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Das Schutzschirmverfahren

Die wegen der Corona-Krise verhängten Ausganssperren bringen nicht nur kleine und mittelständische Unternehmen in Existenznot, sondern mittlerweile auch Großunternehmen. Als prominentes Beispiel sind hier die Warenhauskette Galeria Kaufhof Karstadt und das Modeunternehmen Esprit zu nennen. Die ausbleibenden Kunden haben die Unternehmen dazu gezwungen ein Schutzschirmverfahren zu beantragen.

Wir beraten Sie, wenn Sie Gläubiger eines Unternehmens sind, das ein Schutzschirmverfahren beantragt hat. Neben unseren Informationen für Messeveranstalter und zum Arbeitsrecht, die sich ebenfalls mit der Thematik der Konsequenzen der Corona-Krise befassen, wollen wir Ihnen vorliegend einen Überblick über das Zustandekommen und die Konsequenzen eines Schutzschirmverfahrens verschaffen.

Voraussetzungen für das Schutzschirmverfahren

Das Schutzschirmverfahren ist in § 270b Insolvenzordnung (InsO) geregelt. Im Gegensatz zu einem Insolvenzverfahren schützt das Schutzschirmverfahren in Krise geratene Unternehmen vor dem Zugriff der Gläubiger. Außerdem behält die Geschäftsführung die Kontrolle über das Unternehmen und kann selbstständig sanieren.

Das Schutzschirmverfahren ist nicht mit der Insolvenz in Eigenverwaltung zu verwechseln. Diese bedingt eine Zahlungsunfähigkeit – das Schutzschirmverfahren hingegen will genau dies verhindern.

Um das Schutzschirmverfahren gemäß § 270b Abs. 1 InsO durchzuführen, darf dem in eine Krise geratenen Unternehmen die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung lediglich drohen. Sie darf eben noch nicht eingetreten sein. Den Antrag auf ein Schutzschirmverfahren kann nur das Unternehmen (Schuldner) selbst stellen.

Dieser Eröffnungsantrag muss drei Anträge beinhalten:

  1. Dieser ist Voraussetzung für die Eröffnung des Schutzschirmverfahrens.
  2. Antrag auf Eigenverwaltung
  3. Antrag auf gerichtliche Bestimmung der Frist zur Vorlage eines Insolvenzplans.

Die Erarbeitung dieses Insolvenzplans darf nicht länger als drei Monate in Anspruch nehmen. Es ist kein umfassendes und somit kostenintensives Sanierungsgutachten erforderlich. Dies stellt sicher, dass auch kleinere und mittlere Unternehmen Zugang zum Schutzschirmverfahren haben.

Entscheidendes Kriterium der Bewilligung eines Antrags auf Eigenverwaltung ist die Beurteilung der Aussichtslosigkeit. Die Aussichtslosigkeit richtet sich nach der Wahrscheinlichkeit des Zustandekommens eines Insolvenzplans. Solange die Sanierung nicht offensichtlich aussichtlos ist, kann das Unternehmen ein Schutzschirmverfahren beantragen.

Konsequenzen des Schutzschirmverfahrens

Schuldner

Nicht nur die oben genannten Konzerne Galeria Karstadt Kaufhof und Esprit können von der Möglichkeit des Schutzschirmverfahrens Gebrauch machen. Auch Mittelständler werden aller Wahrscheinlichkeit nach in Zeiten der Corona-Krise bei drohender Insolvenz die Möglichkeit des Schutzschirmverfahrens nutzen. Wenn die staatlichen Liquiditätshilfen und Kurzarbeitergeld nicht mehr ausreichen, ist das Schutzschirmverfahren die letzte Möglichkeit, um das Unternehmen vor einer Insolvenz und im schlimmsten Falle vor einer Zerschlagung zu retten. Besonders hilfreich für Unternehmen ist das Insolvenzgeld im Rahmen des Schutzschirmverfahrens. Während dieser drei Monate übernimmt die Bundesagentur für Arbeit die Zahlung der Gehälter.

Diese Zeit ist jedoch für die Mitarbeiter schwierig – diese sind nicht nur durch das Kurzarbeitergeld gebeutelt, sondern müssen sich auch Sorgen um den Fortbestand ihrer Arbeitsplätze machen. Besonders problematisch ist für sie, dass der Arbeitnehmerschutz eingeschränkt wird, so dass schneller Kündigungen ausgesprochen werden können.

Insbesondere hoch qualifizierte Mitarbeiter verlassen selbstständig das Unternehmen in dieser Zeit, um sich eine sicherere Perspektive zu suchen. Allerdings ist das Unternehmen, um während und nach der Sanierungszeit fortzubestehen, auf loyale Mitarbeiter angewiesen, die dieses weiterhin unterstützen.

Gläubiger

Während der Frist von drei Monaten zur Erstellung dieses Sanierungsplans ist das Unternehmen vor Zugriffen durch die Gläubiger geschützt. Diese können weder Vollstreckungsmaßnahmen durchführen noch die Rückgabe von nichtbezahlten Gütern verlangen. Was für das angeschlagene Unternehmen von Vorteil ist, stellt einen erheblichen Nachteil für die Gläubiger dar. Das heißt konkret, dass Lieferanten und Vermieter in der Zeit ihre Geldforderungen nicht durchsetzen können und damit selbst Zahlungsschwierigkeiten bekommen können.

Im Rahmen des laufenden Schutzschirmverfahrens stehen der Unternehmensführung sämtliche Möglichkeiten des Insolvenzrechtes zur Verfügung. Sie kann auch langfristige Verträge kündigen, zum Beispiel mit Vermietern und Lieferanten. Konkret kann ein Unternehmen sich unter dem Schutz des Schirmes von Filialen und Mitarbeitern trennen, die unrentabel erscheinen. Kostenintensive Verträge kann das Unternehmen so aufheben und beispielweise Leasinggegenstände zurückgeben.

Dass jedoch sowohl die Interessen der Gläubiger als auch die gesetzlichen Bestimmungen gewahrt werden, überprüft der Sachwalter.

Nach Ablauf der dreimonatigen Planfrist muss der Sanierungsplan sowohl vom Gericht als auch von der Gläubigerversammlung angenommen werden. Wird der Sanierungsplan angenommen, kann das Unternehmen die rettenden Maßnahmen in Eigenverwaltung umsetzen.

Fazit

Durch das Schutzschirmverfahren kann das Unternehmen Planungs- und Rechtssicherheit erhalten. Durch die Chance, in Eigenverwaltung einen Sanierungsplan zu erarbeiten, der anschließend als Insolvenzplan umgesetzt werden soll, bekommt es ein umfangreiches Sanierungsmittel. Entscheidend ist, das Gericht sowohl von der Plausibilität des Sanierungsplans als auch der Wirksamkeit der zu ergreifenden Maßnahmen zu überzeugen.

Allerdings birgt das Schutzschirmverfahren auch Risiken. Schlägt der Sanierungsplan fehl und das Unternehmen muss Insolvenz anmelden, sind dem Insolvenzverwalter die klassischen Sanierungsmittel, wie das Insolvenzgeld und das Eingehen von Masseverbindlichkeiten, nicht mehr zugänglich. Dies hat meist eine Zerschlagung des Unternehmens zur Folge.

Es ist zu befürchten, dass im Zuge der Corona-Krise die beiden Unternehmen Galeria Kaufhof Karstadt und Esprit erst den Anfang darstellen und weitere Unternehmen das Schutzschirmverfahren beantragen werden müssen – nicht immer mit positivem Ausgang.

Hilfe bei insolvenzrechtlichen Fragen:

Bei Fragen und Beratungsbedarf wenden Sie sich bitte an Frau Rechtsanwältin Nina Haverkamp.

Frau Haverkamp ist Fachanwältin für Insolvenzrecht und Fachanwältin im Handels- und Gesellschaftsrecht.

Wir bieten für Sie auch auch Besprechungen per Videokonferenz an!

Beitrag veröffentlicht am
7. April 2020

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