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Wann haftet der Insolvenzverwalter?

Der Insolvenzverwalter ist im Insolvenzverfahren mit einer großen Machtfülle ausgestattet, um ein Verfahren überhaupt ordentlich abwickeln zu können. Doch sein Verhalten stößt häufig bei Gläubigern und auch bei den Insolvenzschuldnern auf Kritik. Nicht alles ist vorwerfbar, doch verletzt der Verwalter seine Pflichten schuldhaft, muss er hierfür grade stehen. Der Insolvenzverwalter haftet auf Schadensersatz, wenn er schuldhaft seine Pflichten verletzt. Die Haftung des Insolvenzverwalters ist in § 60 Absatz 1 InsO geregelt:

  • § 60 Haftung des Insolvenzverwalters
Der Insolvenzverwalter ist allen Beteiligten zum Schadenersatz verpflichtet, wenn er schuldhaft die Pflichten verletzt, die ihm nach diesem Gesetz obliegen. Er hat für die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Insolvenzverwalters einzustehen.

Pflichten bei der Verwaltung und Verwertung der Insolvenzmasse

Zum Ärgernis der Gläubiger und auch der Schuldner, verwertet der Insolvenzverwalter die Insolvenzmasse häufig unter Wert. Verwerter bekommen alles für kleines Geld überlassen, obwohl bei genauerem Hinsehen die einzelnen Vermögensgegenstände ein Vielfaches an Wert haben. Für den Verwalter ist dies jedoch die praktischste und zeitsparendste Möglichkeit der Verwertung.

Die Insolvenzmasse ist das Vermögen des Schuldners, das der Verwalter in Besitz und in die Verwaltung genommen hat. Der Verwalter ist verpflichtet, diese Insolvenzmasse optimal zu verwerten. Denn Ziel der Verwertung ist, die Gläubiger des Schuldners vom Erlös bestmöglich zu befriedigen.

Eine Veräußerung eines Vermögensgegenstands zu einem (ersichtlich) unter Wert liegenden Preis ist daher pflichtwidrig. Hierfür haftet der Insolvenzverwalter persönlich.

Pflichten bei der Durchsetzung von Ansprüchen

Der Insolvenzverwalter ist verpflichtet, Forderungen und sonstige Ansprüche, die gegen Dritte bestehen, durchzusetzen. Hierbei kann es sich zum Beispiel um die Durchsetzung unbezahlter Rechnungen handeln oder um Anfechtungsansprüche.

Der Insolvenzverwalter ist haftbar, wenn er einen bestehenden Anspruch nicht (gerichtlich) durchsetzt oder verjähren lässt. Dasselbe gilt, wenn er  einen aussichtslosen Prozess führt und der Masse durch ein klageabweisendes Urteil Prozesskosten entstehen. Der Insolvenzverwalter muss insofern einen Spagat machen, als dass er Ansprüche der Masse zwar grundsätzlich geltend machen muss, aber dabei keine vermeidbaren Kosten verursachen darf. Er muss daher sorgfältig das Risiko einer gerichtlichen Geltendmachung des Anspruches abwägen.

Ansprüche der Masse hat der Insolvenzverwalter grundsätzlich gerichtlich geltend zu machen, wenn die Erfolgsaussichten günstig sind und die Prozessführung wirtschaftlich vertretbar erscheint. Der BGH verlangt bei der Beurteilung der Prozessaussichten eine strenge Prüfung der Prozessaussichten.

Pflichten gegenüber dem Insolvenzschuldner

Der Insolvenzverwalter haftet nicht nur gegenüber den Gläubigern, sondern auch gegenüber dem Schuldner. Der Schuldner hat vor allem ein Interesse: er will in möglichst großem Umfang von seinen Schulden frei werden. Der Insolvenzverwalter ist daher auch gegenüber dem Schuldner verpflichtet, die Insolvenzmasse bestmöglich zu erhalten und zu verwerten. Diese Pflicht verletzt er, wenn er eine zur Insolvenzmasse gehörende Forderung nicht vor Eintritt der Verjährung geltend gemacht und durchgesetzt hat.

Der Insolvenzverwalter haftet dem Schuldner außerdem für die ordnungsgemäße Buchführung und Rechnungslegung. Er muss zudem Steuererklärungen aufstellen und abgeben. Infolge seiner Buchführungspflicht muss der Insolvenzverwalter einen ihm zugegangenen Steuerbescheid, der die Masse betrifft, auf seine Richtigkeit überprüfen und Einspruch einlegen, falls er auf falschen Voraussetzungen beruht. Er hat auch zu prüfen, ob der Insolvenzschuldner Ansprüche auf Steuerrückerstattungen gegenüber der Finanzverwaltung hat. Der Insolvenzverwalter darf bei der Erfüllung seiner Buchführungs- und Rechnungslegungspflichten auf die mit der Buchhaltung des Schuldners beschäftigten Personen zurückgreifen. Allerdings muss er diese überwachen.

Pflichten gegenüber Massegläubigern

Eine besondere Stellung im Insolvenzverfahren haben die Massegläubiger. Das sind die Gläubiger, deren Forderungen erst im Insolvenzverfahren begründet worden sind. Hierunter fallen zum Beispiel laufende Mieten oder Löhne. Wird ein Massegläubiger geschädigt, weil die Insolvenzmasse nicht ausreicht, um seine Forderung zu begleichen, greift die (spezielle) Haftung des § 61 InsO ein:

  • § 61 Nichterfüllung von Masseverbindlichkeiten
Kann eine Masseverbindlichkeit, die durch eine Rechtshandlung des Insolvenzverwalters begründet worden ist, aus der Insolvenzmasse nicht voll erfüllt werden, so ist der Verwalter dem Massegläubiger zum Schadenersatz verpflichtet. Dies gilt nicht, wenn der Verwalter bei der Begründung der Verbindlichkeit nicht erkennen konnte, daß die Masse voraussichtlich zur Erfüllung nicht ausreichen würde.

Außerdem muss der Insolvenzverwalter gem. § 53 InsO die Forderungen von Massegläubigern aus der Insolvenzmasse vorweg berichtigen. Der Insolvenzverwalter handelt pflichtwidrig, wenn er Insolvenzgläubiger vor Massegläubigern befriedigt. Der Insolvenzverwalter hat Masseverbindlichkeiten grundsätzlich zu begleichen, sobald Fälligkeit eingetreten ist.

Pflichten gegenüber Aus- und Absonderungsberechtigten

Eine Sonderstellung haben im Insolvenzverfahren auch die Aus- und Absonderungsberechtigten. Eigentümer von Gegenständen, die im Besitz des Schuldners sind – zum Beispiel ein Mietwagen, können die Herausgabe verlangen. Sie sind also aussonderungsberechtigt. Aussonderungsberechtigten gegenüber ist der Insolvenzverwalter verpflichtet, das Aussonderungsrecht zu beachten und an der Herausgabe der auszusondernden Gegenstände mitzuwirken.

Gläubiger, die zum Beispiel ein Pfandrecht an einem Gegenstand haben, wie etwa der Vermieter, sind absonderungsberechtigt. Sie haben einen Anspruch auf den Erlös aus der Verwertung des Gegenstands. Der Insolvenzverwalter ist verpflichtet, den Absonderungsgegenstand zu sichern und vor Wertverlust zu schützen. Die Verletzung eines Vermieterpfandrechts begründet eine Haftung nach § 60 InsO.

Hilfe bei insolvenzrechtlichen Fragestellungen

Ist Ihnen ein Schaden durch das Verhalten des Insolvenzverwalters entstanden? Oder wollen Sie überhaupt erst einmal ermitteln, ob der Verwalter seine Pflichten ordnungsgemäß erfüllt hat? Dann wenden Sie sich an Rechtsanwältin Nina Haverkamp, Fachanwältin für Insolvenzrecht unter haverkamp@ahs-kanzlei.de oder 0221-9730960 oder 0228-9569717 oder vereinbaren Sie einen Termin in den Büros der Kanzlei AHS Rechtsanwälte in Köln oder Bonn.

Beitrag veröffentlicht am
10. November 2016

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