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Arbeitnehmereigenschaft – wer ist Arbeitnehmer im Arbeitsrecht ?

Die Arbeitnehmereigenschaft sagt aus, wer rechtlich als Arbeitnehmer anzusehen ist. Mag sich dies auch kleinlich anhören, so ist die Arbeitnehmereigenschaft Voraussetzung für die Anwendbarkeit einer Vielzahl von Vorschriften aus dem gesamten Arbeitsrecht. Wer rechtlich als Arbeitnehmer anzusehen ist, genießt wesentlich umfangreicheren sozialen Schutz, als beispielsweise freie Mitarbeiter oder Selbständige. Die beiden letztgenannten sind keine Arbeitnehmer im arbeitsrechtlichen Sinne. Nur Arbeitnehmer haben einen gesetzlich garantierten Anspruch auf Erholungsurlaub, Kündigungsschutz und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.

Außerdem gibt es noch arbeitnehmerähnliche Personen, die vergleichbar schutzbedürftig sind, wie Arbeitnehmer. Im folgenden Blog erfahren Sie, was die Arbeitnehmereigenschaft ist und ob man die Geltung des Arbeitsrecht vertraglich ausschließen kann.

Voraussetzung der Arbeitnehmereigenschaft:

Das Gesetz selbst definiert den Arbeitnehmer nicht wirklich. In § 5 Arbeitsgerichtsgesetz heißt es nur kurz: „Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzt sind alle Arbeiter und Angestellten sowie die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten.“ Aus diesem Grund haben die Arbeitsgerichte Kriterien aufgestellt, bei deren Vorliegen eine Person als Arbeitnehmer zu qualifizieren ist.

Wer als Arbeitnehmer im arbeitsrechtlichen Sinne anzusehen ist, richtet sich nicht vorrangig nach der vertraglichen Vereinbarung, sondern den tatsächlichen Umständen. Wer vertraglich als freier Mitarbeiter angestellt ist, hat die gleichen Arbeitnehmerrechte, wie die internen Festangestellten, wenn die Voraussetzungen der Arbeitnehmereigenschaft vorliegen. Eine andere Bezeichnung im Vertrag schadet also nicht.

Damit eine Person Arbeitnehmer sein kann, ist zunächst ein privatrechtlicher Vertrag Voraussetzung, der zur Leistung von Diensten verpflichtet. Wer sich beispielsweise nur im Rahmen eines Projekt oder Auftrags verpflichtet, einen bestimmten Erfolg zu leisten, ist nicht zu den dafür erforderlichen Diensten, sondern nur zum Erfolg verpflichtet (zum Beispiel ein Haus zu bauen, eine Hochzeitsgesellschaft zu bewirten oder eine Steuererklärung zu erstellen). Nicht privatrechtlich ist das Dienstverhältnis von Beamten oder Soldaten. Sie sind deshalb keine Arbeitnehmer. Außerdem muss die vereinbarte Tätigkeit entgeltlich erfolgen.

Der wesentliche Unterschied zwischen abhängig Beschäftigten und Selbständigen ist die Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation und die soziale Abhängigkeit. Arbeitnehmer nutzen die Betriebsmittel des Arbeitgebers und erbringen die Arbeitsleistung nicht zwingend, aber typischerweise in den Betriebsräumen (Büro, Fabrik, Geschäft) des Arbeitgebers. Dabei werden Sie im Dienstplan geführt, sprechen ihren Urlaub mit den Vorgesetzten ab und sind Bestandteil der betrieblichen Organisation.

Typisch für einen Arbeitnehmer ist die Tatsache, dass er den Weisungen seines Arbeitgebers unterliegt (sogenanntes Direktionsrecht des Arbeitgebers). Dieses Weisungsrecht erstreckt sich nicht nur auf die auszuführende Tätigkeit, sondern auch auf die Arbeitszeit, den Arbeitsort und Dinge wie Arbeitskleidung, Pausen oder die Versetzung an einen anderen Arbeitsort.

Ein weiteres Merkmal ist die Tatsache, dass der Arbeitnehmer kein unternehmerisches Risiko trägt. Seine Entscheidungen wirken sich also nur in der Bilanz des Arbeitgebers aus, der auch das finanzielle Risiko trägt.

Entscheidend ist immer eine Gesamtbetrachtung der jeweiligen Umstände. Wenn die oben genannten Voraussetzungen überwiegen, dann handelt es sich um einen Arbeitnehmer.

In einem Satz gesprochen ist Arbeitnehmer, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages (Arbeitsvertrag) sozial abhängig ist und unselbständige, fremdbestimmte Dienstleistungen gegen Entgelt zu erbringen hat.

Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer:

Wer Arbeitnehmer ist, hat eine Vielzahl von Rechten, auf die freie Mitarbeiter keinen Rechtsanspruch haben. Die wichtigsten Rechte von Arbeitnehmer sind:

Arbeitnehmer haben aber auch bestimmte Pflichten, wie beispielsweise die Verschwiegenheitspflicht und die Treuepflicht. Die Treuepflicht besagt, dass Arbeitnehmer auf die Rechte und Rechtsgüter des Arbeitgebers Rücksicht nehmen müssen und dem Arbeitgeber zur Loyalität verpflichtet sind. Hierzu zählt auch ein Wettbewerbsverbot in der Form, dass der Arbeitnehmer nicht als direkter Konkurrent zu seinem Arbeitgeber im wirtschaftlichen Verkehr auftritt.

Arbeitnehmerähnliche Personen:

Auch Personen, die nicht persönlich abhängig von ihrem Arbeitgeber sind, können bestimmte arbeitsrechtliche Privilegien genießen. Hierzu zählen die arbeitnehmerähnlichen Personen. Diese sind nicht persönlich von ihrem Arbeitgeber abhängig, weil sie nicht in die betriebliche Arbeitsorganisation des Arbeitgebers eingegliedert sind, sondern sie sind wirtschaftlich von ihrem Auftraggeber abhängig. Eine wirtschaftliche Abhängigkeit wird bei einem Selbständigen angenommen, wenn er überwiegend für einen Auftraggeber tätig ist oder mehr als die Hälfte seines Einkommens von einem Auftraggeber erzielt. Eine weitere Voraussetzung ist, dass die arbeitnehmerähnliche Person vergleichbar einem Arbeitnehmer sozial schutzbedürftig ist, vgl. § 12a Tarifvertragsgesetz.

In der Regel handelt es sich hierbei um freie Handelsvertreter oder Heimarbeiter, die keine Arbeitnehmer sind, da sie nicht weisungsgebunden sind und ihre Arbeitsleistung frei disponieren.

Arbeitnehmerähnliche Personen haben ebenfalls Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub und können vor dem Arbeitsgericht klagen und verklagt werden. Auch Bildungsurlaub kann, je nach Bundesland, von arbeitnehmerähnlichen Personen beansprucht werden. Auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall haben arbeitnehmerähnliche Personen allerdings keinen Anspruch.

Vertragliche Umgehung der Arbeitnehmereigenschaft:

Die Geltung des Arbeitsrechts mit den zuvor genannten Rechte und Pflichten kann vertraglich nicht ausgeschlossen werden. Wie bereits erwähnt, ist eine Person auch dann Arbeitnehmer, wenn sie vertraglich als selbständiger bzw. freier Mitarbeiter angestellt ist und sogar der Vertrag so bezeichnet ist.

Will man die Geltung des Arbeitsrechts ausschließen, dann dürfen die oben genannten Voraussetzungen nicht erfüllt werden. Beispielsweise kann vereinbart werden, dass eine Person ein bestimmtes Projekt über einen vereinbarten Zeitraum betreut. Diese Person unterliegt nicht dem Weisungsrecht des Auftraggebers und bestimmt deshalb selbst, wann sie Pausen oder Feierabend macht. (Trotzdem können natürlich bestimmte Arbeitszeiten vereinbart werden, wenn dies erforderlich ist.)

Es ist auch möglich, mit Personen einen Werkvertrag zu schließen. Hierdurch verpflichtet sich der andere Teil einen Erfolg zu erbringen, zum Beispiel täglich sechs LKWs zu beladen, zwei Etagen Hotelzimmer zu putzen oder jede Woche die Fensterfront eines Hochhauses zu reinigen. Wenn die Tätigkeit im Betrieb des Vertragspartners erledigt wird, handelt es sich um einen Werkvertragsunternehmer. Aber Vorsicht: auch hierbei gilt, dass der andere Teil zum Arbeitnehmer wird, wenn die oben genannten Voraussetzungen in einer Gesamtbetrachtung überwiegen. (Zur Abgrenzung von Arbeitsvertrag und Werkvertrag im Rahmen einer Scheinselbständigkeit.)

Ein Scheinselbständiger ist übrigens auch Arbeitnehmer. In der Regel wird durch die Scheinselbständigkeit versucht, das Abführen von Sozialabgaben zu umgehen oder Bestimmungen zum Mindestlohn zu umgehen. Da aber auch ein Scheinselbständiger Arbeitnehmer ist, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen vorliegen (s.o.), sind auch diese Personen (und ihr Arbeitgeber) verpflichtet, Sozialabgaben abzuführen. Wenn eine Scheinselbständigkeit auffliegt, müssen deshalb die Sozialabgaben nachgezahlt werden. Weiterhin droht ein Strafverfahren.

Zusammenfassung:

  • Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages (Arbeitsvertrag) sozial abhängig und unselbständige, fremdbestimmte Dienstleistungen gegen Entgelt zu erbringen hat.
  • Soziale Abhängigkeit liegt vor, wenn der Arbeitnehmer in die betriebliche Organisation des Arbeitgebers eingegliedert ist und den Weisungen des Arbeitgebers unterliegt.
  • Entscheidend ist eine Gesamtbetrachtung. Überwiegen die oben genannten Voraussetzungen, dann handelt es sich arbeitsrechtlich um einen Arbeitnehmer
  • Arbeitnehmer haben eine Vielzahl von Rechte, die freie Mitarbeiter und Selbständige nicht haben.
  • Arbeitnehmerähnliche Personen zeichnen sich, im Gegensatz zur persönlichen (sozialen) Abhängigkeit dadurch aus, dass sie wirtschaftlich von ihrem Auftraggeber abhängig sind und gleich einem Arbeitnehmer sozial schutzbedürftig. Sie sind in der Regel nicht in die betriebliche Organisationsstruktur eingegliedert und/oder fremdbestimmt, beispielsweise Heimarbeiter oder Handelsvertreter.
  • Arbeitnehmerähnliche Personen haben Anspruch auf Erholungsurlaub.
  • Die Geltung des Arbeitsrechts kann vertraglich nicht ausgeschlossen werden.

Hilfe bei arbeitsrechtlichen Fragen:

Wenn Sie um Ihre Rechte und Ansprüche als Arbeitnehmer streiten, ist arbeitsrechtlich fundierter Rat unerläßlich. Falls Sie Selbständiger sind, können wir Ihnen auch in steuerrechtlichen Fragen behilflich sein, damit Sie ein, für Sie persönlich optimales Ergebnis erzielen. Aber auch bei der vertraglichen Gestaltung von Arbeitsverhältnissen beraten wir Sie gerne und kompetent an unseren Standorten in Köln oder Bonn.

Vereinbaren Sie einen Termin in den Büros der Kanzlei AHS Rechtsanwälte.Dr. Patrizia Antoni hat den Fachanwalt für Arbeitsrecht und den Fachanwalt für Steuerrecht. Sie berät Sie in allen arbeitsrechtlichen und steuerrechtlichen Fragen gerne.

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