnahmen (Preisgelder, Cash-Game, Werbetätigkeit) müssten dann bereits jeweils mit der Umsatzsteuer versteuert werden, unabhängig davon, ob der Pokerspieler im gesamten Veranlagungszeitraum schlussendlich überhaupt Gewinn oder Verlust erzielt hat.
  • Der Grund liegt darin, dass alle Leistungen (das Pokerspielen) der Umsatzsteuer unterliegen, die ein Gewerbetreibender (professioneller Pokerspieler) gegen Entgelt (Preisgelder) ausführt. Dabei ist es steuerrechtlich unerheblich, ob Poker als Glücks- oder Geschicklichkeitsspiel qualifiziert wird.
  • Die am Markt angebotene Leistung des professionellen Pokerspielers liegt nicht in Gütern, sondern in einer geistigen, also sonstigen Leistung (ähnlich einem Informatiker, der eine Software für den Kunden programmiert).
  • Jede Pokereinnahme unterliegt dann der Umsatzsteuer, als Vergütung für eine gewerbliche Leistung.
  • Entscheidend kommt es aber, genau wie für die Einkommenssteuer darauf an, ob es sich um eine gewerbliche Tätigkeit handelt oder nur um steuerfreie Gewinne aus einer Freizeitbeschäftigung.
  • Gewerbliche Pokerspieler sollten deshalb frühzeitig für eine angemessene Buchführung sorgen, um einer, in der Regel nachteiligen Schätzung durch das Finanzamt zu entgehen. Denn die Festsetzung kann auch noch zwischen, in der Regel sieben, bis zu 13 Jahre nach dem Gewinnereignis ergehen.
  • Steuerbescheide sollten derzeit angefochten und die Aussetzung der Vollziehung beantragt werden, um der steuerrechtlichen Veranlagung vollständig zu entgehen oder zumindest die anfallende Steuerlast wesentlich zu mindern.

Hilfe bei steuerrechtlichen Fragen:

Wenn Sie als Pokerspieler steuerrechtlichen Beratungsbedarf oder bereits Post von den Finanzbehörden erhalten haben, dann beraten wir Sie gerne. Unsere zivil- und steuerrechtlich spezialisierte Kanzlei vertritt Sie auch gegenüber dem Finanzamt und dem Finanzgericht. In vielen Fällen lohnt sich ein Widerspruchs- oder Klageverfahren für Sie.

Dr. Patrizia Antoni hat den Fachanwalt für Steuerrecht  und den Fachanwalt für Arbeitsrecht. Sie berät Sie in allen steuerrechtlichen und zivilrechtlichen Fragen gerne. Vereinbaren Sie einen Termin in den Büros der Kanzlei AHS Rechtsanwälte in Köln oder Bonn.

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