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Die verschiedenen Arten von Tarifverträgen.

Es gibt verschiedene Arten von Tarifverträgen. Hierbei hat jeder Tarifvertrag unterschiedliche Vor- und Nachteile. Deshalb ist es für Arbeitgeber und die Arbeitnehmervertretung wichtig, die Unterschiede zu kennen.

In der Praxis spielt die Frage nach dem richtigen Vertrag regelmäßig dann eine Rolle, wenn erstmalig ein Tarifvertrag ausgehandelt wird oder von einem bestehenden Vertrag -beispielsweise in Krisensituationen - abgewichen wird.

Der folgende Beitrag erläutert die grundsätzliche Bedeutung und die Regelungsinhalte von Tarifverträgen. Nach den allgemeinen Erläuterungen gehen wir auf die speziellen Arten von Tarifverträgen ein und erläutern deren spezifischen Vor- und Nachteile.

Der Tarifvertrag:

Ein Tarifvertrag regelt den größten Teil der arbeitsrechtlichen Voraussetzungen und Ansprüche, die auf das Arbeitsverhältnis der Beschäftigten eines Unternehmens anzuwenden sind. Das sind insbesondere Regelungen zur Vergütung und der Eingruppierung, Sonderzahlungen, dem Urlaubsanspruch, der Kündigungsfrist oder der Ausschlussfrist.

Gesetzliche Grundlage für das Tarifvertragsrecht ist das Tarifvertragsgesetz (TVG).

Ein Tarifvertrag wird zwischen den beiden Tarifvertragsparteien geschlossen. Das ist auf der einen Seite ein Zusammenschluss von Vertreter der Arbeitnehmer, in der Regel eine Gewerkschaft oder Arbeitnehmervertreter eines Betriebs. Auf der anderen Seite steht entweder der Arbeitgeber selbst (dann handelt es sich um einen Firmentarifvertrag) oder, was häufiger vorkommt, um einen Zusammenschluss von Vertretern der Arbeitgeber - die sogenannten Arbeitgeberverbände.

Der Grund für die Anwendbarkeit eines Tarifvertrags auf ein Arbeitsverhältnis ist entweder die gegenseitige Tarifbindung, die arbeitsvertragliche Bezugnahme auf einen geltenden Tarifvertrag oder eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung.

Eine ausführliche und allgemeine Beschreibung zum Tarifvertrag finden Sie in unserem Beitrag: „Tarifvertrag und Anwendbarkeit auf das Arbeitsverhältnis“.

Arten von Tarifverträgen:

Bei den Arten von Tarifverträgen kann man zunächst zwischen den Vertragsparteien unterscheiden. Ein Tarifvertrag kann entweder durch eine Vereinigung von Arbeitgebern oder von einem einzelnen Arbeitgeber mit den Arbeitnehmervertretern abgeschlossen werden.

Weiterhin bietet sich eine Abgrenzung nach dem Regelungsinhalt und dessen Umfang an.

Es gibt beispielsweise reine Lohn- und Gehaltstarifverträge, die ausschließlich die Vergütung und Eingruppierung regeln.

Die Rahmentarifverträge und Manteltarifverträge haben in der Regel einen umfangreichen Regelungsinhalt. Regelmäßig werden hier zusätzlich die wesentlichen arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen ausgehandelt (Kündigungsfristen, Ausschlussfristen, Urlaubsanspruch, Arbeitszeiten, Arbeitsbedingungen usw.).

Die wichtigsten Tarifvertragsarten werden in den folgenden Abschnitten dargestellt.

Der Verbandstarifvertrag:

Der Verbandstarifvertrag wird zwischen einem Arbeitgeberverband und der Arbeitnehmervertretung (Gewerkschaft) abgeschlossen. Er gilt für eine Vielzahl von Arbeitnehmern einer oder mehrerer Branchen.

Der Anwendungsbereich erstreckt sich auf ganz Deutschland oder nur auf bestimmte Regionen (zum Beispiel Manteltarifvertrag für das Kfz-Handwerk und den Kfz-Handel NRW). Aufgrund des größeren räumlichen Geltungsbereichs wird der Verbandstarifvertrag auch als Flächentarifvertrag bezeichnet.

Der Vorteil eines Verbandstarifvertrags besteht für den Arbeitgeber darin, dass er der Gewerkschaft in den Verhandlungen und bei etwaigen Arbeitskampfmaßnahmen nicht alleine gegenübersteht. Der Nachteil besteht darin, dass er in der Regel weniger spezifisch die individuellen Bedürfnisse des einzelnen Unternehmens trifft.

Der Firmentarifvertrag:

Der Firmentarifvertrag wird zwischen einem Arbeitgeber (also kein Arbeitgeberverband) und der Gewerkschaft abgeschlossen.

Weiterhin unterscheidet er sich vom Verbandstarifvertrag durch den Geltungsbereich, denn in der Regel gilt er nur für das jeweilige Unternehmen des Arbeitgebers oder einen Gesamtkonzern. Der Firmentarifvertrag muss aber nicht ausschließlich nur aus eigenständigen Regelungen bestehen, denn er kann für bestimmte Punkte auf einen bestehenden Verbandstarifvertrag verweisen und dessen Regelungen ganz oder teilweise anerkennen.

Der Vorteil für den Arbeitgeber liegt darin, dass er weniger allgemein ist und speziell die Voraussetzungen regelt, die für den jeweiligen Betrieb von Interesse sind. Außerdem muss der Arbeitgeber im Vergleich zum Verband mehrerer Arbeitgeber weniger Kompromisse eingehen. Wenn mehrere Arbeitgeberverbände aus verschiedenen Branchen gemeinsam einen Tarifvertrag aushandeln, wird jeder Verband natürlich versuchen, seine Interessen möglichst umfangreich abzudecken.

Der Nachteil eines Firmentarifvertrags liegt darin, dass er der Gewerkschaft alleine gegenübersteht und im Zweifel weniger Gegendruck aushalten kann.

Der firmenbezogene Tarifvertrag:

Der firmenbezogene Tarifvertrag wird zwischen einem Arbeitgeberverband und der Gewerkschaft verhandelt. Grundsätzlich ist auf das Vertragsverhältnis zunächst ein Verbandstarifvertrag anwendbar. Einzelne Punkte können aber gesondert für das jeweilige Unternehmen ausgenommen und firmenspezifisch ausgehandelt werden.

In der Praxis geschieht dies beispielsweise häufig in der Form eines Sanierungstarifvertrags. In diesem Fall ist es zum Teil existenznotwendig, dass - in der Regel zugunsten des Arbeitgebers - von bestehenden Regelungen des Verbandstarifvertrags abgewichen werden kann. Beispielsweise um Kosten einzusparen oder durch eine individuelle Anpassung der vereinbarten Arbeitszeitmodelle die Produktivität oder die Auslastung zu erhöhen.

Der Vorteil liegt für den Arbeitgeber darin, dass er die Fachkompetenz des Arbeitgeberverbands nutzen kann. Darüber hinaus sind die firmenbezogenen Vereinbarungen spezieller auf die individuellen Bedürfnisse des Unternehmers ausgerichtet. Der Nachteil liegt insbesondere darin, dass der Arbeitgeber vertraglich zwar an die Vereinbarung gebunden ist, aber sie in der Regel nicht selbst kündigen kann, da er nicht der unmittelbare Vertragspartner ist.

Zusammenfassung:

  • Gesetzliche Grundlage für das Tarifvertragsrecht ist das Tarifvertragsgesetz (TVG).
  • Der Inhalt eines Tarifvertrags kann sich ausschließlich auf die Vergütung und die Eingruppierung beschränken (Lohn- und Gehaltstarifvertrag).
  • Regelmäßig werden aber zusätzlich weitere rechtliche Regelungen für das Arbeitsverhältnis vereinbart. Insbesondere sind hier in Rahmen- oder Manteltarifverträgen die Arbeitszeit, der Urlaubsanspruch, Kündigungsfristen, Ausschlussfristen, Arbeitsbedingungen und Ähnliches zu nennen.
  • Der Verbandstarifvertrag (Flächentarifvertrag) wird zwischen mehreren Arbeitgeberverbänden und der Gewerkschaft abgeschlossen. Er gilt für eine oder mehrere Wirtschaftsbranchen und hat einen festgelegten räumlichen Geltungsbereich – beispielsweise ein oder mehrere Bundesländer.
  • Der Firmentarifvertrag wird zwischen einem Arbeitgeber und der Gewerkschaft geschlossen. Er gilt regelmäßig nur für das einzelne Unternehmen oder den Konzern. Hierdurch ist er spezieller und passt besser auf die individuellen Bedürfnisse der Vertragsparteien.
  • Der firmenbezogene Tarifvertrag wird für einen Arbeitgeber von einem Arbeitgeberverband und einer Gewerkschaft verhandelt. Grundsätzlich behält ein anwendbarer Verbandstarifvertrag seine Gültigkeit. Einzelne Punkte können aber abweichend vom Verbandstarifvertrag geregelt werden und passen somit spezieller auf die jeweiligen situationsbezogenen Bedürfnisse des Arbeitgebers. Ein häufiger Fall ist der firmenbezogene Sanierungstarifvertrag.
  • Es kann auch vereinbart werden, dass auf einen bestehenden Tarifvertrag verwiesen wird und dessen Regelungen ganz oder teilweise anerkannt werden. Beispielsweise muss ein Firmentarifvertrag nicht zwingend ausschließlich aus eigenständigen Regelungen bestehen.

Hilfe bei arbeitsrechtlichen Fragen:

Wir beraten Sie gerne bei der Erarbeitung eines Tarifvertrags und den damit verbundenen Verhandlungen. Aber auch der Beratungsbedarf im Zusammenhang mit Umstrukturierung, Betriebsübernahme, Sarnierung und allen weiteren arbeitsrechtlichen Fragestellungen wird von unserer Kanzlei abgedeckt. Darüber hinaus vertreten wir Sie natürlich auch vor dem Arbeitsgericht und Ihren Vertragspartnern.

Dr. Patrizia Antoni hat den Fachanwalt für Arbeitsrecht und den Fachanwalt für Steuerrecht. Sie berät Sie in allen arbeitsrechtlichen und steuerrechtlichen Fragen gerne. Vereinbaren Sie einen Termin in den Büros der Kanzlei AHS Rechtsanwälte in Köln oder Bonn.

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