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Urlaubsanspruch von Arbeitnehmern

Der Urlaubsanspruch und seine Besonderheiten. Jeder Arbeitnehmer in Deutschland hat einen gesetzlichen Mindestanspruch auf Erholungsurlaub. Neben dem gesetzlichen Anspruch können auch vertragliche Regelungen aus einem Arbeitsvertrag, einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung einschlägig sein. Der folgende Beitrag erläutert schwerpunktmäßig den gesetzlichen Urlaubsanspruch aus dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG).

Im folgenden Beitrag zum Urlaubsanspruch werden die grundsätzlichen Regelungen aufgezeigt und auf Besonderheiten eingegangen, die sich zum Beispiel während der Wartezeit ergeben können. Weiterhin ergeben sich Besonderheiten, wenn das Arbeitsverhältnis im laufenden Monat begonnen oder beendet wird bzw. bei einer Kündigung, ohne die Möglichkeit den entstanden Urlaubsanspruch noch zu verwirklichen.

Grundsätzliches:

Zunächst hat jeder Arbeitnehmer in Deutschland einen gesetzlichen Mindestanspruch auf Erholungsurlaub. Dies ergibt sich aus dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Wenn der Arbeitsvertrag, eine Betriebsvereinbarung oder ein Tarifvertrag ebenfalls Regelungen zum Urlaubsanspruch enthält, dann sind diese Regelungen normalerweise vorrangig. Diese Regelungen dürfen aber nicht ungünstiger sein, als die Regelungen aus dem BUrlG, denn das BUrlG gewährt einen gesetzlichen Mindestanspruch auf Erholungsurlaub, der nicht unterschritten oder ausgeschlossen werden darf.

Bei mehreren Regelungen zum Urlaubsanspruch, beispielsweise, weil sowohl der Arbeitsvertrag, als auch ein Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis anwendbar ist, gilt regelmäßig der Urlaubsanspruch, der für den Arbeitnehmer am günstigsten ist. (Siehe hierzu detailliert die Normenkollision im Arbeitsrecht bei mehreren Anspruchsgrundlagen.)

Anspruch auf Erholungsurlaub haben alle Arbeitnehmer, Auszubildende und auch arbeitnehmerähnliche Personen (zum Beispiel Heimarbeiter). (Siehe hierzu auch den Beitrag zur Arbeitnehmereigenschaft im Arbeitsrecht.)

Umfang des Urlaubsanspruchs:

Der gesetzliche Mindesturlaub nach § 3 BUrlG beträgt jährlich mindestens 24 Werktage. Weil Werktage alle Tage sind, die kein Sonntag oder Feiertag sind, beträgt der gesetzliche Mindesturlaub bei einer 6-Tagewoche also insgesamt vier Wochen. Bei einer Fünftagewoche beträgt der gesetzliche Mindesturlaub zwar anteilig nur 20 Urlaubstage,  aber auch hier kommen dann insgesamt vier Wochen Mindesturlaub zusammen. Auch Mitarbeiter die in Teilzeit arbeiten, haben immer einen Mindestanspruch von vier Wochen Urlaub. (Bei einer Dreitagewoche  mit drei Arbeitstagen also 12 Urlaubstage, die insgesamt vier Wochen ergeben; denn 12 Urlaubstage geteilt durch 3 Arbeitstage pro Woche ergeben = 4 Wochen).

Wie bereits angeführt, sind andere vertragliche Regelungen zum Urlaubsanspruch in der Regel vorrangig (Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarungen). Die meisten vertraglichen Vereinbarungen enthalten nämlich sogar einen Urlaubsanspruch von fünf oder sogar sechs Wochen bezahlten Urlaub.

Besondere Beschäftigungsgruppen haben einen erhöhten Urlaubsanspruch.

Sonderregelungen für Jugendliche und Schwerbehinderte:

Beim Urlaubsanspruch von Jugendlichen und Schwerbehinderten gibt es Sonderregelungen in Spezialgesetzen. Hierdurch erhöht sich der Umfang des Urlaubsanspruchs.

Bei Jugendlichen beträgt die Anzahl der Urlaubstage nach § 19 Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) abhängig vom Alter,

wenn der Jugendliche zu Beginn des Kalenderjahres

  • noch keine 16 Jahre alt ist, mindestens fünf Wochen
  • noch keine 17 Jahre alt ist, mindestens 4,5 Wochen
  • noch keine 18 Jahre alt ist, mindestens 4,16 Wochen (also 25 Urlaubstage bei einer 6-Tagewoche und 21 Urlaubstage bei einer Fünftagewoche).

Falls der Urlaub bei Berufsschülern (Auszubildenden) außerhalb der Berufsschulferien gewährt wird und während des Urlaubs die Berufsschule besucht wird, dann erhält der Berufsschüler einen zusätzlichen Urlaubstag für jeden Tag, an dem die Berufsschule besucht wurde.

Schwerbehinderte haben nach § 125 des neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) einen Anspruch auf eine Woche Mehrurlaub zusätzlich zum gesetzlichen Mindesturlaub.

Wartezeit zum vollen Urlaubsanspruch:

Der volle Urlaubsanspruch entsteht nach dem BUrlG erst nach einer Wartezeit von sechs Monaten. Das bedeutet, dass der Arbeitnehmer erst nach dieser Wartezeit, einen rechtlichen Anspruch darauf hat, seinen vollen Jahresurlaub zu nehmen. Dieser beträgt, wie oben aufgezeigt, vier Wochen pro Jahr. Nach § 5 BUrlG entsteht aber bereits während der Wartezeit ein Anspruch auf Teilurlaub.

Der Teilurlaub beträgt für jeden vollen Monat, in dem das Arbeitsverhältnis besteht, anteilig ein Zwölftes des Jahresurlaubs. Ist der Arbeitnehmer also seit vier Monaten im Betrieb beschäftigt, hat er bereits einen Urlaubsanspruch von 4/12 des Jahresurlaubs erarbeitet. Dies wären bei einer Fünftagewoche und vier Wochen bzw. 20 Tage Mindesturlaub insgesamt 6,67 Urlaubstage. Weil gemäß § 5 Abs. 2 BUrlG Bruchteile von Urlaubstagen aufgerundet werden, beträgt der gesamte Urlaubsanspruch nach den vier Monaten Wartezeit 7 Urlaubstage.

Die Regelung zum Teilurlaub gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer die Wartezeit erfüllt hat und in der ersten Jahreshälfte aus dem Unternehmen ausscheidet.

  • Beispiel: Mitarbeiter A ist vom 01.10.2014 bis 01.05.2015 bei Arbeitgeber B beschäftigt. Aufgrund der Beschäftigungsdauer hat er die Wartezeit erfüllt und deshalb grundsätzlich bereits Anspruch auf seinen vollen Jahresurlaub. Wegen der Regelung aus § 5 Abs. 1 lit. c BUrlG hat er wegen seinem Ausscheiden in der ersten Jahreshälfte aber nur einen anteiligen Urlaubsanspruch von 4/12 (vier volle Beschäftigungsmonate in 2015) für das Kalenderjahr 2015 gesammelt bzw. insgesamt 7/12, wenn man die drei Monate aus dem Jahr 2014 hinzurechnet.

Ausscheiden während der Wartezeit:

Wenn der Arbeitnehmer noch während der Wartezeit aus dem Beschäftigungsverhältnis ausscheidet, dann hat er einen Urlaubsanspruch von 1/12 des gesetzlichen Mindesturlaubs für jeden vollen Beschäftigungsmonat gesammelt.

Wenn das Arbeitsverhältnis zum Beispiel am 1. August beginnt und am 20. September endet, dann hat der Arbeitnehmer bei einer Fünftagewoche insgesamt zwei Urlaubstage erarbeitet. (20 Tage gesetzlicher Mindesturlaub bei einer Fünftagewoche und nur einen vollen Beschäftigungsmonat (August) ergibt ein Zwölftel von 20 = 1,67 Urlaubstage. Diese werden wegen § 5 Abs. 2 BUrlG auf zwei Urlaubstage aufgerundet.

Ausschluß von Doppelansprüchen:

Nimmt der Arbeitnehmer seinen vollen Jahresurlaub nach Erfüllen der Wartezeit; beispielsweise die vollen vier Wochen nach 8 Monate Beschäftigungsdauer, dann hat er anschließend bei einem neuen Arbeitgeber keinen Anspruch auf gesetzlichen Urlaub.

  • Beispiel: Arbeitnehmer A ist vom 01.01. bis 31.07 bei Arbeitnehmer B beschäftigt. Nachdem er die Wartezeit von 6 Monaten erfüllt hat, nimmt er im Juli seinen gesamten Jahresurlaub von vier Wochen. Am 01.08 scheidet er aus dem Unternehmen aus und arbeitet dann vom 01.09 bis ins neue Jahr hinein bei Arbeitgeber B. In diesem Fall hat der Arbeitnehmer beim neuen Arbeitgeber keinen gesetzlichen Urlaubsanspruch auf Teilurlaub gesammelt. Das ergibt sich durch den Ausschluß von Doppelansprüchen aus § 6 BUrlG.

Etwas anderes kann sich unter Umständen daraus ergeben, dass der Arbeitnehmer beim alten Arbeitgeber nur den gesetzlichen Mindestanspruch von vier Wochen Jahresurlaub hat, aber beim neuen Arbeitgeber einen erhöhten Urlaubsanspruch von fünf oder sechs Wochen aus seinem neuen Arbeitsvertrag oder einem Tarifvertrag.

Weitere Besonderheiten zum Urlaubsanspruch:

Wenn der Urlaub nicht mehr genommen werden kann, beispielsweise wegen fristloser Kündigung oder Langzeiterkrankung, dann besteht unter Umständen ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung. (Lesen Sie deshalb auch, wie lange Resturlaub gültig ist, bevor der verfällt.)

Bei unregelmäßigen Arbeitszeiten kommt es auf die durchschnittlich Anzahl an Arbeitstagen pro Woche an. Es kommt also nicht auf die durchschnittliche Arbeitszeit in Stunden an!

Arbeitnehmer müssen immer beachten, dass der Urlaub vom Arbeitgeber genehmigt werden muss. Deshalb kann es unter Umständen auch sein, dass der, vom Arbeitnehmer gewünschte Urlaubszeitraum nicht verfügbar ist. Lesen Sie deshalb unbedingt, welche Recht Arbeitnehmer bei der Urlaubsplanung haben, zum Beispiel, wenn der Arbeitgeber beantragten Urlaub ablehnt oder bereits genehmigten Urlaub widerrufen möchte. Außerdem sollten Arbeitnehmer beachten, dass sie während des Erholungsurlaubs nicht anderweitig erwerbstätig sind, vgl. § 8 BUrlG.

Zusammenfassung:

  • Jeder Arbeitnehmer in Deutschland hat Anspruch auf gesetzlichen Mindesturlaub nach dem BUrlG.
  • Vertragliche Regelungen (Arbeitsvertrag, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung etc.) sind aber in der Regel vorrangig vor den gesetzlichen Regelungen aus dem BUrlG.
  • Der gesetzliche Mindesturlaub beträgt mindestens vier Wochen. Dieser darf auch nicht vertraglich verringert oder ausgeschlossen werden.
  • Jugendliche haben einen Anspruch auf Mehrurlaub, der abhängig vom Alter ist.
  • Schwerbehinderte haben einen Anspruch auf eine Woche Mehrurlaub pro Kalenderjahr.
  • Der Anspruch auf den vollen Jahresurlaub entsteht nach einer Wartezeit von vier Wochen.
  • Vorher entsteht aber ein anteiliger Anspruch auf Urlaub in Höhe von 1/12 des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat, in dem das Beschäftigungsverhältnis besteht. Das gilt auch dann, wenn das Beschäftigungsverhältnis während der Wartezeit beendet wird.
  • Doppelansprüche gegen einen neuen Arbeitgeber sind ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer im laufenden Kalenderjahr bereits seinen gesamten Jahresurlaub beim alten Arbeitgeber genommen hat.
  • Weitere Besonderheiten können sich bei der Urlaubsplanung, einer Urlaubsabgeltung, einer Erwerbstätigkeit während des Urlaubs oder bei einer unregelmäßigen Arbeitszeitverteilung ergeben.

Hilfe bei arbeitsrechtlichen Fragen:

Wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber sich über die Dauer oder Lage des Urlaubs streiten, ist diplomatisches Geschick regelmäßig wichtiger, als fachlich fundierter Rat. Trotzdem enden Streitigkeiten zum Urlaubsanspruch häufig vor den Arbeitsgerichten. Insbesondere dann, wenn es um eine Urlaubsabgeltung, Resturlaub bei einer Langzeiterkrankung bzw. Kündigung oder einer Erwerbstätigkeit während des Urlaubs geht. Wir helfen Ihnen sowohl im Vorfeld, als auch bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung vor dem Arbeitsgericht.

Dr. Patrizia Antoni hat den Fachanwalt für Arbeitsrecht und den Fachanwalt für Steuerrecht. Sie berät Sie in allen arbeitsrechtlichen und steuerrechtlichen Fragen gerne. Vereinbaren Sie einen Termin in den Büros der Kanzlei AHS Rechtsanwälte in Köln oder Bonn.

Beitrag veröffentlicht am
3. August 2015

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