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Richtiger Rechtsweg beim Geschäftsführer – Arbeitsgericht oder Landgericht?

Welchen Rechtsweg müssen Geschäftsführer wählen, wenn es um Streitigkeiten aus dem Anstellungs- bzw. Dienstverhältnis mit der GmbH geht – Arbeitsgericht oder Landgericht? Geschäftsführer konnten in der Vergangenheit regelmäßig - abhängig vom Streitwert - nur vor dem Landgericht ihre Ansprüche aus dem Dienstverhältnis mit der GmbH geltend machen. Durch einen Beschluss des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahre 2014 hat sich der Rechtsweg nun aber teilweise geändert. Es kommt nun nämlich darauf an, zu welchem Zeitpunkt und um welche Ansprüche gestritten wird.

Auch nach Klageerhebung beim Landgericht kann sich eine Zuständigkeit des Arbeitsgerichts nachträglich ergeben.

Dieser Blog behandelt den Rechtsweg des Fremdgeschäftsführers.

Grundsätzliches zum Rechtsweg des Geschäftsführers:

Vor dem Arbeitsgericht werden alle arbeitsrechtlichen Streitigkeiten der Arbeitnehmer behandelt, vgl. §§ 2, 2a und 3 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG).

Deshalb kommt es für den Rechtsweg zum Arbeitsgericht auf die Arbeitnehmereigenschaft an.

§ 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG stellt für den Geschäftsführer einer GmbH jedoch klar, dass dieser nicht als Arbeitnehmer im Sinne des ArbGG angesehen wird, denn er gilt als Vertretungsorgan der Gesellschaft und ist in der Regel selbst weisungsbefugt gegenüber den anderen Arbeitnehmern der Gesellschaft.
  • § 5 I 3 ArbGG: „Als Arbeitnehmer gelten nicht in Betrieben einer juristischen Person oder einer Personengesamtheit Personen, die kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrags allein oder als Mitglieder des Vertretungsorgans zur Vertretung der juristischen Person oder der Personengesamtheit berufen sind.“ 

Diese sogenannte Fiktion des weisungsbefugten Vertretungsorgan gilt grundsätzlich auch dann, wenn das Rechtsverhältnis zwischen GmbH und Geschäftsführer tatsächlich als freies Dienst- oder Arbeitsverhältnis ausgeübt wird.

Weil das Arbeitsgericht deshalb für Streitigkeiten aus dem Anstellungsverhältnis nicht zuständig war, blieb regelmäßig nur der Rechtsweg über das Landgericht. Der Rechtsweg über das Landgericht hat jedoch für den Geschäftsführer in der Regel den Nachteil, dass er kostenintensiver ist und schlechtere Vergleichsmöglichkeiten bezüglich einer Abfindung bietet. Wurde in der Vergangenheit die Klage beim zuständigen Landgericht erhoben, so blieb dieses auch dann zuständig, wenn die weisungsbefugte Organstellung des ehemaligen Geschäftsführers nachträglich entfiel.

In den vergangenen Jahren 2013 und 2014 hat das Bundesarbeitsgericht seine frühere Rechtsprechung jedoch teilweise aufgehoben. Deshalb kann unter Umständen auch für einen Geschäftsführer sogar nachträglich noch der Rechtsweg zum Arbeitsgericht eröffnet sein.

Rechtsweg vor der Abberufung als Geschäftsführer:

Bevor der Geschäftsführer in seiner Tätigkeit als weisungsbefugtes Vertretungsorgan der Gesellschaft abberufen bzw. freigestellt wird, bleibt bei Streitigkeiten aus dem Anstellungsverhältnis weiterhin nur der Rechtsweg zu den normalen Zivilgerichten, also in der Regel dem Landgericht. Der Kläger kann in diesem Fall die Klage nur beim ordentlichen Zivilgericht einreichen.

Umstände, die die grundsätzliche Zuständigkeit zwischen Arbeitsgericht und ordentlichem Zivilgericht (in der Regel Landgericht) ändern, wurden bisher nachträglich nicht berücksichtigt.

Rechtsweg zum Arbeitsgericht nach der Abberufung als Geschäftsführer:

In BAG 10 AZB 46/14 hat das Bundesarbeitsgericht die zuvor erläuterte Zuständigkeitsregelung ausdrücklich aufgehoben. Demnach kann sich auch ein einmal eingeschlagener Rechtsweg nachträglich ändern, wenn der Geschäftsführer aus seiner leitenden Funktion freigestellt bzw. abberufen wird und noch keine rechtskräftige Entscheidung über die gerichtliche Zuständigkeit ergangen ist.

Es kommt entscheidend darauf an, ob dem ehemaligen Geschäftsführer die Freistellung bekannt gemacht wurde und seine Organstellung faktisch entfallen ist; die rein deklaratorische Anzeige im Handelsregister ist nicht der maßgebliche Zeitpunkt.

Außerdem muss die Klage Anträge zum Gegenstand haben, die das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses voraussetzen, beispielsweise eine Kündigungsschutzklage oder die Erteilung eines Arbeits- oder Zwischenzeugnisses. Denn solche Ansprüchen haben ihre Anspruchsgrundlage in der Rechtswegzuständigkeit der Arbeitsgerichte, sogenannter sic-non Fall.

Folgen der neuen BAG Rechtsprechung:

Wenn der freigestellte Geschäftsführer Ansprüche vor dem Arbeitsgericht geltend machen möchte, kommt es nun maßgeblich auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe seiner Freistellung und der rechtskräftigen Entscheidung über den richtigen Rechtsweg (Zuständigkeit) an.

Nach der Freistellung als Geschäftsführer greift nun regelmäßig nicht mehr die Fiktion des § 5 Absatz 1 Satz 3 ArbGG.

Die 3-Wochenfrist bei einer Kündigungsschutzklage gilt in der Regel unabhängig vom Rechtsweg. Vor dem Arbeitsgericht ist die 3-Wochenfrist gemäß § 4 Kündigungschutzgesetz zwingend, aber auch die ordentlichen Zivilgerichte wenden die 3-Wochenfrist bei Streitigkeiten im Rahmen einer Kündigungsschutzklage an.

Grundsätzlich kann ein freigestellter Geschäftsführer auch mit einer Amtsniederlegung auf seine Freistellung reagieren, um das Haftungsrisiko bis zur Bekanntgabe im Handelsregister zu minimieren.

Zusammenfassung:

  • Geschäftsführer gelten grundsätzlich nicht als Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsgerichtsgesetz.
  • Deshalb bleibt ihnen in der Regel nur der Rechtsweg zu den ordentlichen Zivilgerichten (in der Regel dem Landgericht).
  • Eine Ausnahme gilt nun jedoch nach Freistellung bzw. Abberufung als Geschäftsführer.
  • Das Arbeitsgericht ist zuständig, wenn dem ehemaligen Geschäftsführer seine Abberufung bekannt ist und es sich um Streitigkeiten handelt, für die die Eigenschaft als Arbeitnehmer entscheidend ist.
  • Weitere Voraussetzung ist, dass sich das Klagebegehren auf Ansprüche richtet und Anspruchsgrundlagen zum Gegenstand hat, die ein Arbeitsverhältnis voraussetzen, beispielsweise eine Kündigungsschutzklage oder die Erteilung eines Arbeitszeugnis.
  • Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Bekanntgabe der Freistellung gegenüber dem Geschäftsführer; nicht die Bekanntgabe im Handelsregister.
  • Außerdem darf noch keine rechtskräftige Entscheidung über den Rechtsweg ergangen sein.

Hilfe bei arbeitsrechtlichen Fragen:

Die Erfolgsaussichten einer Klage hängen unter anderem maßgeblich vom richtigen Rechtsweg und der Beachtung von prozessualen Voraussetzungen ab. Wir beraten Sie gerne im Zusammenhang mit allen wirtschaftsrechtlichen Fragestellungen und vertreten Sie auch vor dem Arbeitsgericht oder Landgericht.

Dr. Patrizia Antoni hat den Fachanwalt für Arbeitsrecht und den Fachanwalt für Steuerrecht. Sie berät Sie in allen arbeitsrechtlichen und steuerrechtlichen Fragen gerne. Vereinbaren Sie einen Termin in den Büros der Kanzlei AHS Rechtsanwälte in Köln oder Bonn.

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