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BFH IX R 46/14 - Abfindung in Teilbeträgen und Fünftelregelung

Eine Abfindung ist grundsätzlich zu versteuern. Allerdings kann die Steuerlast unter bestimmten Umständen gemindert werden, wenn die sogenannte Fünftelregelung nach § 34 Einkommenssteuergesetz (EStG) ausgenutzt wird. Wird die Abfindung aber in zwei oder mehreren Teilbeträgen ausgezahlt, kann dies der Steuerermäßigung durch die Fünftelregelung entgegenstehen.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat jedoch Ende 2015 in seinem Urteil IX R 46/14 aufgezeigt, unter welchen Umständen auch eine Abfindung in mehreren Teilbeträgen einer Anwendung der Fünftelregelung nicht entgegensteht und der Abfindungsempfänger von einer verminderten Steuerlast profitiert.

Wir erläutern Ihnen, wie mit der Fünftelregelung die Steuerlast bei einer Abfindungszahlung gemindert wird und in welchen Fällen nach BFH IX R 46/14 dabei die Zahlung von Teilbeträgen nicht schädlich ist.

Die Fünftelregelung bei einer Abfindung:

(Ausführliche Informationen zur Fünftelregelung und der Berechnung finden Sie in der Verlinkung.)

Eine Abfindung wird grundsätzlich ganz normal als Einkommen versteuert. Deshalb steigt die Steuerlast stark, wenn das normale Einkommen einfach mit der Abfindung zusammengerechnet und als Gesamtsumme versteuert wird.

Hier eröffnet die sogenannte Fünftelregelung im Einkommenssteuerrecht einen Spielraum, um die Steuerlast zu mindern. Abfindungszahlungen werden nämlich als außerordentliche Einkünfte im Sinne des § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG behandelt, da sie in der Regel als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes gezahlt wird.

Nach § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG wird die Steuerlast, die für das Einkommen ohne Abfindung anfallen würde, von der Steuerlast abgezogen, die für das Einkommen zuzüglich 1/5 der Abfindung anfallen würde. Das Ergebnis dieser Subtraktion wird dann mal fünf genommen und auf die Steuerlast aufgeschlagen, die ohne Abfindungszahlung anfallen würde. Die Steuerlast ist dann in vielen Fällen geringer, als wenn das normale Einkommen einfach mit der gesamten Abfindung addiert wird und dann als Gesamtsumme versteuert wird. Denn dies führt in der Regel zu einer hohen Steuerprogressionsstufe, also einem hohen Steuersatz.

Fiktives Berechnungsbeispiel zur Fünftelregelung:

Arbeitnehmer A hat 2016 40.000,- € verdient und eine Abfindung von 30.000,- € erhalten. Grundsätzlich hätte A bei einem Einkommen von 40.000,- € eine Steuerlast von ca. 8.800,- € (-grob geschätzt und abhängig von vielen Faktoren, wie insbesondere Steuerklasse, Anzahl der Kinder, Werbungskosten etc.-).

Wenn A aber wegen der Abfindung 40.000,- € Einkommen plus 30.000,- € Abfindung als Gesamteinkommen versteuern müsste, läge seine Steuerlast mit 70.000,- € Gesamteinkommen bei ca. 21.000,- €, da nun auch ein wesentlich höherer Steuersatz anfällt.

Durch Anwendung der Fünftelregelung wird nun aber die normale Steuerlast ohne Abfindung (siehe oben: ca. 8.800,- € Steuerlast bei 40.000,- € Einkommen) von der Steuer abgezogen, die anfallen würde, wenn das normale Einkommen mit nur einem Fünftel der Abfindung addiert wird; im Beispiel also die Steuer von 40.000,- € Einkommen plus einem Fünftel von 30.000,- € Abfindung (= 6.000,- €), also insgesamt 46.000,- €.

Bei 46.000,- € Einkommen läge die Steuerlast in diesem fiktiven Beispiel bei ca. 11.000,- €.

Der Differenzbetrag von 11.000,- € Steuerlast minus 8.800,- € Steuerlast liegt bei 2.200,- €.

Dieses Ergebnis von 2.200,- € wird nun mal 5 genommen (=11.000,- €) und dann mit der normalen Steuerlast bei einem Einkommen ohne Abfindung addiert.

Die Steuerlast ohne Abfindung lag bei einem Einkommen in Höhe von 40.000,- € bei ca. 8.800,- €, so dass bei Anwendung der Fünftelregelung die Steuerlast bei 8.800,- € + 11.000,- € = 19.900,- € liegt.

Somit spart A hier ca. 1.100,- € an Steuern, da die Steuerlast ohne Fünftelregelung bei 21.000,- € lag (s.o.).

Abfindung in Teilbeträgen und Fünftelregelung:

Die Anwendung der Fünftelregelung setzt grundsätzlich voraus, dass es sich nur um ein einmaliges außergewöhnliches Einkommen handelt, welches auch nur einmalig zu einem unverhältnismäßig hohem Steuerprogressionssatz führt.

Im obigen Beispiel liegt das zu versteuernde Einkommen und der entsprechende Steuersatz ja regelmäßig nur bei 40.000,- Euro.

Nur aufgrund der einmaligen Abfindung ergäbe sich dann ausnahmsweise in diesem Steuerjahr ein sehr hohes Einkommen mit einem höheren Steuersatz. Um diesen Sonderfall beim Abfindungsempfänger zu berücksichtigen, gewährt der Gesetzgeber die Möglichkeit der Steuerminderung durch die Fünftelregelung.

Wird die Abfindung aber nun in mehreren Teilbeträgen und unter Umständen sogar auf zwei oder mehr Steuerjahre verteilt, dann wird die Abfindung steuerrechtlich in der Regel nicht mehr als einmaliges außergewöhnliches Einkommen gewertet. In diesem Fall scheidet die Anwendung von § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG und die Fünftelregelung grundsätzlich aus.

Der Bundesfinanzhof hat aber in BFH IX R 46/14 klargestellt, dass eine Abfindung in Teilbeträgen nicht zwingend gegen eine Anwendung der Fünftelregelung spricht. Das soll ausnahmsweise der Fall sein, wenn dies dem Sinn und Zweck der Fünftelregelung widerspricht und im Einzelfall zu einer unbilligen Härte für den Abfindungsempfänger führt.

Urteil des BFH IX R 46/14:

Der Bundesfinanzhof hat am 13.10.2015 in seinem Urteil BFH IX R 46/14 entschieden, dass die Auszahlung einer einheitlichen Abfindung in zwei Teilbeträgen der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes ausnahmsweise nicht entgegensteht, wenn sich die Teilzahlung im Verhältnis zueinander eindeutig als Haupt- und Nebenleistung darstellt und wenn die Nebenleistung im Vergleich zur Hauptleistung geringfügig ist.

Die Nebenleistung ist unter Berücksichtigung der konkreten individuellen Steuerbelastung als geringfügig anzusehen, wenn sie niedriger ist, als die Steuerbegünstigung der Hauptleistung.

Im behandelten Fall hat ein Arbeitnehmer eine betriebliche Abfindung in Höhe von 104.800,- € sowie zusätzlich eine tarifliche Abfindung in Höhe von 10.200,- € erhalten. Die Tarifabfindung in Höhe von 10.200,- € hat der Arbeitnehmer im Jahre 2010 erhalten und die betriebliche Abfindung in Höhe von 104.800,- € im Jahre 2011.

Das Finanzamt argumentierte nun, dass die betriebliche Abfindung im Jahre 2011 nicht mehr durch die Fünftelregelung begünstigt werden kann, weil es sich aufgrund der schon im Jahre 2010 erhaltenen tariflichen Abfindung nicht mehr um ein einmaliges außergewöhnliches Einkommen handelt und bereits dort die Fünftelregelung angewandt wurde.

Der Bundesfinanzhof bestätigte jedoch die Rechtsauffassung der Vorinstanz. Die Vorinstanz bewertete die zwei Teilbeträge als eine einheitliche Abfindung, obwohl sie in zwei verschiedenen Steuerjahren (Veranlagungszeiträumen) ausgezahlt wurde.

Beide Gerichte begründeten ihre Rechtsauffassung damit, dass die beiden Teilbeträge eindeutig als Haupt- und Nebenleistung zu qualifizieren sind. Die Nebenleistung aus dem Jahr 2010 sei im Vergleich zur Hauptleistung als geringfügig anzusehen. Ihr Anteil an der Gesamtabfindung betrug nur 8,87 Prozent.

Außerdem lag eine Ausnahmesituation vor, denn der Abfindungsempfänger hatte keinen wesentlichen Einfluss auf die Höhe und Auszahlung der Abfindung. Beide Teilbeträge seien aber für den Verlust des Arbeitsplatzes gezahlt worden und damit als einheitliche Abfindung eine Entschädigung im Sinne des § 24 Nr. 1a EStG.

Darüber hinaus waren zusätzlich die wirtschaftlichen Konsequenzen der steuerlichen Behandlung mit entscheidend.

Würde die Fünftelregelung im obigen Streitfall nicht auch bei der Hauptleistung im Jahre 2011 angewandt, stünde der Abfindungsempfänger wirtschaftlich besser, wenn er die Nebenleistung im Jahr 2010 gar nicht erhalten hätte; dann wäre im Jahre 2011 nämlich problemlos die Fünftelregelung für die Hauptleistung zum Tragen gekommen.

Die erste Teilabfindung im Jahr 2010 lag bei 10.200,- €; die Steuerersparnis durch Anwendung der Fünftelregelung im Jahr 2011 für die Hauptleistung betrug aber 10.806,- € und somit mehr, als die eigentliche Nebenleistung im Jahr 2010.

Dieses unbillige Ergebnis widerspricht aber dem Sinne des Gesetzes, welches einen Abfindungsempfänger entlasten soll, wenn er wegen des einmaligen Ereignis einer Abfindungszahlung ausnahmsweise in eine sehr hohe Steuerprogressionsstufe rutscht.

Auswirkung bei Abfindung in Teilbeträgen:

Das Urteil BFH IX R 46/14 bedeutet nicht, dass eine einheitliche Abfindung, die in zwei oder mehreren Teilbeträge ausgezahlt wird, nun immer steuerlich durch die Fünftelregelung begünstigt wird.

Es kommt auf den jeweiligen Einzelfall an.

Entscheidend ist, dass die Teilbeträge als einheitliche Abfindung anzusehen sind, die eindeutig als Haupt- und Nebenleistung unterschieden werden können.

Dabei muss die Nebenleistung im Vergleich zur Hauptleistung geringfügig sein.

Es gibt keinen starren Maßstab für das Merkmal der Geringfügigkeit. Als Orientierung kann aber grob ein Prozentsatz von ca. zehn Prozent der Nebenleistung an der Gesamtabfindung dienen.

Wenn dann noch weitere Merkmale, wie die wirtschaftlichen Auswirkungen (s.o.) hinzukommen, spricht das für eine Anwendung der Fünftelregelung auch bei einer Abfindung in Teilbeträgen und über mehrere Veranlagerungszeiträume.

Zusammenfassung:

  • Eine Abfindung ist grundsätzlich als Einkommen zu versteuern.
  • Durch die Fünftelregelung kann die Steuerlast jedoch gesenkt werden, wenn es sich um einmalige außergewöhnliche Einkünfte einer einheitlichen Abfindung handelt.
  • Eine Anwendung der Fünftelregelung scheidet normalerweise aus, wenn die Abfindung in mehreren Teilbeträgen bzw. auf mehrere Steuerjahre verteilt gezahlt wird.
  • Im Einzelfall kann jedoch ausnahmsweise die Fünftelregelung auch bei einer Abfindung in Teilbeträgen angewandt und eine Steuerermäßigung erreicht werden. Dies hat der Bundesfinanzhof in seinem Urteil BFH IX R 46/14 entschieden.
  • Entscheidend ist, dass die beiden Teilbeträge als Haupt- und Nebenleistung einer einheitlichen Abfindung qualifiziert werden und die Nebenleistung im Vergleich zur Hauptleistung geringfügig ist.
  • Geringfügig ist die Nebenleistung in der Regel, wenn sie nicht mehr als 10 Prozent der Gesamtabfindung beträgt.
  • Weiterhin müssen im Einzelfall auch andere Indizien, wie beispielsweise die wirtschaftlichen Auswirkungen der steuerrechtlichen Behandlung berücksichtigt werden.

Hilfe bei steuerrechtlichen Fragen:

Die tatsächlichen steuerrechtlichen Vorteile bei einer Abfindung sind aufgrund der Komplexität des Steuerrechts nur sehr schwer zu ermitteln. Wir unterstützen Sie gerne und kompetent bei der Optimierung Ihrer Einkommenssteuer und vertreten Sie auch gegenüber dem Finanzamt und dem Finanzgericht.

Dr. Patrizia Antoni hat den Fachanwalt für Steuerrecht und den Fachanwalt für Arbeitsrecht. Sie berät Sie in allen steuerrechtlichen und arbeitsrechtlichen Fragestellungen gerne. Vereinbaren Sie einen Termin in den Büros der Kanzlei AHS Rechtsanwälte in Köln oder Bonn.

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