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Unpünktlichkeit am Arbeitsplatz

Ein Klassiker einer verhaltensbedingten Kündigung ist die Kündigung wegen Unpünktlichkeit am Arbeitsplatz.

Häufiges Zuspätkommen kann den betrieblichen Organisationsablauf erheblich stören. Insbesondere in Kleinbetrieben oder bei Arbeitsstellen mit festen Öffnungszeiten oder Publikumsverkehr sowie im Logistikbereich macht sich der abwesende Mitarbeiter schnell bemerkbar. Unter Umständen leidet sogar die Arbeitsmoral der anderen Mitarbeiter unter einem notorischen Zuspätkommer.

Wann und wie darf der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis wegen Unpünktlichkeit kündigen? Was muss vor der Kündigung beachtet werden und welche Rolle spielt dabei die Abmahnung?

Grundsätzliches:

Das pünktliche Erscheinen am Arbeitsplatz und das Einhalten der vereinbarten Arbeitszeiten ist eine Nebenpflicht aus dem Arbeitsvertrag. Unpünktlichkeit ist deshalb eine Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten und kann vom Arbeitgeber als Pflichtverletzung sanktioniert werden.

Dabei ist Pünktlichkeit ein Verhalten, das vom Arbeitnehmer beeinflussbar und selbst zu steuern ist. In Härtefällen kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer deshalb wegen der Unpünktlichkeit verhaltensbedingt kündigen.

Wann darf wegen Unpünktlichkeit gekündigt werden:

Zunächst muss die Unpünktlichkeit dem Arbeitnehmer zuzurechnen sein. Das bedeutet, dass ihn die Schuld an der Verspätung mindestens fahrlässig trifft.

Hierzu ein paar Beispiele:

Wenn der Arbeitnehmer in einen Unfall verwickelt ist oder auf dem Weg zur Arbeit Erste-Hilfe leisten muss, dann kann er in der Regel nichts für die Verspätung und diese ist deshalb unverschuldet.

Den Arbeitnehmer trifft auf den Weg zur Arbeit jedoch das sogenannte Wegerisiko. Das bedeutet zum Beispiel, dass Unpünktlichkeit wegen Stau oder eines defekten Fahrzeugs dem Arbeitnehmer regelmäßig selbst zugerechnet wird.

Bei einem angekündigten Streik der öffentlichen Verkehrsbetriebe muss der Arbeitnehmer beispielsweise frühzeitig zumutbare Maßnahmen ergreifen, um pünktlich zur Arbeit zu erscheinen. Gleiches gilt im Winter bei schlechter Witterung, wie beispielsweise Schneefall.

Der Arbeitgeber kann seinen Arbeitnehmer aber nicht ohne weiteres kündigen, selbst wenn der Arbeitnehmer die Unpünktlichkeit selbst verschuldet hat.

Abmahnung vor der Kündigung wegen Unpünktlichkeit:

Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund von Unpünktlichkeit stellt eine verhaltensbedingte Kündigung dar. Wegen der schweren Folgen für den Arbeitnehmer, muss der Arbeitgeber jedoch zunächst grundsätzlich abmahnen, bevor er verhaltensbedingt kündigen darf. Weil Unpünktlichkeit in der Regel kein schwerwiegender Verstoß ist, der sofort zur Kündigung berechtigt, gilt dieser Grundsatz umso mehr.

Deshalb vorweg das Wichtigste zur Abmahnung vor der verhaltensbedingten Kündigung. (Lesen Sie hierzu auch den Beitrag zur Abmahnung im Arbeitsrecht.)

Die Abmahnung ist regelmäßig die Vorstufe einer verhaltensbedingten Kündigung.

Sie stellt bei weniger schweren Fällen nämlich das mildere Mittel dar und soll den Mitarbeiter warnen. Sie hat dabei die Funktion eines Schusses vor den Bug oder einer gelben Karte. Sie zeigt dem Mitarbeiter die angedrohten Konsequenzen auf, die ihm drohen, wenn er sein Verhalten nicht ändert.

Wann jedoch wegen Unpünktlichkeit abgemahnt werden kann, hängt immer vom Einzelfall ab.

Es erscheint unverhältnismäßig, einen Mitarbeiter, der 20 Jahre tadellos im Betrieb beschäftigt ist, wegen einmaligen Zuspätkommens sofort eine Abmahnung auszustellen. Häuft sich die Unpünktlichkeit jedoch, oder ist der betriebliche Ablauf erheblich gestört, kann abgemahnt werden.

Hierbei sollten immer die genauen Daten wie Tag, Dauer und Anzahl der Verspätungen detailliert in der Abmahnung dokumentiert werden. Weiterhin ist für den Fall einer Wiederholung des Verstoßes die Kündigung anzudrohen.

Im Wiederholungsfall kann dann die Kündigung ausgesprochen werden. Je nach Einzelfall schon beim nächsten unpünktlichen Erscheinen des Arbeitnehmers.

Kündigung wegen Unpünktlichkeit:

Eine Ausnahme von der Pflicht zur vorherigen Abmahnung gibt es bei verhaltensbedingten Kündigungen normalerweise nur bei einem schweren Fehlverhalten im Vertrauensbereich, also z.B. bei Diebstahl oder Betrug im Arbeitsverhältnis. Das kann auch der Arbeitszeitbetrug sein, wenn der Mitarbeiter zum Beispiel die Stechuhr manipuliert oder Pausenzeiten bewusst falsch notiert, um Unpünktlichkeiten zu vertuschen.

In solch gravierenden Fällen muss in der Regel vor der Kündigung nicht mehr abgemahnt werden.

Bei der Kündigung wegen Unpünktlichkeit kommt es immer auch auf die Dauer und die Häufigkeit der Verspätungen an. Wenn der Mitarbeiter in der Vergangenheit schon wegen seiner Unpünktlichkeit abgemahnt wurde, dann kann er im Wiederholungsfall gekündigt werden. Wie viele Abmahnungen vor der Kündigung erforderlich sind, hängt immer vom Einzelfall ab.

Hierbei kommt es auch darauf an, wie viel Zeit seit der letzten Abmahnung verstrichen ist. Hat der Arbeitnehmer vor fünf Jahren eine Abmahnung wegen Unpünktlichkeit erhalten und ist anschließend immer pünktlich zur Arbeit erschienen, dann ist die Rüge- und Warnfunktion der damaligen Abmahnung nicht mehr gegeben. In diesem Fall wäre (mindestens) eine erneute Abmahnung vor der verhaltensbedingten Kündigung Voraussetzung.

Beispielsfälle einer Kündigung wegen Unpünktlichkeit:

Ein Beispiel für eine gerechtfertigte Abmahnung und anschließende Kündigung ist der folgende Fall:

Mitarbeiter A ist seit 8 Monaten als Kassierer in einer kleinen Supermarktfiliale beschäftigt. A ist in der Vergangenheit bereits häufiger wegen Unpünktlichkeit aufgefallen. Innerhalb von einem Monat erhält er nun zwei Abmahnungen, weil er jeweils über eine Stunde ohne wichtigen Grund zu spät zur Arbeit erschienen ist. Die Kasse des Mitarbeiters im Supermarkt bleibt in solchen Fällen unbesetzt und an der anderen Kasse bilden sich lange Warteschlangen. Der Arbeitgeber weist den Mitarbeiter in beiden Abmahnungen auf sein Fehlverhalten hin. Er benennt die jeweiligen Verstöße in den Abmahnungen und mahnt aufgrund der Öffnungszeiten des Supermarktes zur absoluten Pünktlichkeit. Sollte der Mitarbeiter A seine Unpünktlichkeit nicht abstellen, dann droht der Arbeitgeber mit der Kündigung. Nur  zwei Wochen später erscheint Mitarbeiter A erneut 90 Minuten zu spät zur Arbeit. Hier kann der Arbeitgeber aufgrund der wiederholten Unpünktlichkeit und den Umständen des Einzelfalls verhaltensbedingt kündigen.

Wie das folgende Beispiel zeigt, gibt es aber auch Einzelfälle, in denen ohne vorherige Abmahnung aufgrund von Unpünktlichkeit gekündigt werden kann:

Der Arbeitgeber kündigt den Arbeitnehmer wegen Unpünktlichkeit ohne zuvor abgemahnt zu haben. Er verliert wegen der fehlenden Abmahnung den Kündigungsschutzprozess. Unmittelbar darauf erscheint der Mitarbeiter wieder unpünktlich zur Arbeit. Der Arbeitgeber kündigt wieder ohne vorherige Abmahnung. In diesem Fall war die Kündigung rechtmäßig. Der Prozess ersetzt in diesem Fall die Abmahnung und führt dem Mitarbeiter sein Fehlverhalten und die drohenden Konsequenzen vor Augen.

Zusammenfassung:

Zusammenfassend muss bei der verhaltensbedingten Kündigung wegen Unpünktlichkeit also Folgendes beachtet werden:

- Die Unpünktlichkeit muss möglichst detailliert abgemahnt werden (Rüge- und Dokumentationsfunktion der Abmahnung).

- In der Abmahnung muss die Kündigung als arbeitsrechtliche Konsequenz angedroht werden (Warnfunktion der Abmahnung).

- Im Wiederholungsfall kann dann abhängig von der Schwere und Intensität der Unpünktlichkeit die Kündigung ausgesprochen werden.

- Hierbei muss abhängig vom Einzelfall beachtet werden, wie häufig bereits in der Vergangenheit wegen Unpünktlichkeit abgemahnt wurde und welcher Zeitraum seit dem verstrichen ist.

Hilfestellung bei arbeitsrechtlichen Fragen wie Unpünktlichkeit am Arbeitsplatz:

Unpünktlichkeit am Arbeitsplatz stört das Arbeitsverhältnis und kann sowohl für den Arbeitnehmer, als auch für den Arbeitgeber schwerwiegende Konsequenzen haben. Deshalb ist fachlicher Rat im Streitfall unerlässlich. Dr. Patrizia Antoni ist Fachanwältin für Arbeitsrecht und berät sie bei allen arbeitsrechtlichen Fragestellungen gerne. Vereinbaren Sie einen Termin in den Büros der Kanzlei AHS Rechtsanwälte in Köln oder Bonn.

Beitrag veröffentlicht am
11. September 2014

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