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Die Sperrzeit beim Arbeitslosengeld

Die Sperrzeit im Sozialrecht bedeutet für den arbeitslosen Arbeitnehmer, dass sein Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht. Darüber hinaus verliert der Arbeitslose aber auch bares Geld, denn das Arbeitslosengeld wird nach der Ruhezeit nicht nachträglich ausgezahlt.

Allerdings machen auch die Arbeitsagenturen Fehler bei der Bearbeitung von Anträgen auf Arbeitslosengeld. Nicht selten wird dabei eine Sperrzeit verhängt, die rechtlich nicht tragbar ist. Dies sollten arbeitslose Arbeitnehmer nicht einfach hinnehmen, sondern sich rechtlich dagegen wehren.

Wir erklären Ihnen die Voraussetzungen einer Sperrzeit und wie Sie sich gegen eine unberechtigte Sperrzeit wehren können.

Grundsätzliches zum Arbeitslosengeld

Arbeitslosengeld 1 ist zunächst von Arbeitslosengeld 2, auch "Hartz 4" genannt, zu unterscheiden und wird zwischen drei Monaten und - abhängig vom Alter - sogar bis zu zwei Jahren gezahlt. Die Regel bei Arbeitnehmern unter 50 Jahren, die lange in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben, liegt bei zwölf Monaten Arbeitslosengeld.

Die Höhe des Arbeitslosengeldes orientiert sich am Lohn oder Gehalt, das der Arbeitnehmer vor der Arbeitslosigkeit im Durchschnitt erhalten hat.

Arbeitnehmer haben unter drei wesentlichen Voraussetzungen einen Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg 1):

  • sie müssen arbeitslos sein und
  • sich rechtzeitig bei der Bundesagentur für Arbeit arbeitssuchend gemeldet haben und
  • die entsprechende Anwartschaftszeit zum Anspruch auf Arbeitslosengeld erfüllt haben.

Die Anwartschaftszeit ist in der Regel erfüllt, wenn der Arbeitslose in den letzten zwei Jahren seit Beginn der Arbeitslosigkeit mindestens zwölf Monate (- in bestimmten Ausnahmefällen reichen auch sechs Monate - ) in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. In der Regel wird dies ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis sein. Aber auch Zeiten im Bezug von Mutterschaftsgeld, Krankengeld oder Erziehungszeiten können angerechnet werden.

Die Höhe des Arbeitslosengelds beträgt dann in der Regel 60 Prozent des vorherigen Nettoentgeltes (bzw. 67 Prozent, bei Arbeitslosen mit Kindern). Dabei orientiert sich die maximale Höhe des möglichen Arbeitslosengeldes an der Beitragsbemessungsgrenze und liegt in der Regel nicht über 2.000,- €; unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer vorher ein sehr hohes Einkommen gehabt hat.

Die Sperrzeit

Die Dauer für den Bezug von Arbeitslosengeld kann ruhen, wenn der Arbeitslose sich versicherungswidrig im Sinne des dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB 3) verhält. Dies bedeutet, dass der arbeitslose Arbeitnehmer für die Dauer der Sperrzeit kein Arbeitslosengeld erhält. Erschwerend kommt bei einer Sperrzeit aber hinzu, dass das Arbeitslosengeld auch nicht nachträglich ausgezahlt wird – der Bezug verschiebt sich also nicht bloß nach hinten, sondern erlischt. Faktisch verliert der Arbeitslose seinen Anspruch auf Auszahlung des Arbeitslosengeldes somit vollständig. Trotzdem bleibt der Arbeitslose allerdings auch während einer Sperrzeit grundsätzlich in der gesetzlichen Krankenversicherung und hat, mit Ausnahme des Krankengelds, Anspruch auf deren Leistungen.

Die Dauer einer Sperrzeit ist abhängig vom jeweiligen Grund (s.u.) und beträgt zwischen einer Woche und bis zu zwölf Woche (also drei Monate). Beträgt eine Sperrzeit zwölf Wochen, dann mindert sich der Anspruch aber mindestens um ein Viertel. Insbesondere ältere Arbeitnehmer, die teilweise eine zweijährige Anspruchsdauer genießen, verlieren somit ein Viertel von zwei Jahren; also sechs Monate! Dadurch kann ein Arbeitsloser, dem grundsätzlich der Höchstsatz an Arbeitslosengeld zustünde, mehr als 10.000,- € verlieren.

Da es verschiedene Gründe für eine Sperrzeit gibt, können sogar mehrere Sperrzeiten addiert werden, so dass der Anspruch auf die Auszahlung des Arbeitslosengeldes sogar für mehr als zwölf Wochen verloren geht. Addieren sich mehrere Sperrzeiten auf insgesamt 21 Wochen, dann verliert der Arbeitslose gemäß § 161 I Nr. 2 SGB 3sogar seinen gesamten Anspruch auf Arbeitslosengeld!

Gründe für eine Sperrzeit

Die versicherungswidrigen Gründe, die eine Sperrzeit begründen können, sind in § 159 I SGB 3 aufgeführt. Die wesentlichen Gründe sind demnach:

  • Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe (vorsätzlich oder grob fahrlässig)
  • Sperrzeit bei verspäteter Arbeitssuchendmeldung
  • Sperrzeit bei Meldeversäumnissen
  • Sperrzeit bei Arbeitsablehnung
  • Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen
  • Sperrzeit bei Ablehnung oder Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme

Die Dauer der Sperrzeit richtet sich nach der Schwere des versicherungswidrigen Verhaltens und ist den Absätzen 3 und 4 aus § 159 SGB 3 zu entnehmen.

Bei einer Arbeitsaufgabe beträgt sie in der Regel grundsätzlich 12 Wochen.

Die genauen Einzelheiten und Konkretisierungen zur Sperrzeit sind in den Geschäftsanweisungen der Bundesagentur für Arbeit definiert. Diese finden Sie hier (Stand 02/2019).

Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe oder Arbeitsverlust

Die zwölfwöchige Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe nach § 159 I Nr. 1 SGB 3 kann sowohl eintreten, wenn der Arbeitnehmer verhaltensbedingt gekündigt wird als auch, wenn er selbst kündigt bzw. einen einvernehmlichen Aufhebungsvertrag unterschreibt.

Die verhaltensbedingte Kündigung seitens des Arbeitgebers lässt nämlich auf ein vorwerfbares Fehlverhalten des Arbeitnehmers schließen. Dem Arbeitnehmer wird dann von der Agentur für Arbeit vorgeworfen, dass er seine Arbeitslosigkeit selbst verschuldet hat und somit versicherungswidrig die Sozialgemeinschaft belastet. Auf der anderen Seite begründet deshalb eine personenbedinge Kündigung keine vorwerfbares Fehlverhalten und führt regelmäßig nicht zu einer Sperrzeit. Gleiches gilt für eine betriebsbedingte Kündigung. In den letztgenannten Fällen hat der Arbeitnehmer nämlich nicht vorwerfbar gehandelt und seine Arbeitslosigkeit nicht selbst verschuldet.

Kündigt der Arbeitnehmer selbst, obwohl er noch keine neue Arbeitsstelle gefunden hat, tritt ebenfalls eine Sperrzeit ein. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn der Arbeitnehmer einen wichtigen Grund für die Kündigung angeben kann. Dieser wichtige Grund kann darin liegen, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsstelle freiwillig aufgegeben hat, um mit dem Ehe- bzw. Lebenspartner zusammenzuziehen. In Einzelfällen kann die Agentur für Arbeit aber auch andere wichtige Gründe akzeptieren. Diese Gründe sind einzelfallabhängig und können zum Beispiel darin liegen, dass der Arbeitslose einen nahen Verwandten pflegen muss oder sogar selbst zur fristlosen Kündigung berechtigt ist, beispielsweise weil der Arbeitgeber den Lohn nicht zahlt.

Eine Sperrzeit kann auch eintreten, wenn der Arbeitnehmer offensichtlich unwirksam gekündigt wurde und hiergegen keine Kündigungsschutzklage erhebt. Dieser Fall steht häufig auch in Verbindung mit einer Abfindung.

Sperrzeit bei Aufhebungsvertrag, Abwicklungsvertrag und Abfindung

Bei einem einvernehmlichen Aufhebungsvertrag, der die Beendigung des Arbeitsverhältnisses begründet, wirkt der Arbeitnehmer aktiv an seiner Arbeitslosigkeit mit. Deshalb tritt in der Regel auch eine Sperrzeit ein.

Bei einer offensichtlich unwirksamen Kündigung, beispielsweise ohne Einhaltung einer vorgeschriebenen gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfrist sowie einer offensichtlich sozial ungerechtfertigten Kündigung, prüft die Agentur für Arbeit, warum der Arbeitnehmer hiergegen nicht arbeitsrechtlich vorgegangen ist. Hat der Arbeitnehmer einen finanziellen Ausgleich in Form einer Abfindung erhalten, spricht viel dafür, dass die Kündigung des Arbeitgebers nur vorgeschoben ist und die Kündigung einvernehmlich erfolgte. Hier kommt dann regelmäßig ebenfalls eine Sperrzeit in Betracht. Allerdings berechtigt nicht jede bloße Hinnahme einer unwirksamen Kündigung zu einer Sperrzeit. Das Bundessozialgericht sieht in der bloßen Hinnahme nämlich häufig kein aktives Mitwirken an der Arbeitslosigkeit.

Bei einem Abwicklungsvertrag, der eine vorausgegangene Kündigung im Einzelnen regelt, tritt regelmäßig eine Sperrzeit ein. Denn im Abwicklungsvertrag werden die rechtlichen Voraussetzungen festgelegt, mit denen das Arbeitsverhältnis beendet wird. Auf einen Abwicklungsvertrag würde sich der Arbeitgeber aber nicht einlassen, wenn er den Arbeitnehmer auch so wirksam kündigen könnte. Deshalb geht das Bundessozialgericht auch in diesen Fällen davon aus, dass der Arbeitnehmer an der Arbeitslosigkeit aktiv mitgewirkt hat. Denn sonst hätte er dem Abwicklungsvertrag nicht zugestimmt. In der Regel erhält der Arbeitnehmer nämlich auch in diesem Fall einen (meist finanziellen) Anreiz, damit der Arbeitgeber eine, ansonsten unwirksame Kündigung durchsetzen kann.

Allerdings machen die Sozialgerichte auch bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Zahlung einer Abfindung teilweise eine Ausnahme von der Möglichkeit der Sperrzeit. Das sind Fälle, in denen der Arbeitnehmer mit dem Ziel einer Abfindung eine Kündigungsschutzklage erhoben hat, bei der die Rechtmäßigkeit der Kündigung jedoch nahe liegt. Hierbei kann dann auch ein einvernehmlicher Aufhebungsvertrag mit Abfindung einen wichtigen Grund darstellen, der die Arbeitslosigkeit rechtfertigt, dem die Wiederaufnahme der alten Arbeitsstelle ist regelmäßig unzumutbar.

Rechtsmittel gegen eine Sperrzeit

Wenn die Agentur für Arbeit eine Sperrzeit verhängt, kann diese zunächst im Widerspruchsverfahren angegriffen werden. Die Behörde muss dann ihre Entscheidung erneut überprüfen. Das kann bereits Erfolg haben, zum Beispiel, wenn der Leistungssachbearbeiter den Grund nicht ausreichend geprüft hat. Regelmäßig verhängen die Mitarbeiter der Agentur für Arbeit nämlich sofort eine Sperrzeit, wenn das Arbeitsverhältnis durch einen Aufhebungsvertrag beendet wurde. Allerdings stellt ein Aufhebungsvertrag nicht zwangsläufig ein versicherungswidriges Verhalten dar, das zur Sperrzeit berechtigt. Wenn der Arbeitgeber nämlich schriftlich versichert, dass er das Arbeitsverhältnis zum gleichen Kündigungstermin betriebsbedingt aufgelöst hätte, dann war der Aufhebungsvertrag nicht unbedingt kausal für die Arbeitslosigkeit. Deshalb sollten Arbeitnehmer eine Sperrzeit nicht ungeprüft hinnehmen.

Wird dem Widerspruch nicht abgeholfen, kann sich eine Klage vor dem Sozialgericht lohnen. Sind die Voraussetzungen der Sperrzeit nicht vollständig gegeben oder lag ein wichtiger Grund für das versicherungswidrige Verhalten des Arbeitnehmers vor, können hierbei schnell mehrere tausend Euro erstritten werden. Häufig reicht es aber bereits aus, wenn die Mitarbeiter der Agentur für Arbeit von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht auf die aktuelle Rechtslage hingewiesen und Fehler in der Sachbearbeitung aufgezeigt werden.

Zusammenfassung

  • Bei einer Sperrzeit verliert der Arbeitslose seinen Anspruch auf Auszahlung des Arbeitslosengeldes für die Dauer der Sperrzeit.
  • Das Arbeitslosengeld wird dann auch nicht nachträglich nachgezahlt.
  • Die Sperrzeit dauert in der Regel zwischen einer Woche und bis zu zwölf Wochen.
  • Bei einer Sperrzeit von zwölf Wochen mindert sich der Anspruch in jedem Fall um ein Viertel des Gesamtanspruchs. Das sind bei einer zweijährigen Anspruchsdauer auf Arbeitslosengeld dann sogar insgesamt sechs Monate.
  • Die Dauer der Sperrzeit ist abhängig vom jeweiligen Grund, der Häufigkeit und der Schwere des versicherungswidrigen Verhaltens.
  • Addieren sich die Sperrzeiten auf insgesamt 21 Wochen, dann verliert der Arbeitslose seinen gesamten Anspruch auf Arbeitslosengeld für diese Arbeitslosigkeit dauerhaft und vollständig.
  • Verschuldet der Arbeitnehmer die Arbeitslosigkeit durch ein eigenes Fehlverhalten, dann begründet dies in der Regel eine zwölfwöchige Sperrzeit.
  • Auch bei einem einvernehmlichen Aufhebungsvertrag oder Abwicklungsvertrag wird von den Sozialgerichten regelmäßig ein aktives und somit vorwerfbares Mitwirken an der Arbeitslosigkeit bejaht.
  • Eine Ausnahme gilt jedoch, wenn der Arbeitslose einen wichtigen Grund für das versicherungswidrige Verhalten vorweisen kann.
  • Als Rechtsmittel gegen eine Sperrzeit kann der Widerspruch und anschließend eine Klage eingelegt werden.

Hilfe bei arbeitsrechtlichen Fragen

Nicht immer arbeitet die Arbeitsagentur rechtlich einwandfrei. Dann geht es schnell um mehrere tausend Euro. Wenn Sie Anspruch auf Arbeitslosengeld haben und Probleme mit der Arbeitsagentur auftreten, helfen wir Ihnen dabei, dass Sie zu Ihrem Recht kommen. Wir können Widerspruch gegen eine Sperrzeit einlegen und vertreten Sie gegenüber der Arbeitsagentur und vor dem Sozial- oder Arbeitsgericht. Sprechen Sie uns an!

Dr. Patrizia Antoni hat den Fachanwalt für Arbeitsrecht und den Fachanwalt für Steuerrecht. Sie berät Sie in allen arbeitsrechtlichen und steuerrechtlichen Fragen gerne. Vereinbaren Sie einen Termin in den Büros der Kanzlei AHS Rechtsanwälte in Köln oder Bonn.

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