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Die Quotenhaftung des Geschäftsführers für Steuerschulden

Die hier behandelte Quotenhaftung im Steuerrecht ist eine Haftung für die Steuerschulden einer Gesellschaft. Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht-rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben dafür Sorge zu tragen, dass deren steuerliche Pflichten erfüllt werden.

Das bedeutet vor allem für den GmbH-Geschäftsführer, für vertretungsberechtigte Gesellschafter oder den Vorstand einer AG, dass sie unter Umständen im Rahmen der Quotenhaftung persönlich für die Steuerschuld der Gesellschaft haften, selbst wenn die Gesellschaft haftungsbeschränkt ist.

Bei nicht haftungsbeschränkten Gesellschaften werden die Gesellschafter in der Regel sowieso persönlich für die Steuerschuld haften, aber auch der angestellte Geschäftsführer kann in die Haftung genommen werden.

Wir erklären Ihnen, für welche Steuern der Vertreter einer Gesellschaft wann und in welcher Höhe haftet und welche gesetzlichen Voraussetzungen bei der Quotenhaftung zu beachten sind.

Haftung des Geschäftsführers für Steuern:

Nach § 37 der Abgabenordnung (AO) kommen mehrere Steuerarten in Betracht, die eine Gesellschaft abzuführen hat und für die unter Umständen gehaftet wird. Denn der Steueranspruch des Finanzamtes gegenüber einer Gesellschaft umfasst insbesondere die abzuführende Umsatzsteuer, die Lohnsteuer, die Gewerbesteuer sowie die Körperschaftssteuer.

In den §§ 34 und 35 AO sind die Personengruppen aufgezählt, die dafür Sorge zu tragen haben, dass die Steuern aus den Mitteln beglichen werden, die sie verwalten. In der Praxis und dem hier behandelten Beitrag sind das vor allem die Geschäftsführer, der Vorstand oder die vertretungsberechtigten Gesellschafter von juristischen und haftungsbeschränkten Personen; GmbH, KG, AG, Genossenschaft oder eingetragener Verein.

Wenn die Geschäftsführer oder der vertretungsberechtigte Gesellschafter in vorwerfbarer Weise die Steueransprüche des Finanzamt aus dem Steuerschuldverhältnis nicht bedienen, können sie persönlich haften und vom Finanzamt in Anspruch genommen werden. Dies betrifft übrigens den Geschäftsführer einer GmbH bereits ab Bestellung – also nicht erst dann, wenn die Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen ist.

Voraussetzungen für die Quotenhaftung des Geschäftsführers:

Die grundsätzliche Voraussetzung für eine Haftung des Geschäftsführers, Vorstandes oder vertretungsberechtigten Gesellschafters ergibt sich aus § 69 AO:

  • "Die in den §§ 34 und 35 bezeichneten Personen haften, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt oder soweit infolgedessen Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden. Die Haftung umfasst auch die infolge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge."

Vorsätzlich handelt, wer seine Pflichten im Rahmen des Steueranspruchs kennt, aber trotzdem die Verletzung aus dem Steuerschuldverhältnis zumindest billigend in Kauf nimmt.

Grob fahrlässig handelt, wer seine Pflichten in besonders hohem Maß verletzt, weil er trotz seiner Kenntnisse und Fähigkeiten die pflichtgemäße Erfüllung trotz Möglichkeit außer Acht lässt.

Zu beachten ist hierbei, dass der Haftende sich nicht auf Unkenntnis berufen kann. Denn der Vertreter der Gesellschaft muss sich im Zweifel fachlichen Rat einholen, um den erforderlichen Kenntnisstand zur pflichtgemäßen Aufgabenerfüllung zu erreichen.

Der Bundesfinanzhof legt diesbezüglich einen strengen Maßstab an denjenigen, der die Vertretung einer Gesellschaft als Geschäftsführer übernimmt. Kann jedoch nachgewiesen werden, dass auf die Auskunft des Steuerberaters vertraut wurde (und aufgrund der Umstände auch vertraut werden konnte), so trifft den Geschäftsführer in der Regel keine Schuld.

Wenn der Gesellschaft die finanziellen Mittel fehlen um die Steuerschuld zu begleichen, haftet der Geschäftsführer grundsätzlich nicht, wenn er rechtzeitig die erforderlichen Maßnahmen getroffen hat, um die Finanzen rechtlich einwandfrei und vorausschauend zu regeln. Das betrifft insbesondere eine etwaige Insolvenzanmeldung sowie eine gleichmäßige Befriedigung der jeweiligen Gläubiger.

Das Finanzamt setzt im Falle einer Haftung einen Haftungsbescheid gegen den Geschäftsführer aus, vgl. § 191 AO mit den entsprechenden Festsetzungsfristen. Zunächst soll jedoch der Steuerschuldner (also die Gesellschaft selbst) in Anspruch genommen werden und, soweit möglich, die Steuerschuld aus dem beweglichen Vermögen der Gesellschaft befriedigt werden, vgl. § 219 AO.

Quotenhaftung und Berechnung der Quote:

Der Geschäftsführer haftet für den Anteil, der ursächlich für die unzureichende Befriedigung des Finanzamts ist (=Quotenhaftung).

Das bedeutet bei fehlenden finanziellen Mitteln der Gesellschaft, dass andere Gläubiger anteilig nicht überproportional befriedigt werden dürfen. Das Finanzamt ist nämlich im Vergleich zu anderen Gläubigern nicht berechtigt, vorrangig befriedigt zu werden. Im Falle einer Insolvenz spielt dies für die Körperschafts- und Gewerbesteuer eine untergeordnete Rolle, da in der Regel schon keine Gewinne mehr erzielt wurden.

Bezüglich der Lohnsteuer gilt jedoch der Grundsatz, dass nur Nettolöhne in der Höhe ausgezahlt werden dürfen, in der auch die dafür fällige Lohnsteuer an das Finanzamt abgeführt wird. Kann also die entsprechende Lohnsteuer nicht abgeführt werden, obwohl Löhne und Gehälter ausgezahlt wurden, haftet zunächst die Gesellschaft als Treuhänder der Lohnsteuer, vgl. § 42d EStG. Sind keine finanziellen Mittel mehr vorhanden, kann der Geschäftsführer in Anspruch genommen werden. Deshalb ist bei der Auszahlung von Löhnen und Gehälter unbedingt darauf zu achten, dass netto nur der Betrag ausgezahlt wird, für den brutto auch die entsprechende Lohnsteuer abgeführt wurde.

Der praktisch wichtigste Fall betrifft somit regelmäßig die abzuführende Umsatzsteuer. Hier muss darauf geachtet werden, dass andere Gläubiger anteilig nicht besser bei der Befriedigung von Forderungen gestellt werden.

Somit haftet der Geschäftsführer für den Anteil, den das Finanzamt schlechter gestellt wird, als bei einer anteilig gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger.

  • Beispiel: Bei einer Steuerschuld von 100.000,- € und anderen Verbindlichkeiten (zum Beispiel Lieferungen und Leistungen) in Höhe von 100.000,-€ befriedigt die Gesellschaft die Steuerschuld zu 30.000,-€ (=30%).

    Die anderen Verbindlichkeiten werden zu 50.000,-€ (=50%) bedient.

    Somit beträgt der Quotenschaden des Finanzamtes 20% (50%-ige Befriedigung der anderen Verbindlichkeiten im Vergleich zur nur 30%-igen Befriedigung des Finanzamtes = 20% Quotenschaden).

Der Bundesfinanzhof gewährt jedoch gewisse Pauschalabschläge (bis zu 10%) vom Quotenschaden, wenn die jeweilige Liquidität im Haftungszeitraum nicht zweifelsfrei und durchgängig bestimmt werden kann. Das trifft in der Praxis insbesondere auf die Umsatzsteuerschuld zu, da hier im gesamten Haftungszeitraum die Unternehmensliquidität täglich schwankt und es in der Regel nicht möglich ist, die anteilige Befriedigung des Finanzamtes gegenüber anderen Gläubigern punkgenau zu bestimmen.

Außerdem wird abgeführte Lohnsteuer aus der Berechnung herausgenommen, da die Gesellschaft verpflichtet ist, die anfallende Lohnsteuer immer vollständig abzuführen, wenn Löhne und Gehälter ausgezahlt werden (s.o.).

Zusammenfassung:

  • Nach § 69 AO haften die gesetzlichen Vertreter von juristischen Personen (insbesondere Geschäftsführer, der Vorstand und vertretungsberechtigte Gesellschafter) für die Steuerschuld der Gesellschaft.
  • Hierfür müssen sie vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt haben.
  • Dabei kann sich nicht auf Unkenntnis berufen werden, da in diesem Fall fachlicher Rat eingeholt werden muss.
  • Die wichtigsten Steuerarten für die gehaftet wird, sind die Umsatzsteuer, die Lohnsteuer sowie die Körperschafts- oder Gewerbesteuer.
  • Der Geschäftsführer haftet bei nachgewiesenem Verschulden dann anteilig für den Quotenschaden, den das Finanzamt im Vergleich zu anderen Gläubigern anteilig geringer befriedigt wurde.
  • Mit Ausnahme der Lohnsteuer, die immer vollständig im Verhältnis zu den ausgezahlten Löhnen abgeführt werden muss, besteht kein Anspruch des Finanzamtes gegenüber anderen Gläubigern auf bevorzugte Befriedigung.

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Dr. Patrizia Antoni hat den Fachanwalt für Steuerrecht und Fachanwalt für Arbeitsrecht. Sie berät Sie in allen steuerrechtlichen und arbeitsrechtlichen Fragen gerne. Vereinbaren Sie einen Termin in den Büros der Kanzlei AHS Rechtsanwälte in Köln oder Bonn.

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