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Auftraggeberhaftung über die Zahlung des Mindestlohns seiner Auftragnehmer (Subunternehmer)

Seit Januar 2015 gibt es in Deutschland den gesetzlichen Mindestlohn nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG). Hierüber berichteten wir bereits ausführlich in zwei Blogthemen und Frau Dr. Antoni gab dem WDR in der Sendung "Servicezeit" ein Interview.

In diesem Blog geht es um die Haftung des Auftragsgebers für seinen Subunternehmer bzw. Auftragnehmer. Konkreter: was passiert, wenn der Subunternehmer seinen Arbeitnehmern nicht den gesetzlichen Mindestlohn zahlt? Wer haftet dem Arbeitnehmer für den Lohnausfall und welche Voraussetzungen gelten für die Auftraggeberhaftung?

(Allgemeine Regelungen zum Verstoß gegen den Mindestlohn finden sie in der Verlinkung.)

Grundsätzliches zur Auftraggeberhaftung

Das Mindestlohngesetz (MiLoG) garantiert Arbeitnehmern flächendeckend einen Lohn von derzeit 8,50€ pro Zeitstunde. (Zu den Ausnahmen siehe hier.) Arbeitgeber, die den Mindestlohn rechtswidrig unterschreiten, haften ihren Arbeitnehmern auf Nachzahlung der ausstehenden Lohnsumme und Sozialversicherungsbeiträge. Darüber hinaus drohen gemäß § 21 I Nr. 9 MiLoG Bußgelder.

Über § 13 MiLoG in Verbindung mit § 14 Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) haften Unternehmer aber auch für ihre beauftragten Subunternehmer und sogar deren Subunternehmer (sogenannte Nachunternehmerkette). Das bedeutet beispielsweise, dass ein Unternehmer, der seinen eigenen Arbeitnehmern Löhne über den Mindestlohn zahlt, trotzdem haftet, wenn er Arbeiten von Fremdfirmen ausführen lässt, die ihren Arbeitnehmern selbst keinen Mindestlohn zahlen.

Solche Fälle finden sich häufig bei umfangreichen Bauprojekten und einem Generalunternehmer. Dieser beauftragt dann regelmäßig Subunternehmer, um einzelne Arbeitsschritte ausführen zu lassen, die er selbst nicht ausführen kann oder will. Ein Beispiel ist der Bauträger, der Fremdfirmen beim Bau einer neuer Immobilie beauftragt, wie etwa Elektroinstallateure, Gerüstbauunternehmen oder Putzfirmen. Zahlt nun einer der beauftragten Subunternehmer seinen Mitarbeitern nicht den vorgeschriebenen Mindestlohn, dann können diese Arbeitnehmer den Bauträger unmittelbar auf die ausstehenden Löhne verklagen, wenn die Voraussetzungen aus § 14 AEntG erfüllt sind.

Voraussetzungen für die Auftraggeberhaftung

§ 14 AEntG formuliert die Voraussetzungen wie folgt:
  • Ein Unternehmer, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen beauftragt, haftet für die Verpflichtungen dieses Unternehmers, eines Nachunternehmers oder eines von dem Unternehmer oder einem Nachunternehmer beauftragten Verleihers zur Zahlung des Mindestentgelts an Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerinnen oder zur Zahlung von Beiträgen an eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien nach § 8 wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat. Das Mindestentgelt im Sinne des Satzes 1 umfasst nur den Betrag, der nach Abzug der Steuern und der Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung oder entsprechender Aufwendungen zur sozialen Sicherung an Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerinnen auszuzahlen ist (Nettoentgelt).“

Entscheidende Voraussetzung ist hierbei, dass es sich um einen Unternehmer im Sinne der o.g. Vorschrift handelt. Das sind nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nur die Auftraggeber (zum Beispiel Generalunternehmer oder Bauträger), die bei Abschluss des Vertrags mit dem Auftragnehmer (zum Beispiel Subunternehmer bzw. Fremdfirmen) eine eigene vertragliche Verpflichtung gegenüber einem Dritten (zum Beispiel gegenüber dem Bauherrn) erfüllen.

Weiterhin ist möglich, dass der Auftraggeber zukünftige Arbeiten, die er typischerweise zu erfüllen hat, dauerhaft durch Fremdfirmen erledigen lässt. Beispielsweise ein Unternehmer, der Instandhaltungsarbeiten zukünftig durch einen externen Hausmeisterdienst erfüllen lässt. Der Auftraggeber erfüllt also seine eigenen Verpflichtungen durch einen beauftragten Auftragnehmer.

Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass nicht jeder, der Arbeiten von anderen erfüllen lässt, zwangsläufig über die Auftraggeberhaftung auf Zahlung des Mindestlohns verpflichtet ist.

Beispiele: ein Unternehmer lässt seine EDV-Anlage einmalig von einem Elektroinstallationsbetrieb auswechseln. Hierbei handelt es sich nur um den Eigenbedarf des Unternehmens und eben nicht um Verpflichtungen gegenüber Dritten.

Auch Privatpersonen haftet nicht auf den Mindestlohn, wenn beauftrage Handwerker gegenüber ihren Mitarbeitern gegen das Mindestlohngesetz verstoßen.

Umfang und Reichweite der Auftraggeberhaftung

Die Auftraggeberhaftung ist unabhängig von der eigenen Rechtsform des Unternehmens und sogar verschuldensunabhängig. Vorgeworfen wird dem Auftraggeber nämlich bereits, dass er seinen Auftragnehmer unsorgfältig ausgewählt hat. Dabei kann der Auftraggeber unmittelbar von den Arbeitnehmern des Auftragnehmers in Haftung genommen werden. Die Arbeitnehmer können sich also direkt an den Auftraggeber wenden und sind nicht verpflichtet, erst ihren eigenen Arbeitgeber zu verklagen. Hierbei ist der Auftraggeber aber zunächst nur auf Zahlung des entgangenen Nettolohns verpflichtet.

Die Haftung erstreckt sich bei Vorliegen der oben genannten Voraussetzungen aber auf die gesamte Nachunternehmerkette. Wenn der Generalunternehmer beispielsweise eine Fremdfirma mit der Ausführungen von Arbeiten beauftragt und diese wiederum ebenfalls eine Fremdfirma zur Ausführung dieser Arbeiten hinzuzieht, dann haftet der Generalunternehmer sogar für den letzten Subunternehmer, mit dem er selbst überhaupt keine Vertragsbeziehung hat.

Nicht vollständig gerichtlich geklärt ist bisher, ob der Auftraggeber auch haftet, wenn sein Auftragnehmer in die Insolvenz rutscht. Zumindest erlischt die Haftung des Auftraggebers in der Höhe, in der die Bundesagentur für Arbeit Insolvenzgeld an die Arbeitnehmer des Subunternehmers zahlt.

Bußgeldzahlungen kommen nach § 21 MiLoG bzw. § 23 AEntG in Betracht, wenn der Auftraggeber vorsätzlich oder fahrlässig nicht weiß, dass sein Auftragnehmer den Mindestlohn nicht bezahlt. Neben Bußgeldzahlungen droht auch der Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge. Diese Sanktionen setzen im Gegensatz zu der oben aufgeführten Auftraggeberhaftung aber ein Verschulden des Auftraggebers voraus und können deshalb in höherem Maße durch eine geschickte Vertragsgestaltung nahezu ausgeschlossen werden.

Tipps zur Haftungsreduzierung für den Auftraggeber

Der Auftraggeber selbst kann sein Haftungsrisiko auf Zahlung des Mindestlohns nicht wirksam vertraglich ausschließen oder auf den Auftragnehmer umwälzen. Dies widerspricht bereits dem Schutzzweck des MiLoG und des AEntG. Die Auftraggeberhaftung kann aber durch eine vorausschauende Vertragsgestaltung und Vorauswahl erheblich minimieren.

Zunächst sollten Auftraggeber ihre Vertragspartner sehr sorgfältig auswählen. Dies betrifft sowohl das Insolvenzrisiko, als auch die Zuverlässigkeit. Ein konkreter Anhaltspunkt für ein Fehlverhalten des Auftragnehmers kann bereits darin liegen, dass dieser deutlich unter dem Marktpreis von Mitbewerbern liegt, so dass betriebswirtschaftlich kaum profitabel gearbeitet werden kann, wenn der Mindestlohn gezahlt werden würde.

Der Auftraggeber sollte sich auch schriftlich vom Auftragnehmer bestätigen lassen, dass dieser alle gesetzlichen Anforderungen einhält und seine eigenen Arbeitnehmer nach MiLoG bezahlt. Durch diese Maßnahmen kann insbesondere das Risiko von Bußgeldzahlungen minimiert werden, denn der Auftraggeber kann nachweisen, dass er im Vorfeld möglichst sorgfältig ausgewählt hat.

Außerdem können Auftraggeber bereits mit dem Auftragnehmer schriftlich vereinbaren, dass dieser ohne die Zustimmung des Auftraggebers keinen weiteren, oder nur vorher festgelegte Subunternehmer hinzuziehen darf.

Zusammenfassung

  • Auftraggeber (Generalunternehmer) haften gegenüber den Arbeitnehmern von Fremdfirmen (Subunternehmen) unmittelbar auf Zahlung des Mindestlohns.
  • Dies ergibt sich aus § 13 MiLoG in Verbindung mit § 14 AentG.
  • Die Auftraggeberhaftung gilt nur für Unternehmer im Sinne der Norm. Das sind Auftraggeber, die eigene Verpflichtungen gegenüber Dritten von Subunternehmern erledigen lassen oder eigene Aufgaben dauerhaft an Subunternehmer ausgliedern.
  • Die Auftraggeberhaftung erstreckt sich auf die gesamte Nachunternehmerkette – also sogar auf Subunternehmer, mit denen der Auftraggeber selbst in keinem Vertragsverhältnis steht.
  • Die Arbeitgeberhaftung umfasst zunächst nur den entgangenen Nettolohn der Arbeitnehmer des Auftragnehmers.
  • Ob der Auftraggeber auch im Falle einer Insolvenz des Auftragnehmers haftet, ist noch nicht höchstrichterlich geklärt.
  • Damit Unternehmer Nachzahlungen und Bußgelder vermeiden, sollten sie ihre Auftragnehmer sehr sorgfältig aussuchen und vertragliche Abreden detailliert und rechtssicher beschreiben.

Hilfe bei arbeitsrechtlichen Fragen

Die generelle Haftung des Auftraggebers für seine Auftragnehmer und Subunternehmer kann weitreichende finanzielle Folgen und Haftungsrisiken für den Auftraggeber haben. Arbeitnehmer haben gute Chancen, den entgangenen Lohn einzufordern. Wir beraten Sie gerne in allen arbeitsrechtlichen Fragestellungen und vertreten Sie vor dem Arbeitsgericht. Kontaktieren Sie uns!

Dr. Patrizia Antoni ist Fachanwältin für Arbeitsrecht und Fachanwältin für Steuerrecht. Sie berät Sie in allen arbeitsrechtlichen und steuerrechtlichen Fragen gerne. Vereinbaren Sie einen Termin in den Büros der Kanzlei AHS Rechtsanwälte in Köln oder Bonn.

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