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Nachvertragliches Wettbewerbsverbot trotz Karenzentschädigung unwirksam, wenn zu weit gefasst

Welche Folgen es haben kann, wenn ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot unwirksam ist, zeigt OLG München AZ. 7 U 3107/18.

Der ehemalige Geschäftsführer eines Unternehmes wollte trotz Wettbewerbsverbots für einen Konkurrenten tätig werden. Dies ist nun auch möglich, weil die entsprechende Klausel viel zu weit gefasst wurde und aus diesem Grund ersatzlos gestrichen wird.

Nachvertragliches Wettbewerbsverbot und Karenzentschädigung:

Unternehmen ist sehr daran gelegen, dass ehemalige Mitarbeiter das erworbene Know-How bei einem Arbeitgeberwechsel nicht zum neuen Arbeitgeber mitnehmen. Grundsätzlich ist der Arbeitnehmer in der Wahl seines Arbeitgebers nämlich frei - er kann also auch zu einem Konkurrenzunternehmen wechseln oder sogar selbst im Geschäftsbereich des ehemaligen Arbeitgebers selbständig tätig werden. Deshalb ist ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot - insbesondere bei qualifizierten Mitarbeitern - Bestandteil der meisten Arbeitsverträge. Besser ist noch eine separate Vereinbarung.

Die nähere Ausgestaltung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots regeln maßgeblich die §§ 74 ff. HGB. Hier ist normiert, dass ein Wettbewerbsverbot stets schriftlich vereinbart und sowohl vom Arbeitgeber, als auch vom Arbeitnehmer unterschrieben sein muss. Weiterhin darf das Wettbewerbsverbot nicht mehr als zwei Jahre gelten und sollte örtlich begrenzt sein, um den Arbeitnehmer nicht unnötig in seinem beruflichen Fortkommen zu behindern

Das HGB normiert in § 74 HGB, dass dem Arbeitnehmer für die Dauer der Geltung des Wettbewerbsverbots eine sogenannte Karenzentschädigung zu zahlen ist, welche mindestens 50% der zuletzt bezogenen Einkünfte des Arbeitnehmers betragen muss.

Darüber hinaus wird häufig eine Vertragsstrafe für den Fall vereinbart, dass der Arbeitnehmer gegen das Wettbewerbsverbot verstößt.

OLG München 7 U 2107/18:

Das OLG Münche musste sich nun in einer Berufung mit einem sprachlich zu weit gefassten Wettbewerbsverbot für einen GmbH-Geschäftsführer auseinandersetzen. Das Münchener Gericht folgt mit Hinweisbeschluss vom 02.08.2018 (Az. 7 U 2107/18) der Auffassung der Vorinstanz. Eine Klausel, nach der ein ehemaliger Geschäftsführer "weder in selbständiger noch in unselbständiger Stellung oder in sonstiger Weise" für ein Konkurrenzunternehmen tätig werden darf, ist zu weit gefasst. Dem ehemaligen Geschäftsführer wäre hierdurch jede Tätigkeit für ein Konkurrenzunternehmen verboten. Der Wortlaut umfasst sogar eine Tätigkeit als Hausmeister, obwohl diese keinen Bezug zur früheren Tätigkeit des Klägers als Vertriebsvorstand der Beklagten aufweist.

Deshalb sei eine solch weite Klausel nicht durch die Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt und somit nach § 138 BGB nichtig. Hiernach ist das Wettbewerbsverbot nichtig, wenn es nicht den berechtigten Interessen der Gesellschaft dient und es nach Ort, Zeit und Gegenstand die Berufsausübung und wirtschaftliche Tätigkeit des Geschäftsführers unbillig erschwert.

Das Gericht hält eine so weite Fassung auch nicht für erforderlich, weil der ehemalige Arbeitgeber bei einem Geschäftsführer grundsätzlich auch durch § 85 GmbHG vor der Offenbarung von Geschäftsgeheimnissen geschützt ist.

Die Besonderheit in dem Fall liegt darin, dass der ehemalige Geschäftsführer nun tatsächlich als geschäftsführendes Organ eines Konkurrenzunternehmens tätig sein möchte. Das Gericht führt jedoch aus, dass die Klausel im Rahmen einer AGB-Kontrolle nicht auf eine dementsprechende Reichweite gekürzt werden kann. Selbst eine vereinbarte salvatorische Klause, nach der das rechtliche zulässige Maß des Wettbewerbsverbots gelten soll, wenn sich die Unwirksamkeit der Klausel aus deren Umfang ergibt, ist unzulässig.

Weil die entsprechenden Klauseln folglich aufgrund der Nichtigkeit ersatzlos entfallen, wurde kein wirksames Wettbewerbsverbot vereinbart. Der Kläger kann demnach als Geschäftsführer eines Konkurrenzunternehmes tätig werden.

Umgehung und Anpassung des vertraglichen Wettbewersbverbots:

Geschäftsführer, die zu einem Konkurrenten wechseln möchten, können die oben genannte Rechtsprechung unter Umständen als Argumentationshilfe nutzen. Hierbei muss beachtet werden, dass diese Rechtsprechung nicht allgemeinverbindlich ist.

Die Argumentation der Richter ist juristisch grundsätzlich tragbar, aber zum Teil vielleicht nicht lebensnah. Ob das Bundesarbeitsgericht deshalb in ähnlichen Fällen dieser Rechtsauffassung folgt, bleibt abzuwarten. Arbeitgeber sind deshalb gut beraten, wenn sie ihre Dienstverträge und Klauseln überprüfen und bei Bedarf entsprechend anpassen.

Zusammenfassung:

  • Durch ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot sollen qualifizierte Mitarbeiter und geschäftsführende Organe daran gehindert werden, zu einem Konkurrenzunternehmen zu wechseln.
  • Das Wettbewerbsverbot soll das Know-How und Geschäftsgeheimnisse schützen.
  • Für ein wirksames Wettbwerbsverbot muss grundätzlich eine Karenzentschädigung gezahlt werden.
  • Das OLG München (Az. 7 U 2107/18) hält eine Klausel für sittenwidrig, wenn der ehemalige Geschäftsführer "weder in selbständiger noch in unselbständiger Stellung oder in sonstiger Weise" für ein Konkurrenzunternehmen tätig sein darf. Hierdurch wird sogar eine Tätigkeit als Hausmeister ausgeschlossen.
  • Weil diese weite Fassung nicht durch betriebliche Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt ist, sei die gesamte Klausel nichtig.
  • Eine gerichtliche Anpassung oder Kürzung auf ein zulässiges Maß ist in diesem Fall nicht möglich.
  • Deshalb entfällt die gesamte Klausel ersatzlos und es besteht kein Wettbewerbsverbot für den ehemaligen Geschäftsführer.

Hilfe bei arbeitsrechtlichen Fragestellungen:

Gerne prüfen wir Ihren Geschäftsführerdienstvertrag, Arbeitsvertrag und die Wettbewerbsklauseln.

Dr. Patrizia Antoni ist Fachanwältin für Arbeitsrecht und Fachanwältin für Steuerrecht. Sie berät Sie in allen arbeitsrechtlichen und steuerrechtlichen Fragestellungen gerne.

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