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Das behördliche Zustimmungsverfahren des Integrationsamtes. (Teil 2)

Teil 2 der Serie „Verfahren und Mitbestimmungsrechte vor Ausspruch einer Kündigung“ beschäftigt sich mit dem Thema, welche behördlichen Zustimmungsverfahren neben der Kündigung durchzuführen sind.

In diesem Beitrag erfahren Sie, was Sie als Arbeitgeber im Falle der Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers beachten müssen.

Vor Ausspruch einer Kündigung muss frühzeitig überprüft werden, ob bestimmte behördliche Zustimmungsverfahren durchzuführen sind. Im Falle der Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers muss die Zustimmung des zuständigen Integrationsamtsamtes eingeholt werden. Über die Einzelheiten des Zustimmungsverfahrens vor dem Integrationsamt informieren wir Sie im Folgenden.

Behördliches Zustimmungsverfahren des Integrationsamtes:

Vor Ausspruch einer Kündigung muss in bestimmten Fällen des Sonderkündigungsschutzes ein behördliches Zustimmungsverfahren durchgeführt werden.

Nach § 85 Sozialgesetzbuch (SGB) IX genießen insbesondere Schwerbehinderte und ihnen gleichgestellte Arbeitnehmer besonderen Kündigungsschutz.

Eine Kündigung ist in diesem Falle nur ausnahmsweise zulässig, sofern das Integrationsamt der Kündigung zugestimmt hat. Hierfür ist ein entsprechender Antrag beim zuständigen Integrationsamt nötig.

Der Antrag an das Integrationsamt:

Sofern ein schwerbehinderter oder einem solchen gleichgestellter Arbeitnehmer gekündigt werden soll, muss der Arbeitgeber nach § 87 Abs. 1 SGB IX vor Ausspruch der Kündigung schriftlich die Zustimmung zur Kündigung beim örtlich zuständigen Integrationsamt beantragen.

Im Falle der außerordentlichen Kündigung muss beachtet werden, dass die Zustimmung zur Kündigung nach § 91 Abs. 2 SGB IX nur innerhalb von zwei Wochen ab dem Zeitpunkt, zu dem der Arbeitgeber von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt hat, beantragt werden kann.

Maßgebend ist der Eingang des Antrages bei dem Integrationsamt.

Inhalt des Antrages:

Inhaltlich muss der Antrag bestimmte Mindestangaben enthalten.

Neben dem Namen des schwerbehinderten Arbeitnehmers muss bekanntgegeben werden, ob eine ordentliche oder außerordentliche Beendigungs- oder Änderungskündigung ausgesprochen werden soll.

Beabsichtigt der Arbeitnehmer die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung, hilfsweise zur ordentlichen Kündigung, so muss er die Zustimmung zu beiden Kündigungen einholen, da die Kündigung ansonsten mangels Zustimmung nichtig ist.

Eine Begründung ist zwar nicht vorgeschrieben, allerdings wird trotzdem dringend angeraten, Angaben über den Kündigungsgrund zu machen, da die Gründe ebenso die Grundlage für die Ermessensentscheidung des Integrationsamtes nach §§ 89, 91 SGB IX bilden, wie Angaben über die persönlichen und sozialen Verhältnisse des schwerbehinderten Arbeitnehmers.

Anzugeben ist ferner, ob im Unternehmen eine Schwerbehindertenvertretung, ein Betriebsrat oder ein Personalrat besteht.

Entscheidung des Integrationsamtes:

Das Integrationsamt hat im Anschluss die Stellungnahme der Agentur für Arbeit, des Betriebsrats und der Schwerbehindertenvertretung einzuholen und den Schwerbehinderten zu hören.

Im Falle einer ordentlichen Kündigung soll das Integrationsamt seine Entscheidung innerhalb eines Monats vom Tage des Eingangs des Antrages an treffen und dem Arbeitgeber und dem Schwerbehinderten zustellen.

Im Falle einer außerordentlichen Kündigung hat das Integrationsamt seine Entscheidung hingegen innerhalb von zwei Wochen zu treffen. Wird innerhalb dieser Zwei-Wochen-Frist eine Entscheidung nicht getroffen, so gilt die Zustimmung als erteilt und die Kündigung kann ausgesprochen werden.

Stimmt das Integrationsamt der beabsichtigten Kündigung zu, was auch mündlich erklärt werden kann, so muss der Arbeitgeber im Falle der ordentlichen Kündigung die Kündigung innerhalb eines Monats nach Zustellung der Zustimmung erklären. Versäumt er diese Frist, muss er eine neue Zustimmung beantragen.

Im Falle einer außerordentlichen Kündigung muss die 2-wöchige Kündigungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB eingehalten werden, innerhalb derer gekündigt werden muss. Läuft diese Frist bereits vor einer Entscheidung des Integrationsamtes bzw. vor der Zustimmungsersetzung ab, so muss die Kündigung nach § 91 Abs. 5 SGB IX unverzüglich, also ohne schuldhaftes Verzögern, nach Erteilung der Zustimmung erklärt werden. Wird dies versäumt, so droht das Verstreichen der Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB und damit die Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung.

Geht der Arbeitnehmer in Anschluss an die Zustimmung des Integrationsamtes gegen diese Entscheidung vor, so haben dessen Widerspruch und die Klage gegen die Zustimmung keine aufschiebende Wirkung.

Das heißt, die Zustimmung des Integrationsamts beseitigt die zu Gunsten des schwerbehinderten Menschen bestehende Kündigungssperre für die Dauer eines Monats.

In diesem Zeitraum kann der Arbeitgeber also bei unverändertem Kündigungsgrund die Kündigung aussprechen und auch mehrfach kündigen, ohne eine erneute Zustimmung einholen zu müssen. Eine erneute Kündigung kann beispielsweise notwendig sein, wenn eine ausgesprochene Kündigung formunwirksam ist oder vom Arbeitnehmer wegen Nichtbeifügung einer notwendigen Vollmacht für den Kündigenden gemäß § 174 BGB zurückgewiesen wurde.

Die erteilte Zustimmung des Integrationsamts wird durch die erste ausgesprochene Kündigung nicht „verbraucht“.

Lehnt die oberste Landesbehörde die Zulassung der Kündigung ab, so kann auch der Arbeitgeber die Entscheidung im Wege des Widerspruchs und ggfs. im Verwaltungsverfahren angreifen. Die Arbeitsgerichte sind letztendlich an die Zulassungsentscheidung des Integrationsamts gebunden.

Anhörung des Betriebsrates:

Besteht in dem Unternehmen ein Betriebsrat, ist neben der Zustimmung des Integrationsamtes vor Ausspruch einer Kündigung zusätzlich der Betriebsrat anzuhören. (Siehe hierzu Teil 1 der Serie zur Mitbestimmung des Betriebsrats bei Kündigung.)

Im Falle einer außerordentlichen Kündigung muss der Arbeitgeber beachten, dass spätestens unverzüglich nach Bekanntgabe der Zustimmungsentscheidung des Integrationsamtes bzw. nach Ablauf der für die Zustimmungsfiktion maßgeblichen Zweiwochenfrist (§ 91 Abs. 3 Satz 1 SGB IX) der Betriebsrat anzuhören ist und unverzüglich nach Eingang der Stellungnahme des Betriebsrats bzw. nach fruchtlosem Ablauf der für die Anhörung geltenden Frist von drei Tagen, die Kündigung zu erklären ist.

Zusammenfassung:

  • Vor Ausspruch der Kündigung eines Schwerbehinderten oder eines diesem gleichgestellten Arbeitnehmers ist nach den §§ 85 ff. SGB IX ein Zustimmungsverfahren bei dem Integrationsamt durchzuführen.
  • Der ordnungsgemäße Antrag umfasst inhaltlich die Mitteilung über die Person und die persönlichen und sozialen Verhältnisse des schwerbehinderten Arbeitnehmers, die Kündigungsart, den Kündigungsgrund (nicht zwingend aber empfehlenswert) sowie über das Bestehen einer Schwerbehindertenvertretung, eines Betriebsrats oder eines Personalrats im Unternehmen.
  • Eine ohne Zustimmung des Integrationsamtes ausgesprochene Kündigung ist gemäß 134 BGB unwirksam.
  • Wenn ein Betriebsrat im Unternehmen vorhanden ist, muss auch dieser zwingend vor Ausspruch der Kündigung angehört werden.

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