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Die Zahlungsverjährung im Steuerrecht

Ansprüche unterliegen der Verjährung und können nach Ablauf der Verjährungsfrist nicht mehr erfolgreich durchgesetzt werden.

Im Steuerrecht gelten andere Verjährungsfristen als im bürgerliche Recht.

Wann Zahlungs- und Erstattungsansprüche im Steuerrecht verjähren und wann die Zahlungsverjährung gehemmt oder sogar neu zu laufen beginnt, erklären wir in diesem Beitrag zum Steuerrecht.

Außerdem erklären wir den Unterschied zwischen der Festsetzungsverjährung und der Zahlungsverjährung.

Zahlungsverjährung im Steuerrecht:

Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis unterliegen der Verjährung. Wenn die Verjährungsfrist abgelaufen ist, muss der Anspruch nicht mehr gezahlt werden, da er erloschen ist, vgl. § 47 der Abgabenordnung (AO).

Dies gilt für beide Seiten: die Finanzbehörde, die dem Steuerpflichtigen unter Umständen Steuern erstatten muss sowie dem Steuerpflichtigen, der Steuern an die Finanzbehörde bezahlen muss.

Selbst durch die Finanzbehörde zu viel erstattete Steuern muss der Empfänger nach Ablauf der Zahlungsverjährung nicht zurückzahlen, wenn sich das Finanzamt bei der Bearbeitung der Einkommenssteuererklärung irrt und anstatt richtigerweise 336,-€ Erstattung eine Steuerrückzahlung von 70.995,-€ berechnet und auszahlt. (Siehe Bundesfinanzhof Urteil vom 25.10.2011, VII R 55/10.)

Dies soll der Rechtssicherheit dienen, damit der jeweils Steuerpflichtige irgendwann Rechtsklarheit über seine Zahlungsverpflichtungen hat.

Die Zahlungsverjährung im Steuerrecht beträgt grundsätzlich fünf Jahre, siehe § 228 AO.

Die Zahlungsverjährung beginnt gemäß § 229 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch erstmals fällig geworden ist. Wenn eine Steuerschuld also am 30.04.2016 fällig ist, beginnt die fünfjährige Verjährungsfrist erst am 01.01.2017 zu laufen. Sie endet somit in der Regel am Ende des fünften Kalenderjahres nach Fälligkeit.

Wann eine Steuerschuld fällig wird, richtet sich nach den einschlägigen Steuergesetzen (beispielsweise Umsatzsteuergesetz oder Einkommenssteuergesetz), vgl. § 220 AO.

Wenn keine gesetzliche Fälligkeitsregelung zu bestimmten Terminen besteht, beginnt die Fälligkeit mit der bekanntgemachten Festsetzung des Zahlungsanspruchs (bei Veranlagungssteuern) bzw. mit Ablauf der Zahlungsfrist, falls ein Leistungsgebot eine bestimmte Zahlungsfrist nennt.

Bei Erstattungsansprüchen, die keiner Festsetzung bedürfen, beginnt die Fälligkeit mit dem Entstehen des Anspruchs.

Unterschied Zahlungsverjährung und Festsetzungsverjährung:

Die Festsetzungsverjährung ist von der Zahlungsverjährung zu unterscheiden.

Die Festsetzung betrifft den Erlass, die Änderung oder Aufhebung eines Steuerbescheids.

Die Festsetzung ist somit Voraussetzung für die Fälligkeit der bereits abstrakt entstandenen Steuerschuld. Ist die Festsetzungsfrist abgelaufen, kann das Finanzamt einen Steuerbescheid grundsätzlich nicht mehr wirksam erlassen, ändern oder aufheben.

Tut sie dies doch, dann ist der Bescheid aber nur rechtswidrig und nicht nichtig! Erforderlich ist also das Einlegen eines Einspruchs gegen den Steuerbescheid – andernfalls kann auch der rechtswidrige Steuerbescheid bestandskräftig werden.

Die Festsetzungsfrist beträgt bei den meisten Steuern grundsätzlich vier Jahre, § 169 Abs. 2 AO.

Bei leichtfertiger Steuerverkürzung fünf, bei Steuerhinterziehung (§ 370 AO) zehn Jahre.

Sie beginnt bei Steuererklärungen oder Steueranmeldungen mit Ablauf des Jahres, in dem die Erklärung oder Anmeldung abgegeben wurde.

Die Zahlungsverjährung hingegen bezieht sich auf einen Steuerbescheid, der bereits festgesetzt wurde.

Hemmung der Zahlungsverjährung:

Nach § 230 AO ist die Verjährung gehemmt, solange der Anspruch wegen höherer Gewalt in den letzten sechs Monaten der Verjährungsfrist nicht verfolgt werden kann.

Somit kann die Hemmung höchstens sechs Monate dauern, da Hemmung ja erst in den letzten sechs Monaten der Verjährungsfrist entstehen kann. Sie kann aber auch innerhalb dieser sechs Monate kürzer sein, wenn Hemmung beispielsweise erst drei Monate vor Ablauf der Verjährungsfrist eintritt.

Die Hemmung bewirkt, dass die Verjährungsfrist um den Zeitraum der Hemmung (Ruhezeitraum) verlängert wird.

Von der Hemmung zu unterscheiden ist eine Unterbrechung der Zahlungsverjährung.

Unterbrechung der Zahlungsverjährung:

Durch die Unterbrechung der Zahlungsverjährung beginnt die Verjährungsfrist von neuem zu laufen.

Die neue Verjährungsfrist beginnt zu laufen, wenn das Kalenderjahr abgelaufen ist, in dem die Unterbrechung (s.u.) endet.

Der neue Fristlauf bezieht sich aber nur auf den Betrag, auf den sich die Unterbrechungshandlung bezieht.

Welche Unterbrechungshandlungen einen neuen Verjährungslauf bewirken, ist in § 231 Abs. 1 AO abschließend aufgezählt:

  • „Die Verjährung wird unterbrochen durch schriftliche Geltendmachung des Anspruchs, durch Zahlungsaufschub, durch Stundung, durch Aussetzung der Vollziehung, durch Aussetzung der Verpflichtung des Zollschuldners zur Abgabenentrichtung, durch Sicherheitsleistung, durch Vollstreckungsaufschub, durch eine Vollstreckungsmaßnahme, durch Anmeldung im Insolvenzverfahren, durch Aufnahme in einen Insolvenzplan oder einen gerichtlichen Schuldenbereinigungsplan, durch Einbeziehung in ein Verfahren, das die Restschuldbefreiung für den Schuldner zum Ziel hat, und durch Ermittlungen der Finanzbehörde nach dem Wohnsitz oder dem Aufenthaltsort des Zahlungspflichtigen. § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.“

Zur Fristwahrung der Unterbrechungshandlung genügt es, wenn die Unterbrechungshandlung (zum Beispiel eine Mahnung) den zuständigen Bereich der Finanzbehörde innerhalb der Frist verlassen hat und dem Empfänger alsbald (also grundsätzlich dann auch erst nach Fristablauf) tatsächlich zugeht.

Weil die Beweislast für den Zugang der entsprechenden Unterbrechungshandlung bei den Finanzbehörden liegt, wird in den Fällen, in denen die Frist in Kürze abläuft, zu Zwecken der Beweissicherung die förmliche Zustellung gewählt.

Auch eine mündliche Vereinbarung kann taugliche Unterbrechungshandlung sein; beispielsweise eine mündliche Vereinbarung zur Ratenzahlung der Steuerschuld (= Vollstreckungsaufschub = taugliche Unterbrechungshandlung, s.o.).

Zusammenfassung:

  • Ansprüche im Steuerrecht unterliegen der Verjährung.
  • Nach Ablauf der Zahlungsverjährung ist der Anspruch erloschen; das gilt auch für Erstattungsansprüche.
  • Die Zahlungsverjährung im Steuerrecht beträgt grundsätzlich fünf Jahre, siehe § 228 AO.
  • Die Zahlungsverjährung beginnt gemäß § 229 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch erstmals fällig geworden ist.
  • Von der Zahlungsverjährung ist die Festsetzungsverjährung zu unterscheiden. Ist die Festsetzungsfrist abgelaufen, kann das Finanzamt einen Steuerbescheid nicht mehr erlassen, ändern oder aufheben.
  • Nach § 230 AO ist die Verjährung gehemmt, solange der Anspruch wegen höherer Gewalt in den letzten sechs Monaten der Verjährungsfrist nicht verfolgt werden kann.
  • Durch die Unterbrechung der Zahlungsverjährung beginnt die Verjährungsfrist von neuem zu laufen.

Hilfe bei steuerrechtlichen Fragen:

Die rechtssichere Fristenberechnung ist juristisch anspruchsvoll, denn hierfür muss zutreffend der richtige Beginn der Frist bestimmt werden und Ereignisse qualifiziert werden, die sich auf den Fristverlauf auswirken können.

Die Verjährung von Ansprüchen kann den Steuerschuldner entweder viel Geld kosten oder bestenfalls sogar viel Geld einbringen. Deshalb freuen wir uns, wenn Sie uns Ihre steuerrechtlichen Angelegenheiten anvertrauen – wir vertreten Sie gegenüber den Finanzbehörden und im Falle eines Falles auch vor dem Finanzgericht. Sprechen Sie uns an.

Dr. Patrizia Antoni hat den Fachanwalt für Steuerrecht und den Fachanwalt für Arbeitsrecht. Sie berät Sie in allen steuerrechtlichen und arbeitsrechtlichen Fragen gerne. Vereinbaren Sie einen Termin in den Büros der Kanzlei AHS Rechtsanwälte in Köln oder Bonn.

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