Sofortkontakt zur Kanzlei
AHS Rechtsanwälte
Aktuelle News
 

Anspruch auf Fortbildung

Die Fortbildung oder Weiterbildung dient dazu, die beruflichen Fähigkeiten aufzufrischen, zu erweitern oder neuen Gegebenheiten anzupassen. Vielfach werden auch soziale Kompetenzen wie Verhandlungsgeschick oder Personalführung trainiert. Ob Arbeitnehmer einen Anspruch auf eine Fortbildung, die Übernahme der Fortbildungskosten und bezahlte Freistellung für die Fortbildungstage haben, richtet sich in der Regel nach den Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen. Außerdem haben eine Vielzahl von Bundesländern selbständige gesetzliche Regelungen zum Anspruch auf Fortbildungstage.

Grundsätzliches zur Fortbildung:

Der § 1 Absatz 4 Berufsbildungsgesetz (BBiG) definiert die berufliche Fortbildung als Möglichkeit, die berufliche Handlungsfähigkeit zu erhalten und anzupassen oder zu erweitern und beruflich aufzusteigen. Hiervon sind die Umschulungen abzugrenzen, die zu einer anderen beruflichen Tätigkeit befähigen soll.

Ein gesetzlicher Anspruch auf eine Fortbildung besteht für Arbeitnehmer grundsätzlich nicht. Der Arbeitgeber ist also nicht verpflichtet, die Kosten einer Fortbildung zu übernehmen. (Zum Anspruch auf Freistellung von der Arbeit, siehe unter Bildungsurlaub.) Weil gezielte Fortbildungen sowohl für den Arbeitnehmer, als auch den Arbeitgeber nützlich sind, finden sich jedoch häufig vertragliche Vereinbarungen, die sogar einen Anspruch auf Kostenübernahme der Fortbildung gewähren.

Rechtliche Grundlagen:

Zunächst kann im Arbeitsvertrag ein genereller Anspruch auf Fortbildung vereinbart werden. Beispielsweise eine bestimmte Anzahl an Fortbildungstagen, die der Arbeitgeber bezahlt und die der Arbeitnehmer aus einem bestimmten, vom Arbeitgeber festgesetzten Fortbildungspool auswählen darf. So hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit eine Fortbildung zu wählen, die ihn wirklich interessiert und die seinen Fähigkeiten entspricht. Der Arbeitgeber hat durch die Vorauswahl der angebotenen Schulungen die Sicherheit, dass auch nur solche Fähigkeiten geschult werden, die der Arbeitnehmer für seine betriebliche Tätigkeit beim Arbeitgeber benötigt.

Die wichtigste Anspruchsgrundlage für einen Anspruch auf Fortbildung findet sich jedoch für die meisten Arbeitnehmer in der Regel im Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung, sofern solche auf das Arbeitsverhältnis anwendbar sind. Deshalb sollten Arbeitnehmer diese Verträge nach einschlägigen Regelungen durchsuchen, wenn arbeitsvertragliche nichts vereinbart wurde.

Unter Umständen kann sogar ein Anspruch aus der im Arbeitsrecht anerkannten betrieblichen Übung entstehen, beispielsweise, wenn der Arbeitgeber seit Jahren einem abgrenzbaren Teil der Mitarbeiter Fortbildungen gewährt und bezahlt. Ob die Voraussetzungen für das Entstehen einer betrieblichen Übung vorliegen, kann am besten von einem Spezialisten für Arbeitsrecht eingeschätzt werden.

Weiterhin kommt es vor, dass der Arbeitgeber mit einem Mitarbeiter eine individuelle Vereinbarung über eine umfangreichere Fort- bzw. Weiterbildungsmaßnahme schließt.

Fortbildungsvertrag:

In einem Fortbildungsvertrag wird in der Regel umfassend festgelegt, welche Art der Schulung vom Arbeitnehmer absolviert wird, wie hoch die Kosten sind und welche Leistungen der Arbeitgeber darüber hinaus erbringt; beispielsweise bezahlte Freistellung von der Arbeit, Aufwendungsersatz für Reisen, Übernachtungen, Schulungsmaterialen etc.

Häufig wird auch ein Fortbildungsvertrag mit Rückerstattungsklausel vereinbart. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn der Arbeitgeber für die Fortbildung vergleichsweise hohe Kosten hat und den Arbeitnehmer für einen längeren Zeitraum bei Entgeltfortzahlung von der Arbeit freistellt. In diesem Fall besteht regelmäßig ein Interesse des Arbeitgebers daran, den Mitarbeiter auch einen längeren Zeitraum an den Betrieb zu binden, damit sich die Investition auch lohnt. Wenn der Arbeitnehmer dann in einem bestimmten Zeitraum nach der Fortbildung kündigt oder verhaltensbedingt nach einer Abmahnung gekündigt wird, dann muss er einen bestimmten Prozentsatz der vereinbarten Fortbildungskosten an den Arbeitgeber zurückzahlen. Hierbei sind aber bestimmte Voraussetzungen zu beachten, damit solch ein Fortbildungsvertrag eine AGB-Kontrolle übersteht und auch wirklich wirksam ist. Insbesondere kommt es für die Wirksamkeit auf die Bindungsdauer, die Art der Fortbildung und den Grund für das Ausscheiden des Mitarbeiters an.

Bildungsurlaub:

Unter Bildungsurlaub (Bildungsfreistellung) werden Fortbildungen verstanden, die der beruflichen oder politischen Fort- und Weiterbildung dienen. Hierbei hat jedes Bundesland eine eigene (oder sogar gar keine) gesetzliche Regelung.

Grundsätzlich besteht für Vollzeitkräfte (Teilzeit anteilig) ein Anspruch darauf, an fünf Tagen im Jahr, bzw zehn Tage in einem Zeitraum von zwei Jahren, bezahlte Freistellung von der Arbeit zu erhalten, wenn die Fortbildung eine anerkannte Bildungsveranstaltung zum Zwecke der beruflichen oder politischen Weiterbildung darstellt.

In Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern sind die Erstattungsansprüche der Lohnkosten teilweise gedeckelt. Für Nordrhein-Westfalen findet sich die gesetzliche Regelung im Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz.

Zusammenfassung:

  • Berufliche Fortbildung ist definiert als eine Möglichkeit, die berufliche Handlungsfähigkeit zu erhalten und anzupassen oder zu erweitern und beruflich aufzusteigen.
  • Ein allgemeiner gesetzlicher Anspruch auf eine Fortbildung und Übernahme der Kosten über den Arbeitgeber besteht nicht.
  • Häufig findet sich aber ein Anspruch auf Fortbildungen in Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder individuellen Abreden zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
  • Bei umfangreichen Fortbildungen bietet sich ein Fortbildungsvertrag an, der alle Einzelheiten inklusiver einer etwaigen Rückzahlungsverpflichtung enthält.
  • Damit eine Rückzahlungsklausel wirksam ist, müssen bestimmte Voraussetzungen beachtet werden.
  • Arbeitnehmer haben je nach Bundesland Anspruch auf Bildungsurlaub.
  • Bildungsurlaub gewährt den Arbeitnehmern in den meisten Bundesländern einen Anspruch auf fünf Tage bezahlte Freistellung von der Arbeit für Weiterbildungen im beruflichen oder politischen Bereich.

Hilfe bei arbeitsrechtlichen Fragen:

Wenn Arbeitnehmer sich gezielt fortbilden und die Fortbildung für die betriebliche Arbeit nützlich ist, profitieren Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen. Häufig wird jedoch nach Abschluss der Fortbildung um die Kosten gestritten, wenn der Arbeitnehmer den Betrieb frühzeitig verlässt. Aber auch, wenn man sich mit dem Betriebsrat nicht über eine Regelungen zu den betrieblichen Fortbildungen einigen kann, droht Streit. Wir beraten Sie in allen Fragen rund um das Arbeitsrecht gerne.

Dr. Patrizia Antoni hat den Fachanwalt für Arbeitsrecht und den Fachanwalt für Steuerrecht. Vereinbaren Sie einen Termin in unseren Büros der Kanzlei AHS Rechtsanwälte in Köln oder Bonn.

Beitrag veröffentlicht am
18. Mai 2015

Diesen Beitrag teilen

Diese Fachbeiträge könnten Sie auch interessieren: